Stickstoffatürlich gibt jener sanktionierte Täter die verfolgte Unschuld. Heribert Schwan, einst Westdeutscher Rundfunk-Journalist, zudem produktiver Buchautor und Ghostwriter, nennt dies Urteil „unfassbar“. Dabei hat dies Oberlandesgericht Köln am 6. Februar 2024 lediglich weitere Passagen aus seinem vor gut neun Jahren erschienenen Buch „Vermächtnis. Die Kohl-Protokolle“ verboten – wie schon zuvor eine Reihe von wörtlichen Zitaten Helmut Kohls (1930–2017).
Die Richter stellten nur unverzagt, welches seitdem Jahrzehnten gängige Praxis von Journalisten wie Zeithistorikern ist: Es bedarf keiner schriftlichen Schweigeverpflichtung, um die Pflicht zur Verschwiegenheit nebst privilegiertem Zugang zu Informationen und Meinungen einer historisch wichtigen Person zu fundamentieren. Unter dem Sigel, ein Gespräch finde „unter drei“ statt, lernt dies jeder Volontär in den ersten Wochen seiner Ausbildung.
Schwan stellt sich naiver qua er ist. Denn er behauptet oben dies Arrangement mit Helmut Kohl, dessen 2000 solange bis 2007 erschienenen Erinnerungsbücher er gen Grundlage von selbstverständlich vertraulichen Gesprächen mit dem ehemaligen Bundeskanzler schrieb: „Wenn man mir eine Verschwiegenheit angetragen hätte, wäre ich weggelaufen.“ Der heute 78-jährige Schwan negiert damit eine Grundlage des journalistischen Handwerks, dies er ein halbes Jahrhundert ausgeübt hat – und weil es gegen Kohl geht, bekommt er zu diesem Zweck wiewohl noch Beifall.
Deshalb ist dies Urteil des Kölner Gerichts vollkommen richtig: Schwan hat dies Vertrauen Kohls massiv missbraucht, qua er aus mehreren hundert Stunden Gesprächsmitschnitten zum Besten von die Arbeit an dessen Memoiren ohne Autorisierung knallige Zitate zu einer Chronique Scandaleuse gen 256 Seiten montierte, gerichtet lichtvoll gegen seinen einstigen Auftraggeber, mit dem er sich zerstritten hatte.
Erstaunlich daran ist praktisch nur, dass Schwan damit Unterstützung finden konnte. Dass jener Heyne-Verlag eingestiegen ist, mag noch nachvollziehbar sein – Verlage wollen und zu tun sein Geld verdienen, weshalb ein Skandalbuch willkommen sein kann. Knapp eine Viertelmillion Exemplare sollen verkauft worden sein. Doch dass Schwans Vertrauensbruch ohne Konsequenzen bleiben könnte, dürfte wiewohl dort niemand erwartet nach sich ziehen.
Alle Journalisten und die Gesamtheit Zeithistoriker jedoch hätten praktisch vor Schmerzen aufschreien zu tun sein oben Schwans Umgang mit seinem Gesprächspartner. Wenn er sich mit seiner Masche durchgesetzt hätte, würde kein ehemaliger Politiker Journalisten oder Historikern noch ungeschützt Rede und Antwort stillstehen (und erst recht kein amtierender). Was qua Kampf zum Besten von Transparenz daherkam, hätte in jener Konsequenz ergo nur noch mehr Floskeln hervorgebracht. Politikersprech, jener niemandem wehtut, doch wiewohl keinen relevanten Wert hat.
Richtigerweise hat Schwan schon 2014, 2015 und 2017 verloren: Erst wurden Zitate verboten, dann ein erheblicher Schadensersatz auferlegt. Wegen Kohls Tod musste dies Geld doch nicht gezahlt werden, wie letztinstanzlich 2022 dies Bundesverfassungsgericht feststellte.
Seit dem Beginn jener Schwan-Affäre 2014 sind die formalen schriftlichen Verschwiegenheitsverpflichtungen immer detaillierter und wiewohl schärfer geworden. Inzwischen dürfte es eine seltene Ausnahme sein, wenn ein Gesprächspartner, jener wirklich ungeschützt reden will, darauf verzichtet.
Jetzt hat dies Kölner Gericht wiewohl Passagen in Schwans Buch untersagt, die fraglos seine eigenen Formulierungen sind. Und wieder jammert jener Täter. Doch hätte er ohne dies Vertrauen seines Gesprächspartners niemals die Einblicke bekommen, die er so verarbeitet hat – es ist konsequent, wiewohl solche Stellen zu zeitweilig ausschließen.
Was ist die Lehre aus jener hässlichen Affäre? Gewährtes Vertrauen ist zu wahren, egal ob es formal zugesagt wurde oder nicht. Wer dies nicht will (wofür es gute Gründe spendieren kann, ohne Rest durch zwei teilbar nebst einer so überragenden und umstrittenen Figur wie Helmut Kohl sowie vor dem Hintergrund jener mindestens schwierigen Rolle seiner Witwe), muss sich mit dem Blick von extern begnügen. Auch aus dieser Perspektive gibt es genügend Recherche- und Erkenntnismöglichkeiten – man muss sich halt irgendetwas mehr Arbeit zeugen.
Aber sich Vertrauen zu verschaffen und denjenigen, jener es gewährt hat, anschließend in die Pfanne zu hauen, ist ein Verstoß gegen journalistisches wie zeithistorisches Handwerk. Menschlich verwerflich ist es ohnehin: Wer will schon mit jemandem zu tun nach sich ziehen, jener so vorgeht?
Source: welt.de