Haushaltsstreit: Die Kompromiss-Maschine welcher Ampel spuckt nur Halbgares aus

Hier kommt die gute Nachricht: Die deutsche Regierung regiert, immer noch. Irgendwie. Bald wird die Ampelkoalition offiziell das beschließen, was euphemistisch als „in Zahlen gegossene Politik“ bezeichnet wird: den Entwurf des nächsten Bundeshaushalts. Allerdings: Gemessen an der Krisenlage in Deutschland und der Welt wird der Etat wenig mehr darstellen als die in Zahlen gegossene Verweigerung von Politik.

Man kann das Ganze natürlich positiv sehen: Dass die Ampelkoalition wohl doch nicht platzen wird, das sei doch angesichts mannigfaltiger Instabilitäten ein Wert an sich, ist zu lesen. Bei der SPD hält „der Olaf“ die Linken in Schach, bei der FDP „der Christian“ den Nachwuchs, der es schafft, noch neoliberaler zu sein als er, und die grünen Frontleute sind mit dem staatstragenden Schlucken von Kompromissen so intensiv beschäftigt, dass ihnen ihr linker Flügel nicht mal mehr aufstößt.

Das mag erfreulich sein aus der Binnensicht der Beteiligten und eines journalistischen Ansatzes, der diese Perspektive ganz gern mal teilt. Und so gesehen, stellt es tatsächlich ein wahres Kunststück dar, wenn die Ampelregierung am 17. Juli einen Haushaltsentwurf beschließt. Schließlich standen sich unterschiedliche fiskalpolitische Ansätze gegenüber: hier die FDP und der mindestens halbe Olaf Scholz mit der klassisch marktliberalen „Austeritätspolitik“, die staatliche Daseinsvorsorge grundsätzlich skeptisch sieht und Schulden ebenso verachtet wie steuerliche Umverteilung (von der ohnehin niemand mehr redet); dort die Grünen sowie die andere Hälfte von Olaf Scholz und seiner SPD, die wenigstens die radikalen Ausformungen des Spardiktats noch zu mildern versuchen.

Letzte Ansätze einer krisengerechten Politik

Weitet man aber den Fokus, dann kommt ein ganz anderes Kunststück zum Vorschein: Dieser Koalition gelingt es, das Vertrauen in ihre politische Weisheit sowohl durch ihre Konflikte zu erschüttern als auch durch die Art, wie sie sich wieder zusammenrauft. Es ist nicht nur der ewige Streit, der zu Überdruss führt. Es ist auch das zunehmende Gefühl, dass das, was dann hinten herauskommt, den Anforderungen der krisenhaften Gegenwart bei Weitem nicht genügt.

Es wäre verfehlt, zu glauben, dass dieser Überdruss allein im extrem rechten Spektrum angesiedelt sei. Dass es der AfD gelingt, die „Alternative“ eines rassistisch grundierten, ethnonationalistischen Politikentwurfs zu einem sich verfestigenden Bestandteil des gesellschaftlichen Ideologie-Mixes zu machen, liegt ja nicht nur an den unverzeihlichen Nachahmungs-Versuchen etablierter Parteien in der Migrations- und Sicherheitspolitik, die die rassistische Grundierung stets weiter in die Mitte des öffentlichen Diskurses rücken. Es liegt auch daran, dass die rot-grün-gelbe Streit-Kompromiss-Maschine allenfalls noch Ansätze einer krisengerechten Politik auswirft, aber ganz sicher keinen schlüssigen Gegenentwurf gegen rechts, kein Konzept ökologisch-sozialer Transformation.

Was den Streit unter demokratischen Parteien wirklich lohnen würde, bleibt außen vor: Wollen wir den bestehenden Kapitalismus, der für die aktuelle Krisenlage ein Hauptverursacher ist, mit etwas grünerem Input fortbestehen lassen – oder wollen wir ihn zu einem ökologisch-sozialen Wirtschaftsmodell umbauen? Auch wenn der Haushalt 2025 ein paar Reformansätze enthält – diese Frage wird er nicht stellen. Denn die Ampel hat sie stillschweigend beantwortet – zugunsten des „Weiter so“.

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