Nach Ex-US-Präsident
Donald Trump gerät auch dessen Nachfolger Joe Biden wegen des
Funds vertraulicher Dokumente unter Druck. In beiden Fällen
wurden Sonderermittler eingesetzt. Die Fälle sind
ähnlich, aber es gibt auch einige Unterschiede. Die wichtigsten Fragen im Überblick.
Alle Fragen im Überblick:
Was wissen wir über den Fund bei Joe Biden?
Zuerst war es eine „kleine Anzahl“ an Geheimunterlagen in einem verschlossenen Schrank in Washington, D. C., dann kam noch ein Fund in der Garage von Biden in Delaware dazu – direkt neben dem Sportwagen des Präsidenten. Soweit bekannt, waren sie halbwegs weggeschlossen. Später kam heraus, dass in einem Raum neben der Garage fünf weitere Seiten vertraulicher Regierungsunterlagen gefunden wurden.
Was in den Verschlussakten steht, ist nicht bekannt. Berichten zufolge soll es sich um mindestens zehn geheime Dokumente handeln, einige mit höchster Geheimhaltungsstufe. Demnach geht es größtenteils in irgendeiner Form um andere Staaten – wie zum Beispiel die Ukraine. Die Dokumente sollen aus der Zeit stammen, in der Biden zwischen 2009 und 2017 Vize des damaligen Präsidenten Barack Obama war.
Regierungsdokumente müssen ordnungsgemäß gelagert werden. Das Nationalarchiv ist für die Aufbewahrung zuständig. Noch heikler ist es, wenn es sich um Geheimunterlagen handelt. In einer ersten Reaktion erklärte Biden, er sei überrascht gewesen, als er
erfahren habe, dass solch ein Material in seinem Besitz gewesen
sei. Sein Rechtsberater gab an, dass die Dokumente „unabsichtlich“ verlegt worden seien. All das soll nun ein Sonderermittler klären – der Jurist Robert Hur aus Maryland.
Warum ist der Fund so brisant?
Im vergangenen Jahr führte ein ähnlicher Fall zu Schlagzeilen: Das FBI durchsuchte das Anwesen von Donald Trump in Florida und beschlagnahmte dabei Tausende Dokumente, darunter rund 100 Verschlusssachen. Vorausgegangen war ein langes Hin und Her zwischen Trump und dem Nationalarchiv. Erst mit einer gerichtlichen Genehmigung konnten die Dokumente sichergestellt werden. Trumps Team soll rechtswidrig wichtige Unterlagen zurückgehalten haben.
Der Demokrat Biden warf dem republikanischen Ex-Präsidenten damals verantwortungsloses Handeln vor. Trump selbst tut das Vorgehen der Behörden als politisch motiviert ab. Sollte er angeklagt und verurteilt werden, droht ihm aber sogar eine Haftstrafe – und seine weiteren politischen Ambitionen wären dahin.
Nun gibt es einen ähnlichen Fall bei Biden – der bald verkünden will, ob er bei der Präsidentenwahl 2024 für eine zweite Amtszeit antreten wird. Mit ihrer neuen Mehrheit im Repräsentantenhaus können die Republikaner
parlamentarische Untersuchungen anstoßen und so Biden viel Arbeit machen.
So haben sie bereits Ermittlungen gegen den Sohn des Präsidenten, Hunter Biden, angestoßen. Dieser saß im Vorstand der ukrainischen Energiefirma Burisma, während sein Vater Vizepräsident unter Barack Obama war. Diese Geschäftsbeziehungen müssten untersucht werden, schrieb der neue Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums, um Joe Bidens Rolle darin zu klären und auch die Frage, ob er „die nationale Sicherheit auf Kosten der amerikanischen Bevölkerung gefährdet“ habe.
In welchen Punkten unterscheiden sich die Fälle von Trump und Biden?
In Bidens Fall wurde das Justizministerium nach eigenen
Angaben von den Anwälten des Präsidenten im November über den Fund
informiert. Bidens Anwälte kooperierten mit den Behörden ohne größeres Aufsehen, alle Dokumente wurden übergeben. Jedoch wussten Bidens Anwälte schon vor den Zwischenwahlen im November über den ersten Fund Bescheid. Die Öffentlichkeit erfuhr erst jetzt davon.
Eine Straftat liegt nur dann vor, wenn geheime Aufzeichnungen vorsätzlich entfernt und aufbewahrt wurden.
Staatsanwälte erheben in der Regel keine Anklage wegen
versehentlicher Aufbewahrung. Wenn es
aber Belege für eine mögliche Behinderung der Justiz gibt,
könnte das die Sachlage ändern. Aus diesem Grund drohen Trump nach
Auffassung von Rechtsexperten erheblich mehr juristische
Konsequenzen als Biden.
Wer ist dieser Sonderermittler?
Robert Hur, ein Harvard- und Stanford-Absolvent, ist ein erfahrener Jurist. Er arbeitete als Bundesstaatsanwalt in Maryland. In den Posten wurde
er von Trump berufen, unter Biden übte er dieses Amt jedoch nicht mehr aus. Hur war unter anderem
ein enger Vertrauter des ehemaligen stellvertretenden Justizministers
Rod Rosenstein, der als eine Schlüsselfigur bei der Untersuchung des
Ex-Sonderermittlers Robert Mueller zu möglichen Absprachen zwischen
Trumps Wahlkampfteam von 2016 und Russland galt.
Die Untersuchungen zu der Affäre befinden sich noch in einem frühen Stadium. Bislang hat die Justiz keine konkreten Straftatbestände genannt. Es ist also völlig offen, welche Vorwürfe Hur nun untersuchen wird – und ob es je zu einer Anklage kommt.
Mit Material von AP, Reuters und dpa