Der durchschnittliche Hebesatz zur Grundsteuer in Deutschland ist laut einer Studie im vergangenen Jahr so stark gestiegen wie seit Jahrzehnten nicht: Bundesweit betrug der Anstieg 18 Prozentpunkte, wie die Beratungsfirma EY in Stuttgart mitteilte. Jede vierte Kommune hob die Hebesätze demnach an. Großen Einfluss auf das Gesamtergebnis hatte Rheinland-Pfalz, wo die Hebesätze wegen eines Sonderfalls im Schnitt um 69 Prozentpunkte erhöht wurden.
Der kommunale Hebesatz ist einer von mehreren Faktoren zur Berechnung der Grundsteuer. Die Sätze stiegen den Angaben zufolge im vergangenen Jahr von 391 Prozent im Schnitt auf 409 Prozent. Viele Kommunen, insbesondere im Westen Deutschlands, stehen nach EY-Angaben finanziell „mit dem Rücken zur Wand“. Deshalb sei die Erhöhung der Grundsteuer vielfach „unausweichlich“ gewesen. „Angesichts der hohen Inflation der vergangenen Jahre kämpfen viele Kommunen mit Kostensteigerungen, die sie weitergeben müssen“, sagte Heinrich Fleischer von EY. Leidtragende seien dann die Bürgerinnen und Bürger.
Vier von fünf Kommunen in Rheinland-Pfalz erhöhten Hebesatz
EY untersucht seit 2005 die durchschnittlichen Hebesätze in Deutschland. Ein so deutlicher Anstieg wie im vergangenen Jahr wurde dabei noch nie registriert. Der bisherige Höchstwert hatte bei elf Prozentpunkten gelegen; er wurde 2011 verzeichnet.
53 Prozent der Kommunen hatten 2023 einen Hebesatz von 400 Prozent oder
mehr. Im Jahr 2005 waren nur fünf Prozent in diese Hochsteuergruppe
gefallen. Umgekehrt hatten 2005 noch 22 Prozent der Kommunen einen
Hebesatz unter der Marke von 300. Vergangenes Jahr waren es nur noch
drei Prozent.
Einfluss auf das Ergebnis hatte in diesem Jahr maßgeblich Rheinland-Pfalz, wo 2023 eine Reform des Kommunalen Finanzausgleichs in Kraft trat. Dadurch sahen sich viele Kommunen gezwungen, die Sätze zu erhöhen, um ihrerseits weiter durch den Finanzausgleich entlastet zu werden. 79 Prozent aller Kommunen in Rheinland-Pfalz erhöhten den Hebesatz.
Nur 49 Gemeinden senkten Sätze
Bundesweit hoben 2.671 der rund 10.800 Kommunen ihre Hebesätze an, in lediglich 49 Gemeinden oder Städten sanken die Sätze. Am höchsten sind die Hebesätze demnach in Nordrhein-Westfalen mit 577 Prozent, dahinter folgen Hessen (507 Prozent) und Rheinland-Pfalz (464 Prozent). Schleswig-Holstein (348 Prozent) und Bayern (355 Prozent) stehen am Ende der Skala.
Fleischer erwartet, dass auch im laufenden Jahr viele Kommunen ihre Hebesätze wieder erhöhen – auch um das Versprechen einhalten zu können, die Bürger durch die Anwendung des neuen Grundsteuerrechts ab 2025 nicht zusätzlich zu belasten.
Ab 1. Januar 2025 soll eine neue Grundsteuer erhoben werden. In den meisten Bundesländern erfolgt dies nach dem sogenannten Bundesmodell, in anderen nach eigenen Modellen, die sich stärker nach Flächengrößen oder Bodenwerten richten. Aus den neu ermittelten Grundsteuerwerten, einer Steuermesszahl und dem kommunalen Hebesatz ergibt sich der neue zu zahlende Betrag.