Herr Staatsminister, als Medienunternehmer hat sich Wolfram Weimer den Erhalt der Medienvielfalt aufs Banner geschrieben. In diesem Feuilleton war bei seinem Wechsel ins Amt des Kulturstaatsminister zu lesen, er verstehe von Kultur „sehr wenig“. Wie sehen Sie das?
Wolfram Weimer hat es geschafft, das Amt mit seinen journalistischen und publizistischen Fähigkeiten öffentlich bekannt zu machen. Er sucht Debatten und widmet sich oft den Identitätsfragen unseres Landes – damit ist er ein Gegenmodell zu Claudia Roth, die Haltung grundsätzlich links ideologisch definiert hat. Ich erwarte allerdings, dass sich der Eindruck, wonach Wolfram Weimer zu viel Medienpolitik macht, in den nächsten Wochen korrigiert, indem er sich Kunst und Kultur intensiv widmet. Die kulturellen Leuchttürme des Landes brauchen politische Verlässlichkeit.
Welche Leuchttürme meinen Sie?
Zum Beispiel das international bedeutendste deutsche Festival, die Bayreuther Festspiele. Der Etat des Kulturstaatsministers ist auf 2,5 Milliarden Euro angewachsen. Da muss es doch möglich sein, den jährlichen Zuschuss um eine Million Euro zu erhöhen, um wenigstens die Tarifsteigerungen aufzufangen. Sie sind seit Jahren nicht ausgeglichen worden. Wenn der Bund weiterhin nicht mitzieht, drohen in Bayreuth irgendwann Hungerspiele. Das muss bis zum 150. Jubiläum der Festspiele im kommenden Jahr gelöst werden!
Was würden Sie dem kulturpolitischen Quereinsteiger empfehlen?
Eine klare Prioritätensetzung. Quereinsteiger bringen immer frischen Wind mit. Die politische Kunst ist dann die Umsetzung. In Kunst und Kultur und bei der Verantwortung für unsere Geschichte zählen lange, verlässliche Linien mehr als kurze, tagesaktuelle Schlagzeilen. Persönlich komme ich ausgezeichnet mit Wolfram Weimer zurecht, aber am Ende werden wir alle an Ergebnissen gemessen. Jetzt ist die Zeit gekommen, die berühmten dicken Bretter zu bohren. Ich denke da besonders an das im Koalitionsvertrag vereinbarte Restitutionsgesetz. Und ich denke an die Frage, wie man mit dem nationalen Erbe eines Täterorts wie der NS-Kongresshalle in Nürnberg umgehen soll. Wir können die Stadt Nürnberg bei dieser Aufgabe nicht allein lassen.
Was schlagen Sie vor?
Wir sollten in einem gemeinschaftlichen Akt von Bund, Freistaat und Kommune diesen Täterort zu einem nationalen Gewissensort machen, und dafür Sorge tragen, dass daraus ein echter Lernort für Geschichte wird. Eine gemeinsame Stiftung etwa wäre ein starkes Signal der Verantwortung.
Sie haben Zweifel, dass das Restitutionsgesetz noch in dieser Legislaturperiode kommt?
Wenn man sich jetzt nicht an die Arbeit macht, wird es nichts werden. Wir müssen unserer historischen Verantwortung umfassend gerecht werden. Uns ist es heuer zusammen mit den jüdischen Verbänden gelungen, erstmals in Deutschland ein Schiedsgericht zu installieren. Das ist ein wichtiger Meilenstein, kann aber nur ein erster Schritt sein. Es beschwert mich über die Maßen, dass ich keinen Rückenwind für ein Restitutionsgesetz verspüre, durch das neben der öffentlichen auch die private Hand verpflichtet würde, NS-Raubkunst zurückzugeben. Klar ist doch: Es gibt mehr als achtzig Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs keine Entschuldigung dafür, nicht endlich eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, um die Ansprüche von Opfern und ihren Erben auf allen Ebenen ausgleichen zu können.
Unlängst wurde bekannt, dass sich Weimer bei der Präsidentin der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Marion Ackermann, für eine privat organisierte Ausstellung in einem öffentlichen Museum stark gemacht hat.
Ich kenne hier nur die Schlagzeilen und würde sagen: Staatliche Aufgaben gibt es genug! Ich denke nur an die Projekte, bei denen es jetzt gilt, die Finanzierungszusagen des Bundes verlässlich einzulösen und für eine rasche Auszahlung der zusätzlichen Mittel aus dem Kultur-Invest-Programm zu sorgen.
Ihr Kabinettskollege, der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger, scheint ein entspanntes Verhältnis zur Familie Weimer zu pflegen. Der von der Weimer Media Group durchgeführte Ludwig-Erhard-Gipfel wurde von der LfA Förderbank Bayern und einem Tochterunternehmen unterstützt, das Digitalministerium hat einen Kooperationsvertrag mit der Weimer Media Group, ein Staatsempfang beschloss den Wirtschaftskongress.
Dass Weimer in der Vergangenheit als Unternehmer und Publizist mit einem Wirtschaftskongress erfolgreich war, sollte man nicht zum Vorwurf machen. Umgekehrt ist es an Wolfram Weimer in seiner neuen Aufgabe, keine Zweifel aufkommen zu lassen bei der zwingenden Trennung, was Staat und was privat ist.
Im Dezember wird Christiane Goetz-Weimer, nunmehr allein an der Spitze der Weimer Media Group, mit dem Bayerischen Verfassungsorden ausgezeichnet – „insbesondere für ihre bedeutenden Beiträge im Verlagswesen und ihre Rolle als Initiatorin und Organisatorin des Ludwig-Erhard-Gipfels“.
Das ist Sache des bayerischen Landtags und seiner Präsidentin. Für die Millionen Kulturschaffenden im Land zählen vor allem die Beiträge für Kunst und Kultur von Wolfram Weimer in seiner Rolle als Beauftragter für Kultur und Medien. Daran wird er gemessen.
Source: faz.net