Jetzt soll Roland Koch den Tarifstreit lockern

Nach dem Scheitern der Tarifverhandlungen für 2,6 Millionen Angestellte im öffentlichen Dienst am Montagabend rückt Hessens früherer Ministerpräsident Roland Koch (CDU) in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Denn er ist nun der Schlichter, unter dessen Führung in den kommenden Wochen ein Kompromissweg gesucht werden soll, den Gewerkschaften und Ar­beit­geber in eigener Verantwortung nicht gefunden haben.

Während ihres viertägigen Ver­hand­lungs­marathons in Potsdam hatte es zeitweilig Signale einer Annäherung gegeben. Doch am Ende standen sich die Positionen wieder unversöhnlich gegenüber. „Die Arbeitgeber haben sich vielen für die Beschäftigten wichtigen Forderungen weit­ge­hend verweigert“, erklärte der Vorsitzende der Gewerkschaft Verdi, Frank Werneke, nach dem Abbruch. „Wir sind bis an die Grenze dessen gegangen, was wir für die öffentlichen Haushalte verantworten können“, erklärte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) für die Arbeitgeberseite: „Aber die Gewerkschaften waren nicht zu weiteren Kompromissen bereit.

Arbeitgeber waren bereit, Löhne um 5,5 Prozent zu erhöhen

Am Montag war aus Verhandlungskreisen zu hören gewesen, dass die Arbeitgeber eine 5,5 Prozent Tariferhöhung angeboten hätten; allerdings ohne genaue Angaben zu Nebenbedingungen. Die Gewerkschaften hatten acht Prozent mehr Geld für die Gehaltsklassen oberhalb von 4375 Euro im Monat gefordert; für alle anderen Gruppen verlangten sie 350 Euro mehr im Monat, was dort bis zu 15 Prozent entspräche.

Während Werneke erklärte, mit eigenen Kompromissvorschlägen „bis an die Schmerzgrenze“ gegangen zu sein, war es aus Sicht der kommunalen Arbeitgeber damit nicht weit her. Nach ihrer Darstellung hätte das angepasste Forderungspaket der Gewerkschaften „für die Kommunen unverändert Mehrkosten von rund 11 Prozent pro Jahr“ bedeutet: „Hier reden wir von Reallohnsteigerungen, die weder zur prekären finanziellen Haushaltslage der Kommunen noch zur gesamtwirtschaftlichen Situation in Deutschland passen“, sagte die Präsidentin der kommunalen Arbeitgeber, Karin Welge.

Da der Großteil der 2,6 Millionen Tarifbeschäftigten in Diensten der Kommunen steht, ob bei Bauhöfen, in Sozial- oder Katasterämtern, spielen diese eine Schlüsselrolle im Tarifstreit. Für den Bund fallen dessen 150.000 Angestellte weniger ins Gewicht. Für ihn geht es aber auch darum, wie stark er später die Besoldung seiner Beamten und Soldaten erhöhen muss.

Vorwurf: Schlichter Roland Koch sei kein „Gewerkschaftsfreund“

Verglichen mit der Tarifrunde 2023, in der es dem früheren Bremer Staatsrat Hans-Hennig Lühr (SPD) zufiel, den Konflikt zu schlichten, kommt auf Koch ein nochmals erhöhter Schwierigkeitsgrad zu. Führende Arbeitnehmervertreter haben in den vergangenen Tagen nicht nur die Ar­beitgeber beschimpft, sondern den Schlichter gleich mit. „Ein Gewerkschaftsfreund ist das nicht“, rief Verdi-Vize Christine Behle auf einer Streikdemo in Hannover. Es werfe „ein schlechtes Licht auf die Arbeitgeber“, dass sie es nötig hätten, mit Kochs Berufung „ein solches Zeichen zu setzen“.

Nach den Tarifregularien benennen Ge­werkschaften und Arbeitgeber stets je einen Schlichter, die Rolle des Vorsitzenden wechselt zwischen beiden von Tarifrunde zu Tarifrunde. Die Arbeitgeber haben nun Koch als Nachfolger des früheren sächsischen Ministerpräsidenten Georg Milbradt (CDU) nominiert, der 2023 Lührs Stellvertreter war. Die Gewerkschaften beriefen wieder Lühr. Die Kommunen haben den unterdessen Leitung erzielten Tarifabschluss 2023 mit Kosten von 17 Milliarden Euro als „teuersten aller Zeiten“ eingestuft.

Erstmal keine weiteren Streiks

Auf Koch, der heute unter anderem Vorsitzender der Ludwig-Erhard-Stiftung ist, lastet nun die Erwartung, den Konflikt auf weniger kostspielige Weise zu einem friedlichen Ende zu führen.

Für streikgeplagte Bürger hat die Schlichtung auf jeden Fall erstmal einen Vorteil: Bis zum Schlichterspruch, der für Anfang April zu erwarten ist, darf nicht gestreikt werden. Danach müssen die Gewerkschaften entscheiden, ob sie das Vermittlungsergebnis akzeptieren oder versuchen, mit einem unbefristeten Arbeitskampf mehr herauszuholen.

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