Investor Lars Windhorst lädt trotz Haftbefehls zu seiner Werft FSG

Kommt er, oder kommt er nicht? Lars Windhorst hat für diesen Mittwochnachmittag eingeladen auf seine Werft nach Flensburg, und dort wartet man dringend auf ihn und auf Geld – denn es gilt, die mit Händen zu greifende Pleite der Werft zu verhindern. Aber jetzt gibt es einen Haftbefehl gegen Windhorst. Der 47 Jahre alte Unternehmer ist den einen noch als „Wunderkind“ mit Bundeskanzler Helmut Kohl als Mentor in Erinnerung, die anderen graust es mit dem Gedanken an Windhorsts Rolle bei Hertha BSC. Den Fußballverein wollte er zum Big City Club machen, aber geblieben ist von den großspurigen Versprechen des Investors ein Zweitligaklub mit einem Berg Schulden.

Jetzt soll es mal wieder um die Zukunft gehen, diesmal um die von Windhorsts Werften im hohen Norden – die auf den Bau von Superyachten spezialisierte Werft Nobiskrug sowie um die Flensburger Schiffbau-Gesellschaft, FSG genannt. Deren Geschäft mit Arbeitsschiffen wie Fähren oder auch Konverterplattformen ist nicht so schillernd. Aber gerade mit diesen Umspannwerken, die nötig sind, um den Strom aus Offshore-Windparks ins Kabel zu bringen, wären Windhorst und seine FSG Teil der Energiewende – und könnten entsprechend von der Politik hofiert und vielleicht sogar gefördert werden.

Der Vollzug des Haftbefehls sei gehemmt

So weit sei es aber noch nicht, räumt Windhorsts Sprecher ein. „Es geht um sein Konzept für die Werften. Lars Windhorst wird umfassende Maßnahmen verkünden“, bekräftigt der Sprecher, mehr will er nicht sagen, um die Spannung zu halten. Kommt Windhorst aber überhaupt, trotz Haftbefehls? Das sei „bisher so geplant“, bekräftigt der Sprecher. Windhorst habe Beschwerde gegen den Haftbefehl eingelegt, und damit sei laut höchstrichterlicher Rechtsprechung der Vollzug des Haftbefehls gehemmt.

Windhorst kennt sich aus mit solchen Dingen, Haftbefehle gab es mehrfach gegen ihn. Im aktuellen Fall geht es gar nicht um seine Werften, sondern um das Ihme-Zentrum in Hannover. Dort war er mit großen Versprechungen angetreten, das monströse, teilweise leer stehende Konglomerat aus Wohnungen, Geschäften und Büros wiederzubeleben. Fünf Jahre ist das her, und viel ist seither nicht passiert.

Jetzt versucht ein Insolvenzverwalter, das Beste aus der Situation zu machen, und dazu wäre Windhorsts Unterstützung nötig. Weil er bei einem Anhörungstermin des Insolvenzgerichts am 22. April unentschuldigt fehlte, veranlasste das Amtsgericht Hannover einen Haftbefehl nach Paragraph 98 der Insolvenzordnung, um Windhorsts Auskunfts- und Mitwirkungspflichten durchzusetzen.

Die Appelle an Windhorst werden dringlicher

Im Fall der Werften gibt es diese Art von Druck nicht. Aber die Appelle an Windhorst, seiner Funktion als Eigentümer gerecht zu werden, werden immer dringlicher. Die Zeit der Runden Tische ist vorbei – weil Windhorst sich auf nichts eingelassen hat, obwohl es sogar potentielle Investoren für die Werften gäbe. Nicht einmal telefoniert habe er mit den möglichen Geldgebern oder Geschäftspartnern, ist zu hören, geschweige denn, dass er die Bücher geöffnet und eine Beurteilung der wahren Lage der Werften ermöglicht hätte.

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) ist mittlerweile der Kragen geplatzt. Von den Versprechen, die Windhorst im März gegeben habe, sei bis heute keins eingehalten worden, sagte er bei einem Besuch auf der Nobiskrug-Werft in Rendsburg am Montag und mahnte nach Art eines Landesvaters, der den Niedergang der letzten größeren Industriearbeitgeber ganz im hohen Norden fürchtet: „In Schleswig-Holstein interessiert die Leute, dass man, wenn man etwas zusagt, es dann auch macht.“

Die Insolvenz war schon seit Herbst mit Händen zu greifen

So hätte der Eigentümer der Werften etwa sicherstellen sollen, dass die Gehaltszahlungen für zwölf Monate im Unternehmen bereitgestellt würden. Das ist nach Günthers Angaben nicht geschehen. So müssen die Beschäftigten immer wieder erleben, dass ihr Gehalt nicht pünktlich auf dem Konto war, und fürchten, dass es ganz ausbleibt.

Schon seit Herbst war die Insolvenz mindestens in Rendsburg mit Händen zu greifen, weil immer wieder deutlich wurde, dass Material gar nicht mehr oder nur noch gegen Vorkasse geliefert wurde. Selbst die Brandmeldeanlage soll nicht mehr geprüft worden sein, weshalb der Betriebsrat um Arbeitsschutz und Gesundheitsschutz fürchtet. Vor allem aber gibt es das Gerücht, dass die Werften unter Windhorsts Regie sogar die von den Mitarbeitern einbehaltene Lohnsteuer teilweise nicht an den Fiskus weitergeleitet haben soll. Die Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen aufgenommen. Mehr ist dazu nicht bekannt.

Externe Geschäftsführer, die alles in geordnete Bahnen leiten könnten, haben die Werften nicht. Windhorst hat diese Funktion selbst inne, seit der frühere Chef vor etwa einem Jahr hingeworfen hat. Das zu ändern, und zwar bis Mai, ist auch eines der Versprechen, das Windhorst dem Ministerpräsidenten gegeben und bisher nicht eingehalten hat.

Das ist nicht verwunderlich. Den Job als Geschäftsführer anzunehmen wäre gefährlich, weil mit der Funktion die Haftung wegen Insolvenzverschleppung verbunden ist. Nach allem, was bekannt ist, müsste ein Geschäftsführer sofort nach Vertragsunterzeichnung den Gang zum Insolvenzgericht antreten, weil die Zahlungsunfähigkeit offensichtlich ist.

„Wir sind leider nicht in der Lage, das zu tun, was wir wollen – und zwar Schiffe bauen“, sagt Marcus Stöcken, Betriebsratschef der Nobiskrug-Werft. Martin Bitter, Geschäftsführer der IG Metall Rendsburg, fasst das ganze Drama in zwei Sätzen zusammen: „Ein Neuanfang ist dringend nötig. Ich bin skeptisch, ob das mit Lars Windhorst funktionieren kann.“

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