Im Gespräch | „Freitag“-Gründer erinnern sich: „Es schien, qua könnte man die Welt aus den Angeln hochstellen“

Das Jahr 1990 war ein aufregendes Jahr, auch in der Geschichte des Freitag. Die gerade in Westberlin neu gegründete Volkszeitung und der in Ostberlin etablierte Sonntag suchten nach einer gesamtdeutschen Perspektive in einer vom Westen dominierten Medienlandschaft. Wie in einem Labor spiegelte die Fusion der beiden Redaktionen zum Freitag die Möglichkeiten, die das Land selbst verpasst hat.

Ulrike Baureithel: Jürgen, Regina, Marina – hättet ihr euch 1990 bei der Gründung des „Freitag“vorstellen können, dass die Zeitung einmal 35 Jahre alt werden würde?

Jürgen Holtfreter: Gehofft ja. Aber weil ich immer auch die finanzielle Seite miteinbeziehen musste, habe ich auch befürchtet, der Freitag wird es nicht so weit schaffen.

Regina General: Wir sind mit großen Hoffnungen, aber ebenso großen Bedenken in diese Verhandlungen gegangen. Die Gründung des Freitag lag ein Jahr nach der Wende. Und in diesem einen Jahr hatte ein großer Teil der DDR-Bürger erfahren, was es heißt, auf die Straße gesetzt zu werden. Die Fusion war mit Zukunft verbunden.

Marina Achenbach: Tatsächlich habe ich mir die Frage so nie gestellt. Es war absurd, sich so etwas zu fragen. Schon ein Jahr wäre fantastisch gewesen.

Wir vom ‚Sonntag‘ brauchten keine eigene Frauenseite

Regina General

U. Baureithel: Die Ökonomie war beim „Freitag“ immer ein Thema. Am Anfang sogar ein gutes.

J. Holtfreter: Durch den Zusammenbruch der DDR musste die Deutsche Volkszeitung, die in Düsseldorf erschien, ihr Erscheinen erst einmal einstellen. Die Leser wollten es anders und haben innerhalb kurzer Zeit 1,3 Millionen D-Mark für das unabhängige Weitererscheinen zur Verfügung gestellt. Als Mediengruppe Schmidt & Partner, zu der ich gehörte, erhielten wir damit die Gelegenheit, das Projekt in Berlin umzusetzen, die Volkszeitung. An den Umzug nach Berlin mit den neuen Redakteuren und an die erste Nummer in der Kreuzberger Oranienstraße kann ich mich gut erinnern, obwohl ich nicht beteiligt war. Mein Bruder hatte damals schon eine Verlagslizenz im Osten für den Basisdruck und brachte damals die Wochenzeitung die andere heraus, für die ich die ersten Nummern produziert habe.

U. Baureithel: Regina, eine Voraussetzung für die Fusion war, dass euch nach der Wende beim „Sonntag“ ähnlich viel Geld zur Verfügung stand. Wie war das damals?

R. General: Die Kollegen von der Volkszeitung waren nicht die Ersten, die zu uns kamen. Zuerst kamen der Tagesspiegel und die Zeit. Es dauerte eine Weile, bis wir begriffen haben, dass es niemals um die Zeitung, sondern immer um das Haus in der Niederwallstraße ging, das uns aber gar nicht gehörte.

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U. Baureithel: Und meiner Erinnerung nach ging es um eure Abo-Kartei …

R. General: Ja, aber die hatten wir erst auch nicht. Als die Kollegen von der Volkszeitung kamen, waren wir ganz froh, dass sie in einer ähnlich prekären Situation waren. Ich glaube, das war auch der Schlüssel für den Erfolg. Immerhin gibt es die Zeitung noch, wenn sie auch nicht unbedingt die Vorstellungen widerspiegelt, die wir einmal hatten. Es war ein Angebot, bei dem wir dachten, das sind Leute, die ähnliche Positionen haben, die die Welt ähnlich betrachten.

U. Baureithel: War das damals Konsens bei euch?

R. General: Nein, das nicht. Aber diejenigen, die ganz andere Vorstellungen hatten, haben das Jahr 1990 genutzt, um sich anderweitig zu orientieren.

U. Baureithel: Marina, wie erinnerst du dich an diese Zeit?

M. Achenbach: Irgendwie voller Enthusiasmus und Sonne. Regina kam, als ich ihr begegnete, gerade aus dem Urlaub, sie sah so ostseesonnig aus. Und dann saßen wir da in dieser großen Sonntag-Redaktion in der Niederwallstraße und ich sah die sympathischen Gesichter. Eine Wochenzeitung mit viel Kultur und einem guten Stil. Und in der Volkszeitung war das Linkssein ja nicht dogmatisch, sondern eben ein Sammelbecken vieler Positionen. Das alles passte.

