Italienische Literatur: Neues hinaus welcher Piazza

Afrika? Was hat die italienische Literatur ausgerechnet dort zu suchen? Vom erbarmungslosen Licht und der gleißenden Sonne ist die Rede, von endlosen Landschaften und dem heißen Windhauch, von Forschungsreisenden, brutalen Soldaten und Eroberungsfeldzügen. Postkolonialismus made in Italy, so wirkt es auf den ersten Blick. Die römische Autorin Igiaba Scego legt mit Kassandra in Mogadischu ein Memoir vor, in dem sie der Geschichte ihrer somalischen Familie zwischen der Kolonialzeit und den Kriegen der Gegenwart nachgeht. Die Tochter eines ehemaligen Ministers, der unter dem Diktator Siad Barre in Ungnade fiel, will dem „Jirro“ auf die Spur kommen, dem Schmerz, der in jedem ihrer Angehörigen wütet. Dafür wählt sie die Form des Zwiegesprächs. In einem langen Brief wendet sie sich an ihre längst in Kanada beheimatete Nichte Soraya. Ihr schildert sie die Geschicke der unzähligen Verwandten, die politischen Verwicklungen in Somalia, den Alltag in der Diaspora, die Anpassungsschwierigkeiten ihrer Eltern und das unbändige Heimweh. Ausgerechnet 1990 kehrte ihre „Hoyoo“, die Mutter, nach Mogadischu zurück, ließ ihre damals heranwachsende Tochter samt Mann allein in Rom zurück. Zwei Jahre lang wurde sie vom Krieg verschluckt.

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