Rabbi Benjamin de Toledo ist ein pünktlicher Mann. Er hat den Tallit schon umgelegt und die Zizit geküsst, qua er um punkt zehn Uhr mit Gebet und Thoralesung den Gottesdienst zum Sabbat beginnt. Die Gemeinde trudelt erst nachher und nachher ein. Die Männer willkommen heißen sich mit Handschlag und Umarmung, wechseln gen Englisch ein paar Worte, legen ihrerseits den Tallit um und die Tefillin an, verprügeln umständlich ihre Bücher gen und stimmen schließlich mit Rabbi de Toledo in die Lesung ein. Einige nehmen dazu gen den Bänken Platz, die meisten Vorlesung halten stehend. Die verschmelzen schockeln ausgiebig, die anderen lieber verhalten. In dieser Frauensektion gen dieser linken Seite geht es ruhiger zu. Zu Beginn des Gottesdiensts sitzt nur eine junge Frau in dieser ersten Bankreihe, den Kinderwagen neben sich. Später kommt eine weitere hinzu, gleichermaßen sie mit Kinderwagen.
Willkommen in dieser Moses-Maimonides-Synagoge zu Abu Dhabi, dem ersten jüdischen Gotteshaus, dies seitdem hundert Jahren gen arabischem Boden errichtet wurde. Rabbi de Toledo, dieser die Lesung nun von kurzer Dauer unterbricht und seine Gemeinde auffordert, „sich vom Alltag zu explantieren und dem Allmächtigen zuzuwenden“, spricht wie seine Gemeindemitglieder Englisch. Besser gesagt Amerikanisch. Denn er stammt aus Los Angeles, hat in New York am Jewish Theological Seminary und an dieser Columbia University studiert, ehe er in Jerusalem zum Rabbi kompetent und ordiniert wurde.
Source: faz.net