U. Baureithel: Dabei hatte sich die „Volkszeitung“-Redaktion am 30. Juni 1990, am Tag der Währungsunion, noch ein Wochenende lang im Radiorundfunkheim der DDR am Bestensee versammelt, um über eine neue Konzeption der Zeitung zu beraten.

M. Achenbach: Ich erinnere mich gut. Dieses Suchen nach der Besonderheit der Zeitung, nach dem eigenen Stil, dem eigenen Standort nach dem Ende der sozialistischen Welt, an dieser Nahtstelle, hier direkt vor unserer Nase. Das war nichts, was man auf einer Konferenz hätte klären können, sondern das war ein Prozess. Wir hatten alle eine eigene Biografie, waren neugierig, und es ging auch um linke Selbstbefragung. Das musste sich in der Zeitung spiegeln, und wir wollten Impulsgeber sein. Was entsteht denn jetzt? Wenn ich meine Notizen von damals anschaue, bin ich erschrocken über meine Naivität, diese Hoffnung, dass ein Zeitalter der Vernunft in der großen Politik aufkommt.

R. General: Es schien ein paar Monate lang so, als könnte man die Welt aus den Angeln heben.

U. Baureithel: Ich komme noch mal auf das erste Zusammentreffen in der Niederwallstraße zurück im Spätsommer 1990. Ich erinnere mich an viele ostdeutsche Kolleginnen und Kollegen dort und an eine kleine Delegation aus dem Westen.

M. Achenbach und J. Holtfreter: Wir waren damals gar nicht dabei …

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U. Baureithel: Die Zeitung sollte paritätisch besetzt werden, im Westen waren wir sieben Leute in der Redaktion, die Ostredaktion war groß. Regina, das war auch ein Problem?

R. General: Dass nicht alle mitgenommen werden konnten, war für uns eine Enttäuschung. Unsere eigene, schon vorher entwickelte Konzeption für den Sonntag konnten wir nicht umsetzen. Wir hatten keine Verlagsleute, nur viele Redakteure. Es gab damals eine Regelung, dass über 55-jährige Kollegen in Vorruhestand gehen können. Daraus wurde dann ein Müssen. Für viele war das das Ende ihrer journalistischen Karriere, gleichzeitig aber auch eine gewisse soziale Absicherung. Von den Jüngeren sind einige nicht lange dabeigeblieben. Es war für die Mitarbeiter ein Novum, entlassen zu werden, ohne dass man sich etwas hatte zuschulden kommen lassen.

U. Baureithel: Es hätte ja auch sein können, dass nicht ihr dazugekommen wärt, sondern wir zu euch.

R. General: Ich würde dagegen protestieren, dass wir dazugekommen sind … Wir planten ein gemeinsames Projekt.

U. Baureithel: Du hast recht, aber wie gesagt, es hätte auch umgekehrt sein können.

R. General: Das wäre theoretisch möglich gewesen, scheiterte aber an den Kommunikationstechniken, es gab bei uns gerade mal Telefon, aber kein Fax, wir bekamen keine Agenturmeldungen, es gab nur eine minimale technische Ausstattung.

U. Baureithel: Wäre etwas anders gelaufen, wenn die Westler in die Niederwallstraße gezogen wären?

R. General: Ich glaube nicht.

J. Holtfreter: Wir sind ja dann in den Osten umgezogen, später, gemeinsam nach Berlin-Treptow

U. Baureithel: Neu beim „Freitag“ waren auf jeden Fall die Eigentumsverhältnisse, die Hälfte der Zeitung gehörte den Redakteuren. Das hatte unter anderem die Folge, dass wir längere Zeit Personalentscheidungen selbst treffen konnten.

M. Achenbach: Manche Redakteure fanden das aber auch schwierig. Ich erinnere mich noch an ein Gespräch am Spülbecken, bei dem eine Kollegin sagte, es sei ihr egal, ob sie Miteigentümerin ist. Sie wünsche sich einen guten Geldgeber, der auch die Verantwortung trägt. Sie wolle keine Unsicherheit und keine Abstimmungen mehr.

Neu war, dass die Hälfte der Zeitung der Redaktion gehörte

Ulrike Baureithel

R. General: Ich kann mich nicht erinnern, dass der Eigentumsstatus jemals offiziell aufgehoben worden wäre.

Wir debattieren lange darüber, ob und wann es eine Abstimmung über die Änderung der Eigentumsverhältnisse gab.

