Bei der Innenministerkonferenz (IMK) sind die SPD- und unionsgeführten Länder in Fragen der Asyl- und Migrationspolitik ohne nennenswerte Einigung auseinandergegangen. In der „Migrationsfrage“ seien die Unterschiede „einfach zu groß“, sagte der Vorsitzende der IMK, Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU).
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte zum Abschluss der Herbstkonferenz im brandenburgischen Rheinsberg, in den vergangenen Monaten sei die irreguläre Migration bereits stark begrenzt worden. Asylgesuche gingen zurück, mehr Abschiebungen seien durchgesetzt worden. Zudem seien erstmals wieder Straftäter nach Afghanistan abgeschoben worden.
Abschiebungen nach Syrien erschwert
Die Bundesregierung arbeite daran, dass es weitere Abschiebungen von Straftätern und islamistischen „Gefährdern“ nach Afghanistan und auch nach Syrien gebe, sagte Faeser. Die Bemühungen zur Abschiebung nach Syrien würden durch die aktuelle Kriegslage in dem arabischen Land zwar erschwert, sie würden dennoch nicht gestoppt. Vielmehr werde geprüft, ob es Regionen in Syrien gebe, in die Abschiebungen möglich seien.
Kritik kam von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU). „Es hilft nichts, Minimalkompromisse auf Innenministerkonferenzen zu beschließen und den Menschen im Land zu suggerieren, es wird schon alles werden“, sagte Herrmann. Zurückweisungen an der Grenze seien der entscheidende Schritt, doch dieser sei „mit der Bundesregierung offensichtlich nicht zu gehen“.
In der Einwanderungspolitik drängen die unionsgeführten Länder auf weitreichendere Maßnahmen gegen irreguläre Migration – wie Zurückweisungen an den deutschen Grenzen, mehr Abschiebeflüge, eine Obergrenze bei der Flüchtlingsaufnahme oder Asylverfahren in Drittstaaten. Die Forderungen verstoßen laut der SPD zum Teil gegen geltendes Recht.
Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) bezeichnete hingegen die zügige Umsetzung der im Frühjahr beschlossenen EU-Asylreform in nationales Recht als den „entscheidenden Schritt“. Dafür hat die Bundesregierung zwei Gesetzesänderungen beschlossen, die noch verabschiedet werden müssen. Statt „ständig neue rechtswidrige Forderungen zu erheben“, sei hier von der Union „konkretes Handeln gefragt“. Die Reform sieht unter anderem einheitliche Verfahren an den Außengrenzen vor.
Die Bundesinnenministerin plant zudem, die Binnengrenzkontrollen an allen deutschen
Landesgrenzen zur Bekämpfung illegaler Migration über den März nächsten
Jahres hinaus zu verlängern. Faeser hatte sie im
September angeordnet. Die Kontrollen aller Außengrenzen hätten sich
bewährt, die Zahl der Asylgesuche sei binnen Jahresfrist um 40 Prozent
zurückgegangen, sagte sie. Zugleich seien 37.000 Personen an den Grenzen
abgewiesen und 1.600 Schleuser festgenommen worden.
Einigkeit beim Thema Sicherheit
Bei den noch strittigen Punkten im Sicherheitspaket zur Bekämpfung schwerer Straftaten konnten sich die Innenministerinnen und -minister hingegen einigen. Letzte Streitpunkte seien ausgeräumt worden, sagte CDU-Politiker Stübgen. Damit sei der Weg frei für eine Einigung im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat. Bei dem Streit ging es vor allem um die Ausweitung der Befugnisse von Sicherheitsbehörden im Kampf gegen den Terrorismus sowie um die sogenannte Vorratsdatenspeicherung. Bei dieser könne ein Kompromiss womöglich noch in der laufenden Legislaturperiode des Bundestags
umgesetzt werden, sagte Faeser. Auch CSU-Politiker Hermann sagte:
„Unmöglich ist es nicht“.
„Wir müssen Terrorverdächtige, Mörder und Vergewaltiger mit KI-basierter Gesichts- oder Stimmerkennung identifizieren können“, sagte Faeser. Außerdem brauche es eine rechtssichere Speicherpflicht für IP-Adressen. Denn diese seien oft der einzige Ermittlungsansatz, um Tätern auf die Spur zu kommen. Das gelte insbesondere für sexualisierte Gewalt gegen Kinder und bei der Terrorismusbekämpfung, ergänzte die Bundesinnenministerin.
Der Beschluss sieht unter anderem vor, Sicherheitsbehörden die Speicherung von IP-Adressen und Verkehrsdaten mit einer „angemessenen Mindestspeicherfrist“ zu erlauben. Zudem soll ein nachträglicher biometrischer Abgleich von Daten mit im Internet frei zugänglichen Bild- und Audiodateien einfacher möglich werden. Dafür solle der Bund die rechtlichen Grundlagen schaffen. Überdies fordern die Innenminister den Bund dazu auf, verfassungs- und datenschutzrechtliche Rahmenbedingungen für den Einsatz von Gesichtserkennungssoftware in Echtzeit zu klären. Dann dürften Ermittler Bilder aus Videoüberwachung im öffentlichen Raum unmittelbar mit Fahndungsdateien abgleichen.
Faeser kündigte an, auf die Grünen zugehen zu wollen. Mit Blick auf die Speicherung von IP-Adressen hatte der Koalitionspartner der SPD im Bundestag signalisiert, aus Gründen der Verhältnismäßigkeit dagegen zu sein.