Interessen dieser jungen Generation: Kinder an die Macht

Interessen dieser jungen Generation: Kinder an die Macht

„Die Welt gehört in Kinderhände … Kinder an die
Macht“, schrieb Herbert Grönemeyer im Jahr 1986. Heute sind unsere Kinder
weiter von Macht und politischer Teilhabe entfernt als je zuvor in den letzten
75 Jahren. Dabei wäre die Welt ein ganzes Stück besser, wenn wir die Interessen
der jungen (und zukünftigen) Generation besser berücksichtigen würden. Wir müssen
die Rechte unserer Kinder und kommender Generationen stärken, um Demokratie,
sozialen Frieden und Wohlstand zu sichern.

Selten in den letzten 75 Jahren haben die
Interessen künftiger Generationen in einem
Bundestagswahlkampf eine geringere Rolle gespielt. Bildung, Klima- und Umweltschutz,
die Frage nach Technologie und sinnstiftender Arbeit oder nach Gemeinschaft und
sozialer Teilhabe – alle diese Themen kommen in diesem Bundestagswahlkampf kaum vor. Stattdessen geht es um einen Verteilungskampf, in dem ausnahmslos alle Parteien eine noch stärkere Umverteilung von Ressourcen, Freiheiten und
Ansprüchen von Jung zu Alt und von Arm zu Reich fordern.

Die Parteien rechts der Mitte versprechen
gigantische Steuersenkungen von über 100 Milliarden Euro pro Jahr, wobei der
größte Teil für die Spitzenverdienenden – also vor allem für eine kleine
Gruppe der Babyboomer – vorgesehen ist, während die ärmere Hälfte der
Bevölkerung weitgehend leer ausgeht. Die Parteien links der Mitte – allen voran
SPD und die Linke – wollen die Menschen mit sehr hohen Einkommen zwar nicht entlasten,
sondern stärker besteuern. Aber auch diese Parteien fordern zum Beispiel Verbesserungen bei der Rente und anderen Sozialleistungen, was einer starken Umverteilung von Jung zu
Alt gleichkommt und somit ähnlich wirkt wie die Steuersenkungen der Konservativen und Rechten. Das gescheiterte
Rentenpaket II der Ampelbundesregierung
unterstreicht diese Absicht: Die
Beitragssätze für junge Menschen sollen kräftig steigen, ebenso die
Steuerzuschüsse aus dem Bundeshaushalt für die gesetzliche Rente und andere
Leistungen. Einige Schätzungen
(PDF) beziffern die zusätzlichen Kosten des Rentenpakets II auf knapp 40 Prozent einer
jährlichen Wirtschaftsleistung – auch wenn Vorsicht geboten ist mit solchen
Schätzungen, da sie kritische Annahmen enthalten.

Um
die Besitzstandswahrung der Babyboomer ging es auch schon im politischen Handeln
der letzten fünf Bundesregierungen: Auch hier kamen die Interessen der jungen und zukünftigen
Generationen viel zu kurz. Dringend notwendige Bildungsreformen wurden nicht
umgesetzt, Politiker und Politikerinnen beließen es bei Lippenbekenntnissen und leeren Versprechungen.
Deutschlands Infrastruktur verfällt, Investitionen in Verteidigung und
Sicherheit werden zurückgefahren und die Transformation von Wirtschaft und
Gesellschaft verschleppt. Die Migration mag manchen Babyboomern als Problem
erscheinen, für viele junge Menschen ist sie notwendig und wünschenswert, um
Arbeitskräftelücken zu schließen und die gigantischen Sozialkosten für die
Versorgung der Babyboomer auf mehr Schultern zu verteilen.

Politik auf Kosten der jungen und zukünftigen
Generationen ist ein grundlegendes Versagen der Demokratie. 59
Prozent der Wähler und Wählerinnen am 23. Februar 2025 werden über 50 Jahre alt sein
.
Nur 13 Prozent werden unter 30 Jahre alt sein. Die Interessen der Menschen in
ihren letzten 30 Lebensjahren haben in unserer Demokratie also ein viermal höheres
Gewicht als die Interessen der Menschen in ihren ersten 30 Lebensjahren. Zudem
werden heute die Weichen für eine weitreichende Zukunft gestellt, die die
meisten Babyboomer nicht mehr erleben werden. Und die meisten, die in Politik
und Wirtschaft Gestaltungsmacht haben, gehören ebenfalls der älteren Generation an – und sind meistens männlich. Das Durchschnittsalter der letzten fünf
Bundesregierungen lag bei Amtsantritt ausnahmslos über 50 Jahren. Kaum eine Ministerin
oder ein Minister war oder ist jünger als 40 Jahre.

Die Jungen gehen leer aus

Dieses Versäumnis der Demokratie muss
und kann behoben werden – indem die wesentlichen Anliegen der jungen und
künftigen Generationen als Grundrechte im Grundgesetz gestärkt werden. Dies
sollte in drei Bereichen geschehen: Erstens durch ein Grundrecht auf ein
selbstbestimmtes Leben in Würde, das unter anderem eine deutliche Verbesserung
der Daseinsvorsorge erfordert, mit Investitionen in Infrastruktur, Bildung,
Ausbildung oder sozialer Teilhabe.

Ein zweites solches Grundrecht ist das Recht auf
einen lebenswerten und intakten Planeten. Dies erfordert deutlich mehr
Investitionen in den Schutz von Klima, Umwelt und Biodiversität, aber auch eine
Stärkung der globalen Verantwortung Deutschlands, insbesondere gegenüber dem Globalen Süden. Und das dritte Grundrecht ist eine starke Solidarität und
sozialer Frieden innerhalb und zwischen den Gesellschaften. Dazu gehören zum Beispiel
Reformen der Schuldenbremse und der Sozialsysteme, um einen fairen Ausgleich
zwischen den Generationen zu ermöglichen.

Die Versöhnung zwischen den Generationen sollte ebenfalls Priorität bei der neuen Regierung haben. Immerhin gibt es zwischen Alt und Jung eine bemerkenswert
große Übereinstimmung in den Werten: Auch der Generation der Babyboomer
ist es wichtig, dass es ihren Kindern und Enkelkindern gut geht und dass ein
fairer Ausgleich stattfindet. Es bleibt zu hoffen, dass sich Deutschland
endlich auf den Weg hin zu einem neuen Generationenvertrag begibt, der
explizite Rechte der jungen Generation formuliert und umsetzt. Einen weiteren
Vorteil von „Kinder an die Macht“ hatte Herbert Grönemeyer 1986 in seinem Song so beschrieben:
„Macht dem Trübsal ein Ende“ – auch das Ende unserer mentalen Depression würde
der Gesellschaft heute guttun.

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