U. Baureithel: Wisst ihr noch, wie wir zu dem Namen „Freitag“kamen? Wer hat den ins Spiel gebracht und was war damit assoziiert?

R. General: Den hat Jutta Voigt (eine Redakteurin des Sonntag) ins Spiel gebracht.

M. Achenbach: Ich mochte den Namen gleich, wegen der Inselsituation.

J. Holtfreter: Ich habe damals das Logo entworfen, halb schwarz, halb rot. Das war programmatisch für „frei“ nach der Wende und für den freien Tag.

R. General: Jutta hat sich aber auf etwas anderes bezogen. Johannes R. Becher, Kulturminister der DDR und Gründer des Kulturbundes, hat bei der Gründung des Sonntag 1946 ins Protokoll geschrieben: „Nun erscheint der ,Sonntag‘am Freitag.“

M. Achenbach: Und wir haben damals auch schon über Robinson geredet. Das war später die vierseitige Beilage für große Reportagen oder Essays.

U. Baureithel: Wir haben vorhin über die Gemeinsamkeiten bei der Fusion des „Freitag“ gesprochen. Dennoch waren es zwei sehr unterschiedliche Zeitungen, die da zusammenkamen.

J. Holtfreter: Schmidt & Partner hatte von vornherein die Vorstellung, eine kulturpolitische Wochenzeitung zu machen, die gleichzeitig in Ost und West erscheint. Diese Kalkulation ist auch aufgegangen. Ich kannte den Sonntag schon zu DDR-Zeiten sehr gut, habe immer die tollen Bilder dort gesammelt. Ich habe mich zwar immer gefragt, ob die Sonntag-Redakteure mit den Volkszeitung-Redakteuren können, aber das hat sich irgendwie eingespielt.

R. General: Der Sonntag war sehr stark auf Kultur fokussiert, das war die Folge der Prozesse gegen Mitarbeiter im Aufbau-Verlag und in der Redaktion Sonntag wegen angeblicher Umsturzversuche 1956/57. Die Zeitung wurde damals um ihren politischen Anteil geschrumpft, die Auflage stark heruntergefahren. Die Alt-Leser, die den frühen Sonntag noch kannten, und die, die durch die Wende politisiert wurden, fanden nun wieder eine gesellschaftspolitische Dimension, die es bis 1990 so nicht gab. Die Volkszeitung war dagegen immer eine sehr politische Zeitung, es waren also verschiedene Redaktionen. Unsere Kollegen mussten ein bisschen „umprogrammiert“ werden. Aber wir gingen damals davon aus, dass sich nicht nur die DDR, sondern auch der Westen verändern würde. Das Konzept war, nicht nur die Wende, sondern den ganzen Transformationsprozess möglichst genau journalistisch zu begleiten. Das war die gemeinsame Basis.

Ich fürchtete, der ‚Freitag‘ würde es nicht so weit schaffen

Jürgen Holtfreter

U. Baureithel: Dieses Konzept haben wir auch unseren Ost-West-Veranstaltungen zugrunde gelegt. Aber wie spiegelte sich das in der Zeitung? Ich erinnere mich, dass wir sehr unterschiedliche journalistische Zugänge hatten, die Welt zu beschreiben.

M. Achenbach: Die Sonntag-Redakteure brachten langjährige Professionalität und einige Edelfedern mit, während wir teilweise als Seiteneinsteiger zum Journalismus gekommen sind.

U. Baureithel: Ein besonderer Zugang war der Alltag, der im „Freitag“ als Ressort neu eingeführt wurde.

M. Achenbach: Es gab durchaus gegenseitige Skepsis, das spiegelt sich auch in einem sogenannten Selbstgespräch zwischen einigen Ost- und Westredakteuren wider, das wir einen Monat nach der Fusion geführt und veröffentlicht haben. Dort reden wir über diese Skepsis in der journalistischen Beurteilung, aber auch über die freudige Anerkennung, dass wir vergleichbare journalistische Wertmaßstäbe entdecken.

R. General: Es ging auch gar nicht darum, journalistische Formen glattzustreichen. Wir kamen aus verschiedenen Ländern, hatten verschiedene Sozialisationen, wir waren ganz anders groß geworden. Warum soll sich das in der Zeitung nicht spiegeln?

M. Achenbach: Jedenfalls fand ich das damals das Aufregende am Freitag, ich erlebte es gar nicht so konflikthaft.

U. Baureithel: Ich kann mich aber auch an erbitterte Debatten über die Notwendigkeit einer Frauenseite erinnern …

R. General: Wir fühlten uns emanzipiert. Wir brauchten keine eigene Seite dafür. Eure Probleme mit Kindern waren nicht unsere.

