Es braucht nur zwei statt derzeit noch fünf Landesbanken und mehr Beweglichkeit hin zu einer europäischen Einlagensicherung. Mit diesen beiden in der Sparkassengruppe kontroversen Äußerungen hat Thomas Groß, Vorstandsvorsitzender der Helaba , im Internationalen Club Frankfurter Wirtschaftsjournalisten aufhorchen lassen. Groß führt die Landesbank Hessen-Thüringen, die den Bundesländern Hessen und Thüringen und Sparkassen in Nordrhein-Westfalen, Hessen, Thüringen und Brandenburg gehört, seit Juni 2020. Zuvor begleitete er als Helabas Vizechef deren gescheiterten Versuch, 2019 die Nord LB in Hannover zu übernehmen.
Diese viertgrößte Landesbank mit Sitz in Hannover nannte Groß am Dienstagabend in einem Atemzug mit der deutlich kleineren Saar LB , während er sein Haus zusammen mit den beiden größeren Landesbanken Bayern LB und aus Baden-Württemberg ( LBBW ) erwähnte. Wie das Ziel, nur zwei Landesbanken zu bilden, nach mehreren gescheiterten Anläufen nun innerhalb von fünf Jahren erreicht werden könnte, sagte Groß nicht. Die Helaba sei offen für Kooperationen. Auch zeigte er sich zuversichtlich, dass die Helaba in diesem Jahr durch Zukäufe wachsen kann – möglich erscheint das etwa im Private Banking und im Asset Management. Wie in den beiden Vorjahren will die Helaba 2025 rund 300 Leute einstellen, davon ein Drittel im Alter unter 30 Jahren. Sparkassen drohten in den nächsten fünf Jahren Zusammenschlüsse,weil sie nicht genug junge Fachkräfte finden könnten, erwartet Groß. Dem will er vorbeugen.
In Debatte um EDIS einbringen
Zur Neuordnung der europäischen Einlagensicherung wollte Groß nicht konkret werden, aber immerhin den „Ball ins Rollen“ bringen. Bisher sind die Sparkassen-Finanzgruppe und auch die Volks- und Raiffeisenbankengruppe strikt gegen europäische Sicherungsfonds, weil sie innerhalb ihrer Gruppe frühzeitig Schieflagen beheben und damit nicht nur Einlagen bis 100.000 Euro, sondern sogar den Erhalt aller Mitgliedsinstitute im Extremfall durch Notfusionen mit anderen Gruppenmitgliedern garantieren (Institutssicherung). An der Institutssicherung will auch Groß nicht rütteln. Er rief aber als erster Landesbank-Chef die Sparkassengruppe dazu auf, Kompromisse zu suchen, wie bestehende Systeme in die europäische Ebene eingebunden werden können. Zuvor hatte sich schon Liane Buchholz, die Präsidentin des westfälisch-lippischen Sparkassenverbandes, im Interview mit der F.A.Z. dafür ausgesprochen, „darüber nachzudenken, wie man für Einleger in anderen Ländern ein System schafft“. Auch Bundesbank-Präsident Joachim Nagel ist inzwischen für eine europäische Einlagensicherung (EDIS).
Für Groß sind die bisher vorgebrachten Gründe gegen EDIS – etwa höhere Risiken in italienischen Banken und weniger gefüllte Haftungstöpfe in anderen Ländern der EU – heute nicht mehr gegeben. Es sei Zeit für einen „weniger emotionalisierten“ Neubeginn der Diskussion um EDIS. Die größten Risiken für die Helaba seien derzeit geostrategische: Eine Zuspitzung des Handelskonflikts zwischen China und den USA hätte für deutsche Unternehmenskunden gravierende Folgen, etwa wenn China als Absatzmarkt und aus Lieferketten wegfiele, ist Groß überzeugt. Die Antwort auf die geopolitischen Risiken könne nur lauten: „Mehr Europa wagen.“
Dazu gehöre eben auch: „Wir werden in Summe als Banken mehr Vorteile haben, auch als Sparkassen-Finanzgruppe, wenn wir uns stärker in Europa einbringen und als Europa agieren.“ So müsse auch im Ringen um international vereinbarte Bankenregeln (Basel III), die von den USA wahrscheinlich nicht im Sommer 2025 endgültig eingeführt werden, eine europaweite Verständigung gefunden werden. Die Richtung der Bankenregulierung halte er aber nicht für falsch, sagte Groß. Als Heimatmarkt für die Helaba sieht er nicht etwa Deutschland, sondern Europa. Allerdings fragten viele Unternehmen derzeit Kredite nach, um in Asien und in den USA zu investieren. Finanzierungen in Dollar und anderen Fremdwährungen könne die Helaba bieten, auch Projekte etwa für Infrastruktur und neue Energien finanzieren („Assets“). Als Finanzier eines neuen Werks etwa in Mexiko komme Hessens Landesbank weniger in Betracht. Groß gab zu, dass die Helaba unter der Abwanderung von Investitionen aus Deutschland leidet.
Groß bekräftigte seine Prognose vom November, dass die Helaba 2024 einen ähnlich hohen Gewinn wie im Rekordjahr 2023 mit 722 Millionen Euro vor Steuern erreicht hat. Am Immobilienmarkt sei der Tiefpunkt durchschritten, das Neugeschäft aber verhalten, sodass das Immobilienkreditportfolio auf rund 30 Milliarden Euro stärker abschmelze als erwartet. Ihr Geschäftsergebnis für 2024 will die Helaba im März vorlegen.
Source: faz.net