Jan C. Behmann: Wann haben Sie das erste Mal von Südtirol gehört?
Karin Lochner: Als Kind, also vor 55 Jahren. Wir fuhren da immer wieder als Familie hin.
Wo liegt Südtirol genau?
Es ist die nördlichste Provinz Italiens.
Gibt das „das“ Südtirol oder welche Regionen würden Sie noch unterteilen?
Südtirol ist ein Lebensgefühl.
Und wo liegt es seitdem Sie es intensiv bereist haben in Ihrer Erinnerung?
In meinem Herzen.
Wie sind Sie dorthin gereist?
Mal mit Auto und mal mit Zug.
Was sollte man auf jedenfall mitnehmen nach Südtirol?
Gute Schuhe, Appetitt und wer keine Scheu hat einzupacken, was nicht mehr in den Magen geht: Plastikboxen.
Wann und wo kam Ihre Seele in Südtirol an?
Meine Seele kannte sich schon recht gut aus. Keine Region Europas habe ich öfter bereist – neben meiner Heimat Bayern. Und so fand sich dann die Seele immer ruckzuck nach Ankunft ebenfalls ein. Ohne Verzögerung. Ein paar Kaminwurzen, Käse und Schlutzkrapfen und schon war die Seele auch angekommen.
Wie recherchiert man für ein solch kulinarisches Reisebuch?
Sehr viel und oft essen gehen und ebenfalls trinken. Den Einheimischen lauschen, wo sie gerne schmausen und ihnen Geheimtipps entlocken.
Sind Sie chronologisch des Buchaufbaus gereist?
Nein.
Wie haben die Menschen auf Ihre Anfragen reagiert?
Durchweg freundlich, wie die Südtiroler halt sind. Die meisten fühlten sich geschmeichelt.
Welche Untiefen gibt es bei einer solchen Recherche?
Die Gewichtszunahme. Hosen passen nicht mehr. Gürtel brauchen ein neues Loch hineingestanzt.
Wie verhält sich das Klima und der Klimawandel dort?
Wie überall. Nicht mehr zu übersehen. Trockene und (leider) bereits tote Wälder, die sich nicht mehr erholen werden.
Gibt es in irdisches Paradies und liegt es vielleicht in Südtirol?
Ja! Es gibt dort sogar mehrere. Nicht nur eins. Zum Beispiel den Biobergbauernhof Glinzhof in Innichen.
Welchen Grund gibt es, wenn man dort lebt, von dort wegzuziehen?
Vielleicht weil man neuartige Musik komponieren mag? Wie Giorgio Moroder. Oder noch mehr Gipfel besteigen, weil die Berge in der Heimat ausgehen, wie bei Luis Trenker, der wollte zudem seine Heimatliebe in Filmen verewigen, das ging am besten in den USA. Oder Bücher über alle seine Bergtouren veröffentlichen wie Reinhold Messner, der zeitweilig in München lebte oder extrembergsteigen wie Hans Kammerlander der noch andere irdische Ziele für seine waghalsigen Vorhaben brauchte.
Mit welchen Problemen haben die Menschen dort zu kämpfen?
Die Südtiroler machen insgesamt einen sehr glücklichen Eindruck. Das bestätigt auch der World Happiness Report.
Hat auf den Höfen Internet einen anderen Stellenwert als für uns Städter?
Konnte ich nicht beobachten. Internet gibt es mittlerweile überall, an den entlegensten Orten der Welt, da macht Südtirol keine Ausnahme. Wer netzaffin ist und wer nicht, sehe ich eher als eine individuelle Entscheidung. Es gibt jedoch durch die hohen Berge durchaus Stellen, wo man kein Netz hat. Und gerade Ältere empfinden die unweigerlichen Funklöcher als angenehmes Entschleunigen. Die Jüngeren hingegen als schicksalshaftes digital Detox.
Gibt es es also noch, das natürlichere Leben?
Ja und wie. Spätestens im Stall, auf der Weide.
Geht es den Menschen dort besser?
Ich denke schon. Sie sind sehr herzlich und bodenständig geblieben.
Martin Suter berichtete aus seiner Geo-Zeit, er kam mit Tonnen an Material wieder und wusste nicht, wo er anfangen sollte zu schreiben. Wie haben Sie das geschafft?
Mir ging es ähnlich. Ich könnte noch direkt einen zweiten Band anschließen, so viel musste ich rausschmeißen.
Wie viele Fotos sind in total auf der Reise entstanden?
Zehntausende.
Welche Rezepte aus dem Buch haben Sie selbst ausprobiert?
Alles, was an Bildern im Buch zu sehen ist, haben wir selbst verspeist. Beim Nachkochen der Rezepte bin ich allerdings erst mit einem Viertel der Rezepte durch.
Kann man Südtirol außerhalb Südtirols simulieren?
Bei uns in München schon. Es gibt ein gelungenes Lokale in München, da kann die Sehnsucht nach Südtirol erschmeckt werden, es heißt St. Anna.
Südtirol, ein Domizil in Zukunft für die Ewigkeit?
Ich hoffe sehr.
Karin Lochner ist freie Autorin und Peter von Felbert freier Fotograf, beide leben sie in München und bereisen die Welt als kongeniales Duo.
Ihr Buch Südtirol: Eine kulinarische Reise ist im Knesebeck Verlag erschienen.
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