U. Baureithel: Ich weiß aber auch noch, wie du mir ein paar Jahre später mal sagtest, du habest dir nicht vorstellen können, wie es den Frauen aus der DDR einmal gehen würde.

R. General: Wir kannten den Alltag von Frauen in der Bundesrepublik von damals eben nicht.

U. Baureithel: Jürgen, wie kam die Zeitung zu ihrem neuen Gesicht?

J. Holtfreter: Es sollte sich keine der alten Zeitungen aufdrängen, aber irgendwie doch wiedererkennbar bleiben. Man muss auch daran erinnern, dass wir die Zeitung damals noch mit Schere und Klebstoff gemacht haben.

U. Baureithel: Ein Unterschied war, dass die Ost-Kollegen trinkfester waren als wir …

R. General: Vielleicht du, ich nicht …

U. Baureithel: Doch, wir lagen früher unterm Tisch.

R. General: Na ja, vielleicht gab es bei uns einige, die da gut dabei waren. (Gelächter)

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U. Baureithel: Es wurde dann aber ganz schnell ernst für uns. Im Dezember 1990 waren Bundestagswahlen, bei denen die West-Grünen unter die Fünfprozentklausel fielen und nur fünf Abgeordnete aus der Bürgerbewegung von Bündnis 90/Die Grünen ins Parlament einzogen. Und nach zwei Monaten „Freitag“, im Januar 1991, brach der Irakkrieg über uns herein. Damit veränderte sich viel.

M. Achenbach: Für mich wurde das ein großes Trauma. Der Irakkrieg war eine Zäsur, er hat die Redaktion gespalten.

R. General: Aber doch nicht die Redaktion, das waren ein paar Einzelne, die gar nicht das Sagen hatten. Ich meine, wir wären bei unserer Linie der Kriegskritik geblieben.

U. Baureithel: Es war schon eine Spaltung, es gab die Pazifisten auf der einen und die sogenannten Bellizisten auf der anderen Seite.

M. Achenbach: Und es ging um den linken Antisemitismus, der wurde damals erfunden, im Grunde gegen die erstaunliche Antikriegsstimmung in Deutschland. Überall weiße Tücher „Kein Blut für Öl“. Es gab zum Beispiel bei uns einen Artikel, in dem stand, die Linken wünschten insgeheim, dass Saddam Hussein Israel vernichtet, damit sie von ihrem schlechten Gewissen befreit werden. An diesen Debatten beteiligten sich die Sonntag-Kollegen nicht, in meinen Notizen von damals stieß ich jetzt auf den Satz: Wenn sie doch auch mal was dazu sagen würden‚ aber sie schweigen und gucken entsetzt angesichts unseres Diskussionsstils.

R. General: Wahrscheinlich haben wir das nicht in der gleichen Weise wahrgenommen. Oder ich habe das verdrängt.

U. Baureithel: In manchem haben wir damals tatsächlich unseren Antikriegskonsens verlassen.

M. Achenbach: Es sind damals viele Leser abgesprungen, viele haben uns lange Leserbriefe geschrieben.

J. Holtfreter: Zum Schaden der Auflage. Das hat sich während des Jugoslawienkriegs wiederholt.

R. General: Ich glaube, das war anders. Im Jugoslawienkrieg war die Presse ziemlich uniform. Soweit ich mich erinnere, ist unsere Auflage damals gestiegen, gerade weil wir uns so deutlich gegen diesen Krieg positioniert haben. Es gab damals eine Veranstaltung von uns im Rathaus Schöneberg mit tollen Diskussionen. Apropos Auflage: Die Hoffnung, wir könnten einen Großteil der Sonntag-Leser für den Freitag gewinnen, hat sich ja auch schnell zerschlagen. Die Auflage des Sonntag war in den ersten drei Monaten nach Januar 1990, als man den Sonntag überhaupt abonnieren konnte, sprunghaft hochgeschossen, doch die Leserschaft bröckelte schon, als klar war, dass es die Vereinigung geben würde, da fiel sie zurück auf das alte Niveau.

U. Baureithel: Und der Leserschwund führte im Sommer 1991 in die erste große finanzielle Krise. Redaktionsstellen wurden eingedampft und beispielsweise Redakteure als feste freie Mitarbeiter in die Ich-AG, die damals noch nicht so hieß, geschickt. Das traf auch mich.

