Integration von Ukrainern: Vernichtendes Urteil zum Job-Turbo

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine im Februar 2022 sind mehr als eine Million Ukrainerinnen und Ukrainer nach Deutschland geflohen. Seit Juni 2022 können sie Bürgergeld oder die Grundsicherung für Arbeitssuchende beziehen. Aktuell beziehen rund 720.000 ukrainische Staatsbürger diese Leistungen, darunter sind eine halbe Million Erwerbsfähige. Die monatlichen Leistungsansprüche betrugen zuletzt mehr als 500 Millionen Euro. Diese Kosten will die Bundesregierung senken und hat vor einem Jahr die Initiative des „Job-Turbos“ gestartet.

Zentraler Bestandteil ist es, erwerbsfähige Geflüchtete, die einen Integrationskurs absolviert haben und Bürgergeld beziehen, schnell und nachhaltig in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Die Maßnahmen sollen dazu beitragen, dass sich der Bundeshaushalt 2024 um eine Milliarde Euro reduziert und in den drei Folgejahren jeweils um 1,5 Milliarden Euro.

Mängel hören nicht beim Integrationskurs auf

Der Bundesrechnungshof hat nun geprüft, wie gut Geflüchtete aus der Ukraine betreut wurden. Die Bilanz: ernüchternd. Die Probleme fangen schon bei den Inte­grationskursen an – der Bundesrechnungshof attestiert den Jobcentern „erhebliche Defizite bei der Integrationsarbeit“: Oft verzögerte sich die Teilnahme der Geflüchteten an Integrationskursen um mehrere Monate oder sie kam gar nicht erst zustande, etwa weil es an der Kinderbetreuung fehlte, wodurch sich der Spracherwerb entsprechend verzögerte. Außerdem fand 2024 bei einem Drittel der Fälle keine Beratung während des Integrationskurses statt, wodurch die Kurse viermal häufiger abgebrochen wurden.

Die Mängel hören aber nicht beim Integrationskurs auf: Auch bei der Vermittlung Geflüchteter in Arbeit stellt der Bundesrechnungshof erhebliche Defizite fest: Relevante Daten wie die genauen Sprachkenntnisse oder ein lückenloser Lebenslauf wurden oftmals nicht vollständig erfasst. Zudem wurden die Beratungsgespräche nicht mit allen Geflüchteten zeitnah nach den Integrationskursen geführt, und viele erhielten keine Vermittlungsvorschläge.

Bei der Vermittlung ist das Ergebnis des Bundesrechnungshofs besonders schlecht: „Auch bei den im Jahr 2024 geprüften Fällen führten weniger als ein Prozent der Vermittlungsvorschläge zu einer Einstellung.“ Es gab außerdem Fehler bei der Beurteilung, ob eine Arbeit zumutbar sei, beispielsweise weil für beide Partner gleichzeitig eine Unzumutbarkeit wegen der Kindererziehung anerkannt wurde. 2024 wurde zudem fast jeder zweite Geflüchtete nicht zur Anerkennung seiner Berufsabschlüsse beraten.

Bundesrechnungshof für effektivere Integrationsarbeit

Es wird deutlich, dass der Arbeitsplatz-Turbo nicht von allen Jobcentern gleichermaßen umgesetzt wird, da diejenigen, die sich in kommunaler Trägerschaft befinden, nicht daran gebunden sind. Das BMAS kann bisher nicht verlässlich nachweisen, ob der Turbo wirklich zur besseren Betreuung und Arbeitsmarktintegration ukrainischer Geflüchteter beiträgt. Die Beschäftigung der Ukrainer steigt seit 2022 nur sehr langsam linear an und hat sich seit Einführung des Turbos nicht si­gnifikant verstärkt, auch die Anzahl der Leistungsberechtigten sinkt nicht nennenswert. Das BMAS verweist darauf, dass weiterhin viele Neuzugänge die Integrationszahlen überkompensieren und dass die Beschäftigungsaufnahmen deutlich gestiegen seien.

Der Bundesrechnungshof geht vor dem Hintergrund seines Prüfberichts nicht davon aus, dass der Bundeshaushalt durch den Job-Turbo um eine Milliarde Euro entlastet wird. Auch die verminderten Ausgaben in den Folgejahren schätzt er als zweifelhaft ein. Er fordert das BMAS auf, bei den Jobcentern die Voraussetzungen für effektivere Integrationsarbeit zu schaffen und bundesweit die Maßnahmen konsequent umzusetzen, auch in den Jobcentern in kommunaler Trägerschaft.

ArbeitArbeitsmarktBundeshaushaltBundesrechnungshofBundesregierungBürgergeldDeutschlandEuroGeflüchteteHintergrundHörenIntegrationJobJobcenterLangeLebenslaufMillionUkraineWeil