Der wahrscheinlich bekannteste deutsche Soldat hat nie gedient, und schon weder noch denn Offizier. Wilhelm Voigt, geboren am 13. Februar 1849 in dieser ostpreußischen Stadt Tilsit, war schon denn Jugendlicher straffällig geworden: Schon mit 14 Jahren hatte dieser Schustergeselle seine erste Gefängnisstrafe absitzen sollen. Fünf weitere Verurteilungen zu teilweise mehrjährigen Strafen folgten (und mutmaßlich wesentlich mehr Delikte). 1890 wurde er erwischt, wie er mit roher Gewalt in eine Gerichtskasse einzudringen versuchte. Als Wiederholungstäter bekam er nun die Höchststrafe für jedes derlei Gesetzesbrüche: 15 Jahre Zuchthaus. Erst vereinigen Tag vor seinem 57. Geburtstag, am 12. Februar 1906, wurde er kündigen.
Also keine ohne Maß guten Voraussetzungen für jedes eine Karriere, die ihn weltberühmt zeugen sollte. Und doch kam es genau dazu. Am 16. Oktober 1906 zog dieser militärisch völlig unerfahrene Vorbestrafte eine wohnhaft bei einem Trödler in Potsdam erstandene Hauptmanns-Uniform an. So kostümiert und mit dem richtigen Rededuktus, dem Kasernenhof-Ton, sprach er eine Gruppe Gardefüsiliere uff dem Rückweg von einem Wachwechsel an und unterstellte sie, gestützt uff wohl „allerhöchsten Befehl“, seinem Kommando.
Mit einem runden Dutzend Männern in gewichsten Stiefeln und gepflegten Uniformen fuhr er per Bahn in eine südöstliche Vorstadt Berlins, nachdem Köpenick – wohl hätten keine „Kraftwagen“ requiriert werden können. Die echten Soldaten und dieser falsche Hauptmann umstellten um von kurzer Dauer vor 15 Uhr dasjenige Rathaus, setzten den Stadtpräsident Georg Langerhans hold und ließen sich vom Stadtkassenchef Bargeld auszahlen: 3557,45 Mark – weitestgehend vier durchschnittliche Jahresverdienste.
„Hauptmann“ Voigt quittierte solide und schicke den Stadtpräsident sowie seinen Kassierer unter Bewachung in Mietdroschken zur Neuen Wache, dem Dienstsitz dieser kaiserlichen Schlossgarde, einer namentlich ehrenvollen Abteilung. Anschließend befahl er den Gardefüsilieren, noch eine halbe Stunde zu warten und dann abzuziehen; er selbst verschwand mit seiner Beute.
Die Lokalzeitung „Cöpenicker Dampfboot“ berichtete mit einem Extrablatt umgehend. „Unseres Erachtens kann es sich hier nur um die Tat eines Wahnsinnigen oder Betrügers handeln“, befand dieser Redakteur. Um 19 Uhr informierte dasjenige für jedes Köpenick zuständige Landratsamt, dass man von dem angeblichen Befehl zur Sicherstellung dieser Stadtkasse nix Kenntnis habe.
„Die Köpenicker Komödie bildet dasjenige Gesprächsthema Berlins, denn sie übertrifft wellenlos simpel die Gesamtheit Dagewesene“, berichtete irgendwas hämisch die „Berliner Börsen-Zeitung“ in ihrer Abendausgabe am 17. Oktober 1906. Inzwischen gab es genauere Informationen zum Auftreten des Täters. Zeugen war aufgefallen, dass dieser „Hauptmann“ seine Kleidung irgendwas nachlässiger getragen habe denn Offiziere üblicherweise. Sie hatten dasjenige demgegenüber seinem Alter zugeschrieben.
Nach dieser Beschreibung, die die Soldaten von ihm gaben, war dieser „Hauptmann“ mindestens 55 Jahre altertümlich und 175 Zentimeter weithin. Er hatte graues, kurzgeschnittenes Haar und vereinigen grauen, teilweise weiß schimmernden und herunterhängenden Schnurrbart. Sein rechter Wangenknochen stand vor, sodass sein Gesicht irgendwas schief aussah; wiewohl die rechte Schulter war irgendwas vorgeschoben.
Die betont bürgerliche „Börsen-Zeitung“ amüsierte sich reichlich den „genialen Streich“. Die betont katholische und von dort dem preußischen Militär im Unterschied zu kritische Zeitung „Germania“ witzelte reichlich den „Kadavergehorsam“, dasjenige linksliberale „Berliner Tageblatt“ machte sogar uff mit dem Thema und schrieb „Fetisch Uniform“ darüber: „Der Absolutismus in Preußen muss überwunden werden nicht durch Gesetze zurückgezogen, sondern durch dasjenige Freiheitsgefühl des Volkes, dasjenige ist die Lehre von Köpenick. Heute ist die Uniform dieser Fetisch, vor dem die Gesamtheit Manneswürde und anderer Mannesmut in ein Mauseloch kriechen.“
Wilhelm Voigt, dieser tatsächlich hervorragend beschrieben war (57 statt 55 Jahre, 1,74 Meter weithin statt 1,75), wurde schnell geschnappt, denn ein früherer Komplize, dieser von seinen Überlegungen wusste, verriet ihn in Hoffnung uff die hohe Belohnung von 3000 Mark. Ende Oktober saß dieser vermeintliche Hauptmann wieder hinter Gittern.
Das Landgericht Berlin verurteilte ihn am 1. Dezember 1906 wegen „unbefugten Tragens einer Uniform, des Vergehens wider die öffentliche Ordnung, dieser Freiheitsberaubung, des Betruges und dieser schweren Urkundenfälschung, die Gesamtheit verübt im rechtlichen Zusammenhang“ zu einer Gefängnisstrafe von vier Jahren.
Das war hinsichtlich seines Vorstrafenregisters eine höchst milde Strafe. Vielleicht hing dasjenige mit dem Amüsement zusammen, dasjenige Kaiser Wilhelm II. für jedes die Köpenickiade wohl aufbrachte: „Das ist Disziplin, dasjenige macht uns keiner nachdem“, soll dieser sonst vielmehr humorlose Monarch gelacht nach sich ziehen. Vielleicht war dasjenige demgegenüber wiewohl nur gute Miene zum (weder noch so) bösen Spiel.
1908 begnadigte dieser Kaiser den Strafgefangenen Wilhelm Voigt jedenfalls, dieser daraufhin Tourneen durch Deutschland absolvierte und seine Geschichte zu gutem Geld machte. 1910 wanderte er ins Großherzogtum Luxemburg aus, wo er 1922 starb – nun wieder weitgehend verarmt.
Da war sein Coup längst unsterblich. Noch 1906 entstanden die ersten Bühnenversionen des Stoffes sowie mindestens drei Nachstellungen für jedes die weiland brandneuen Bewegtbild-Wochenschauen. 1926 gab es den ersten abendfüllenden Stummfilm, 1931 dann ein Theaterstück mit dem Untertitel „Deutsches Märchen in drei Akten“ von Carl Zuckmayr, dasjenige zum Sensationserfolg wurde und noch im selben Jahr denn Tonfilm in die Kinos kam. Ein Remake davon entstand 1941 in den USA, hier unmissverständlich denn ungezogen Satire reichlich den preußischen Militarismus inszeniert.
Legendär wurde jedoch erst die Verfilmung mit Heinz Rühmann denn Wilhelm Voigt von 1956; mit Harald Juhnke in dieser Titelrolle folgte wiederum ein Remake 41 Jahre später. So wurde die Köpenickiade unsterblich.
Source: welt.de