M. Achenbach: Mich traf das auch. Aber mir war damals gar nicht so klar, was das hieß. Ich war in sozialer Hinsicht völlig leichtsinnig. Ich dachte, es kommt immer wieder was Neues, so wie ich früher mal Filme gemacht habe. Eigentlich hatte ich gar nicht die Absicht, so lange beim Freitag zu bleiben.

Der Irakkrieg war eine Zäsur, er hat die Redaktion gespalten

Marina Achenbach

R. General: Die finanzielle Schieflage, in die die Zeitung ziemlich schnell geraten ist, hat zweifellos auch auf die Mitarbeiter durchgeschlagen. Viele wie Jutta Voigt oder Renate Rauch sind weggegangen, Wolfgang Sabbath hat seine eigene Zeitung, Das Blättchen, aufgemacht. Dadurch hat die Zeitung viel an journalistischer Substanz verloren.

U. Baureithel: Man könnte unendlich viele Geschichten erzählen, ich habe mir gar nicht alle Unterlagen von damals durchgelesen …

M. Achenbach: … aber du hast mit deiner Einladung ganz schön viel aufgestochert, ich hatte ein paar aufgeregte Tage mit den Erinnerungen an diese Zeit.

U. Baureithel: Schauen wir trotzdem auch mal in die Zukunft: Was wünscht ihr euch für den und vom „Freitag“?

J. Holtfreter: Ich wünsche mir auf jeden Fall die Weiterexistenz der Zeitung.

R. General: Für mich ist die Zeitung nur dann wichtig, wenn sie wirklich eine andere Position als andere Zeitungen vertritt. Im Moment finde ich noch genügend Artikel, die mich interessieren. Artikel, die argumentunterfüttert sind und nicht nur eine Überschrift in die Welt blasen oder die viele Klicks bringen.

M. Achenbach: Ich wünsche mir, dass der Freitag weiterhin die eigene Stimme hat, die nötig ist. Und dass man als Leserin Vertrauen haben kann zu der Zeitung.

Jürgen Holtfreter (geb. 1937) kam als Plakatkünstler von Rostock über Stuttgart (Plakat: „Alle reden vom Wetter. Wir nicht“) nach Westberlin zum SDS. Er war Mitbegründer des linksalternativen Verlags Elefanten Press und des Freitag , dessen Bildredakteur und, laut Marina Achenbach, „heimlicher Chef“

Ulrike Baureithel (geb. 1957) schwappte als Politbewegte mit der Wende aus dem Südwesten nach Berlin. Anfangs war sie Frauenredakteurin, mäanderte später durch die Ressorts, stieß die bioethische Debatte an. Sie arbeitet weiter für den Freitag sowie als Lehrbeauftragte an der Humboldt-Uni und Lektorin

Regina General (geb. 1939) war nach dem Studium an der Humboldt-Universität zu Berlin Redakteurin beim Sonntag . Sie übernahm 1990 dessen Leitung und stellte die Weichen für die Fusion. Herausgeber Günter Gaus fragte zu ihrem Abschied: „Warum habe ich Sie nie ,Zur Person‘ befragt?“

Marina Achenbach (geb. 1939) hat seit 1989 den Osten und die Wende in die Volkszeitung geholt – durch ihre nahbaren Reportagen, später aus dem jugoslawischen Kriegsgebiet. Da kannte sich die in Zagreb geborene Slawistin so gut aus, dass sie dem Freitag ihren Stempel aufdrückte

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Der Freitag wird 35 Jahre alt!

Am 9. November 1990 erschien die erste Ausgabe des Freitag – einer Fusion des ostdeutschen Sonntag und der westdeutschen Volkszeitung. Mit dem Untertitel Die Ost-West-Wochenzeitung begleitete er die deutsche Einheit von Anfang an aus einer kritischen Perspektive.

Wir wollen bloß die Welt verändern: Mit unserem Ringen um die Utopien der Gegenwart, mit unserem lauten Streiten und Nach-Denken, mit den klügsten Stimmen und der Lust am guten Argument finden wir heraus, was es heißt, links zu sein – 1990, die vergangenen 35 Jahre, heute und in Zukunft.

Dazu gratulieren uns Slavoj Žižek und Christoph Hein, Tahsim Durgun und Margot Käßmann, Svenja Flaßpöhler, Sahra Wagenknecht, El Hotzo und viele weitere Interviewpartnerinnen, Autoren und Wegbegleiterinnen des Freitag.

Lesen Sie dies und viel mehr in der Jubiläumsausgabe der Freitag 45/2025 und feiern Sie mit uns!

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