Während der Präsidentschaftskandidat der Republikaner Donald Trump sich vorbereitet, der Nation seine Vorschläge für die Wirtschaftspolitik vorzulegen, warnen Ökonomen, dass wichtige Teile davon – darunter hohe Zölle und radikale Steuersenkungen – wahrscheinlich die Inflation erhöhen und die Finanzen der USA belasten werden.
Während der frühere US-Präsident versprochen hat, die Preise „schnell“ zu senken, sollte er Joe Biden bei den Präsidentschaftswahlen im November schlagen, sind Experten überzeugt, dass seine Politik das Risiko birgt, die Preise eher in die Höhe zu treiben. Im offiziellen Parteiprogramm der Republikaner, das vor wenigen Tagen veröffentlicht wurde, heißt es hingegen: Eine zweite Trump-Regierung würde „die Inflation bekämpfen, die Lebensunterhaltskostenkrise angehen, die Haushaltsbilanz verbessern, Preisstabilität wiederherstellen und schnell die Preise senken.“
Ökonomen zeigen sich dagegen besorgt, dass Trumps Pläne für hohe Zölle auf Überseewaren und radikale Steuersenkungen genau das Gegenteil bewirken würden. „Wenn man die Steuerversprechen durchzieht, geht die Sache einfach nicht auf“, erklärt Owen Zidar, Professor für Ökonomie und öffentliche Angelegenheiten an der Universität Princeton. „Es gibt einen Unterschied zwischen Senkung der Preise und Verringerung der Inflation“, sagt Michael R. Strain von der konservativen Denkfabrik American Enterprise Institute. „Ich glaube nicht, dass irgendetwas, das er vorschlägt, zu einer sofortigen Senkung der Preise führen würde.“ Doch welche konkreten Folgen für die amerikanische Wirtschaft hätte eine weitere Amtszeit des 78-Jährigen?
Dienstleistungen machen 85 Prozent der US-Wirtschaft aus
Vor zwei Jahren stieg die Inflation auf den höchsten Stand seit einer Generation. Das veranlasste die US-Zentralbank Federal Reserve, den Zinssatz auf ein Rekordhoch seit zwei Jahrzehnten zu heben, um die größte Volkswirtschaft der Welt zu beruhigen. Der Verbraucherpreisindex ist seither von seinem 9,1 Prozent-Hoch auf drei Prozent gefallen, aber Millionen von Amerikanern kämpfen weiterhin mit den höheren Lebenshaltungskosten. Trump versucht indessen, Biden für die Inflation verantwortlich zu machen und sich selbst als Mann hinzustellen, der sie „zerstören“ wird.
Derweil ergab eine Umfrage des Wall Street Journal, die vergangene Woche veröffentlicht wurde: Die meisten Wirtschaftswissenschaftler sind überzeugt, dass Inflation, Schulden und Zinsraten unter Trump höher sein werden als unter Biden. Das republikanische Parteiprogramm, das von Trump persönlich bearbeitet worden sein soll, verspricht, „Basiszölle“ einzuführen. Importierte Güter sollen nach Angaben seiner Wahlkampfkampagne mit einer Steuer von zehn Prozent belegt werden. Ein solcher Plan würde „der Wirtschaft schaden“, urteilt Bernard Yaros, führender US-Ökonom beim unabhängigen Wirtschaftsberatungsunternehmen Oxford Economics. „Sollte es Zölle querbeet auf alles geben, wird das sofort die Inflation erhöhen“, sagt er.
Die Zölle sollen laut republikanischem Parteiprogramm dabei helfen, die USA zur „produzierenden Supermacht der Welt“ zu machen. Trump hatte schon 2016 ähnliche Versprechungen gemacht, die sich klar an die industriellen Kerngebiete des Landes richteten. Die Ergebnisse während seiner ersten Amtszeit waren allerdings: suboptimal.
„Es wird ziemlich schwer werden, die USA in eine produzierende Supermacht zu verwandeln“, wendet Zidar ein. Er verweist darauf, dass Dienstleistungen – von Gesundheitsversorgung über Haarschnitte bis zum Tourismus – 85 Prozent der US-Wirtschaft ausmachen. Laut Trumps angekündigtem Steuerpaket will er in seiner ersten Amtszeit eingeführte Kürzungen weiter ausbauen, die Steuern auf Trinkgelder für Beschäftigte im Gastgewerbe abschaffen und nicht näher spezifizierte „zusätzliche“ Kürzungen einführen. Das weckt Befürchtungen, dass das riesige US-Haushaltsdefizit unter seiner Führung weiter anwachsen würde.
Trumps Steuerpläne „werden zu einem Zeitpunkt Billionen Dollar kosten, an dem das Haushaltsdefizit wächst und die Staatsverschuldung sich auf einem nicht mehr tragbaren Weg befindet“, so Strain.
Es bestehe eine „Inkonsistenz zwischen den großen Steuerkürzungen und dem zentralen Ziel, die Inflation zu reduzieren“, erklärt Zidar. „Wenn sie durchziehen, was sie sagen, zielt das auf Expansion. Diese Politik wird die Wirtschaftstätigkeit ausweiten, die Zinskosten für US-Staatsschulden erhöhen und die Inflation anheizen.“ Versprechen, die öffentlichen Ausgaben auf Bundesebene zu senken, sind „tatsächlich ziemlich irreführend“, fügt Strain hinzu, „wenn man die Pläne auf der Steuerseite berücksichtigt und was sie für das Defizit und die Zinskosten bedeuten.“
Fünf Säulen: So will Donald Trump die Inflation bekämpfen
Trumps vorgelegter Plan zur Absenkung der Inflation hat fünf Hauptsäulen: Beschränkungen für die heimische Energieproduktion abbauen, „verschwenderische“ staatliche Ausgaben senken, Regulierungen verringern, bei der Immigration hart durchgreifen und weltweit „den Frieden wiederherstellen“.
Wie wahrscheinlich es ist, dass Trump diese Ziele erreicht, ist eine offene Frage. Ein Weißes Haus, das die US-Öl- und Gasgiganten stärker unterstützt, ist jedoch keine Garantie dafür, dass es sie überzeugen kann, die Produktion deutlich zu erhöhen, gibt Yaros zu bedenken. Doch selbst wenn all diese Ziele erreicht würden, „sehe ich nicht, wie irgendetwas davon wirklich eine sofortige Auswirkung auf die Inflation hat.“ Die Republikaner argumentieren, die Einführung strengerer Grenzbeschränkungen und eine große Zahl von Abschiebungen werde dabei helfen, die Politik der Regierung Biden „umzukehren“, von der sie behaupten, dass sie die Kosten für Wohnen, Bildung und Gesundheit in die Höhe getrieben hätte. Doch Ökonomen warnen, dass Trumps dargelegte Pläne für die Einwanderung das Risiko bergen, die Inflation noch zu verschlimmern.
„Wenn er es ernst damit meint, mehrere Millionen Menschen innerhalb einer relativ kurzen Zeit abzuschieben, würde das zu großen Sprüngen bei Lohn und Gehalt in den betroffenen Wirtschaftsbereichen führen und ein großer Teil dessen würde an die Verbraucher weitergegeben“, erklärt Strain. „Wir sollten damit rechnen, dass die Preise für frische Nahrungsmittel, die Preise für Hotelzimmer und die Preise für Essen im Restaurant in die Höhe schnellen.“