Joe Biden gegen Donald Trump vor US-Wahl: Was im TV-Duell fehlte

Anlass hätte es gegeben: Der Internationale Währungsfonds (IWF) hatte sich wenige Stunden vor dem Kandidatenduell schwer besorgt über die Entwicklung der amerikanischen Staatsschulden gezeigt. Es sei dringend notwendig, den beständigen Anstieg der Schulden im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung (Bruttoinlandsprodukt) nicht nur zu stoppen, sondern umzukehren.

Wegen der hohen Schulden und chronischen Defizite riskierten die USA höhere Finanzierungskosten. Dass eine Umschuldung auslaufender Anleihen nicht reibungslos verlaufe, teilte der IWF mit. Die Entwicklung bedrohe die Vereinigten Staaten und den Rest der Welt. Beide Politiker hielten sich vor, das größte Haushaltsdefizit überhaupt produziert zu haben. Die Ehre gebührt aber Trump, der 2020 ein Haushaltdefizit in Höhe von knapp 15 Prozent des Bruttoinlandsproduktes hinterließ, das größte Haushaltsloch seit dem Zweiten Weltkrieg.

Kandidaten offenbaren in der Steuerdebatte Lücken

Trump verriet in der Debatte nicht, wie er die von ihm geplanten Steuersenkungen zu finanzieren gedenkt und schwieg komplett zur Frage, wie er die sozialen Sicherungssysteme absichern will. Hierzu sagte Biden, er wolle die Reichen mit einem Einkommen von über 400.000 Dollar besteuern. Milliardäre müssten endlich ihren fairen Beitrag liefern. Biden hantierte dabei mit der Behauptung, dass die reichsten Amerikaner nur acht Prozent Einkommensteuer bezahlen.

Diese Behauptung ist mehrfach widerlegt worden. Ihre Belastung liegt in der Regel über zwanzig Prozent, zeigen verschiedene Untersuchungen. Sie wären nach Schätzung eines Ökonomen des Weißen Hauses bei acht Prozent, würde man Kursgewinne und Wertzuwächse als realisierte Einkommen betrachten. Das tut das amerikanische Steuerrecht aber nicht.

Der Währungsfonds hat unterdessen recht fortgeschrittene Steuer- und Sparideen darüber, was zu tun ist, wenn man den Staatsschulden die nötige Ernsthaftigkeit widmet. Der Fonds hält es für zwingend, dass die USA einen Haushaltsüberschuss von ein Prozent im sogenannten Primärhaushalt erreichen, bei dem die Finanzierungskosten herausgerechnet sind. Um das zu erreichen, müssten die USA eine Summe einsparen, die vier Prozent des Bruttoinlandsproduktes entspricht.

Das entspricht grob Einsparungen im Umfang von einer Billion Dollar. „Wir reden nicht vom nächsten Jahr, sondern von einem Jahrzehnt“, beschwichtigte IWF-Chefin Kristalina Georgiewa, als sie die Analyse zur amerikanischen Volkswirtschaft vorstellte. Solche Untersuchungen stellt der IWF in der Regel jährlich in den Mitgliedländern an. Die Ökonomen des Fonds glauben nicht, dass Einsparungen in den ungebundenen Ausgaben des Haushalts ausreichen, um dieses Sparziel zu erreichen.

Die Politiker sollten erwägen, indirekte Steuern zu erhöhen, die Einkommensteuer zu erhöhen und progressiver zu machen auch für jene, die weniger als 400.000 Dollar im Jahr verdienen. Damit zielt der Fonds auf das Versprechen des amerikanischen Präsidenten, nur jene mit Steuerhöhungen zu belasten, die mehr als diese Summe verdienen. Für nötig halten es die IWF-Experten zudem, die Sozialversicherungen zu reformieren. Beide Spitzenkandidaten haben ihrem Wahlvolk versprochen, dass daran nicht gerührt wird.

Die Maßnahmen verlangten schwierige politische Entscheidungen über Jahre hinweg, räumen die IWF-Experten ein. Einige der Ersparnisse sollten deshalb in Programme gesteckt werden, die die immer noch hohe Armut in Amerika reduzierten. Der IWF plädiert im Einklang mit Biden dafür, das Kindergeldprogramm auszuweiten, was aktuell von den Republikanern im Senat blockiert wird.

Seit der Debatte ist klar, dass die Sparideen des Währungsfonds keine Chance auf politische Realisierung haben, weder unter Trump noch unter Biden. Sie haben bei aller persönlichen Abscheu füreinander, die im Duell zum Ausdruck kam, doch mindestens eines gemeinsam. Sie sind sehr alt. Das macht es ihnen leichter, potentielle Spätfolgen einer verfehlten Fiskalpolitik zu ignorieren.

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