Joe Biden in Berlin: Besuch vom letzten Transatlantiker

Als Joe Biden 1972 zum ersten Mal in den amerikanischen Senat gewählt wurde, war Willy Brandt Bundeskanzler der Bonner Republik und Leonid Breschnew Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Sowjetunion. Mao Zedong unterzog ein bitterarmes China der sogenannten Kulturrevolution, und was später einmal die Europäische Union werden würde, war noch ein Wirtschafts-Clübchen von sechs Staaten.

An diesem Donnerstagabend landet Joe Biden in Berlin und holt am Freitag den Besuch nach, den er kürzlich wegen Hurrikan Milton absagen musste. Es ist, wahrscheinlich, sein letzter Besuch als amerikanischer Präsident in Europa und wahrscheinlich auch eine der letzten Auslandsreisen seiner langen politischen Karriere. China ist auch 2024 noch eine Diktatur, aber eine digitale und wohlhabende, die Amerika Weltmachtkonkurrenz macht. Die Europäische Union hat jetzt 27 Mitglieder, darunter viele Länder, die einmal zur Sowjetunion gehörten. Von der Sowjetunion übrig geblieben ist Russland, ein kleptokratischer Verbrecherstaat im imperialen Wahn.

Man könnte sagen: Joe Biden kommt aus einer anderen Welt. Und so ist diese wahrscheinlich letzte Europareise umweht von Nostalgie. Der Besuch ist ein Abschiedsbesuch, und er ist eine Zäsur. Joe Biden ist der letzte Gefühlstransatlantiker an der Spitze der Vereinigten Staaten. Er ist der Alterspräsident des Westens, und es ist nicht klar, was aus dem Westen wird, wenn er abtritt, außer das: So wie mit ihm wird es danach nie wieder werden.

Eine Zusammenkunft des alten Europa

Als Joe Biden Anfang 2021 sein Amt antrat, steckte der Westen tief in der Midlife-Crisis. Die innere Fragilität westlicher Demokratien hatte in Donald Trump ihren vorläufigen Höhepunkt gefunden. In der transatlantischen Ehe hatte man sich auseinandergelebt. Schon Barack Obama hatte den „Pivot to Asia“ verkündet, die asiatische Wende der amerikanischen Außenpolitik. Nur unter dem Druck von Beratern, die ebenfalls aus der sogenannten Alten Welt stammten, war Trump in der Nato geblieben. In Bidens erstem Amtsjahr endete mit dem Abzug aus Afghanistan das letzte große, gemeinsame Demokratisierungsprojekt des Westens und der letzte große Auslandseinsatz internationaler Truppen im Chaos.

Doch im Schockmoment des russischen Einmarsches in die Ukraine hat Joe Biden es geschafft, die Selbstfindungskrise des Westens zu beenden. Er hat ihm einen „sense of purpose„, eine Bestimmung zurückgegeben. Er hat alte Werte, die nicht zuletzt seine Vorgänger Trump und Bush sinnentleert hatten, wiederbelebt: Im Aufbegehren gegen Putins Überfall auf die Ukraine schien das Völkerrecht – vor allem die Unverletzbarkeit von Grenzen – wieder einen realpolitischen Stellenwert zu bekommen. Über 50 Staaten fanden sich bereit, es mit militärischen Mitteln zu verteidigen.

Joe Biden kommt wohl auch deshalb noch einmal nach Europa, damit dieses Vermächtnis noch einmal in Bildern für die Geschichtsbücher festgehalten wird – und um es zu konsolidieren. Das ganz große Zusammensein der 50 Unterstützerstaaten der Ukraine, das für den abgesagten Besuch geplant war, konnte man nun so schnell offenbar nicht wieder organisieren. Aber Joe Biden wird sich am Freitagnachmittag mit Olaf Scholz, Emmanuel Macron und Keir Starmer treffen, den Regierungschefs jener drei Länder, mit denen man in der Ukraine-Unterstützung am engsten zusammenarbeitet. Es ist zugleich eine Zusammenkunft des alten Europa der Alten Welt – Polen ist nicht eingeladen.

Deutschland und Olaf Scholz lässt er die Ehre eines Staatsbesuchs zukommen, ein Land, das „den Moment angenommen hat“, sich gestellt hat, wie ein amerikanischer Regierungsvertreter vorab im Pressegespräch betont. Die Reise sei ein „Bekenntnis zu dieser Partnerschaft“.

Als Joe Biden 1972 zum ersten Mal in den amerikanischen Senat gewählt wurde, war Willy Brandt Bundeskanzler der Bonner Republik und Leonid Breschnew Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Sowjetunion. Mao Zedong unterzog ein bitterarmes China der sogenannten Kulturrevolution, und was später einmal die Europäische Union werden würde, war noch ein Wirtschafts-Clübchen von sechs Staaten.

An diesem Donnerstagabend landet Joe Biden in Berlin und holt am Freitag den Besuch nach, den er kürzlich wegen Hurrikan Milton absagen musste. Es ist, wahrscheinlich, sein letzter Besuch als amerikanischer Präsident in Europa und wahrscheinlich auch eine der letzten Auslandsreisen seiner langen politischen Karriere. China ist auch 2024 noch eine Diktatur, aber eine digitale und wohlhabende, die Amerika Weltmachtkonkurrenz macht. Die Europäische Union hat jetzt 27 Mitglieder, darunter viele Länder, die einmal zur Sowjetunion gehörten. Von der Sowjetunion übrig geblieben ist Russland, ein kleptokratischer Verbrecherstaat im imperialen Wahn.

AfghanistanAuslandBerlinBidenBrandtBundeskanzlerChinaDeutschlandDiktaturDonaldEmmanuelEuropaGrenzenJoeJoe BidenKarriereKeirKriegLeonidMacronMANNATONostalgieOlafOlaf ScholzPartnerschaftPolenReiseRusslandScholzSenatStarmerTrumpUkraineUnionWELT