Tagelange Tsunamis, sengende Hitze über den Ozeanen: Vor mehr als drei Milliarden Jahren prallte der Asteroid „S2“ auf die Erde. Der Einschlag war wesentlich wuchtiger als jener, der später die Dinosaurier auslöschen sollte – doch er sorgte womöglich für eine sagenhafte Blüte der Evolution.
In ihrer Frühzeit war die Erde ein unwirtlicher Ort: Während des Archaikums – also vor grob 4 Milliarden bis vor 2,5 Milliarden Jahren – schlugen mindestens 16 Himmelskörper mit Durchmessern von teils deutlich mehr als 10 Kilometern ein. Der Chicxulub-Asteroid, der vor 66 Millionen Jahren vor der Küste des heutigen Mexikos aufprallte, maß etwa 10 Kilometer und besiegelte das Schicksal der Dinosaurier und vieler anderer Lebensformen. Zwar hatten auch die früheren, wesentlich heftigeren Einschläge katastrophale Folgen – aber zumindest in einem Fall profitierte davon mittelfristig das Leben, so das Resultat einer Studie in den „Proceedings“ der US-Nationalen Akademie der Wissenschaften („PNAS“).
Darin untersuchte das Team um Nadja Drabon von der Harvard University den Aufprall des Asteroiden S2 vor 3,26 Milliarden Jahren. Dieser Himmelskörper war ungleich wuchtiger als der Chicxulub-Asteroid: Sein Durchmesser wird auf 37 bis 58 Kilometer geschätzt, die Masse dürfte 50- bis 200-Mal größer gewesen sein – mit entsprechendem Zerstörungspotenzial.
Der Ort des Einschlags ist bis heute nicht bekannt. Doch seine Folgen untersuchte das Team um Drabon an Gesteinsformationen im sogenannten Barberton Grünsteingürtel in Südafrika: Sie zählen mit bis zu 3,5 Milliarden Jahren zu den ältesten Gesteinen weltweit und haben somit auch geochemische Spuren des S2-Einschlags archiviert. Dies untersuchte die Gruppe unter anderem durch geochemische Analysen von Sedimenten: So schmolz etwa die beim Einschlag entstandene Hitze Gestein, das dann in der Luft erstarrte und sich als kleine Kugeln – sogenannten Sphärulen – ablagerte.
Nach dem Aufprall wirbelten Tsunamis tagelang die damaligen Ozeane auf. Zudem sorgte die Hitze dafür, dass Teile der oberen Meeresschicht verdampften – für die Dauer von mehr als einem Jahr. Vor allem aber hatte die Katastrophe Einfluss auf das damals noch sehr rudimentär ausgeprägte Leben, das wohl lediglich aus Einzellern wie Bakterien und Archaeen bestand.
Auf den Aufprall folgte die Bakterienblüte
Dem Team zufolge setzten die Folgen des Aufpralls eher den oberflächennahen Mikroorganismen zu. Dagegen seien die Bewohner der tieferen Meeresschichten weniger geschädigt worden. Im Gegenteil: Der verdampfende Himmelskörper lieferte der Erde mittelfristig mit Phosphor wichtige Nährstoffe. Zudem sorgte er durch die Aufwirbelung tieferer Meeresschichten dafür, dass Eisen von dort in flachere Wasserschichten gelangte. Davon wiederum hätten bestimmte, Eisen-verstoffwechselnde Organismen profitiert – was massenhafte Bakterienblüten ermöglicht habe.
„Die Erholung des Lebens wurde durch eine Zunahme von Eisen in der lichtdurchfluteten oberen Meeresschicht und ein verstärktes Nährstoffangebot (vor allem von Phosphor) angetrieben“, vermutet die Gruppe in „PNAS“. „Auf beides weisen die geochemischen Daten hin.“ Die schädlichen Auswirkungen auf die Umgebung waren demnach vermutlich kurzlebig, „möglicherweise nicht länger als wenige Jahre bis Jahrzehnte“.
„Wir denken immer, dass Einschläge katastrophal für das Leben sind“, wird Drabon in einer Mitteilung ihrer Universität zitiert. „Aber diese Studie zeigt, dass solche Ereignisse auch einen Nutzen hatten. Möglicherweise ermöglichten sie sogar eine Blüte des Lebens.“
Dies tat übrigens auch der Chicxulub-Einschlag vor 66 Millionen: Denn mit dem Aussterben der Dinosaurier begann der Aufstieg der Säugetiere, die sich in den folgenden Jahrmillionen stark ausbreiteten und diversifizierten.
dpa/mali
Source: welt.de