Seit Montagmorgen verhandeln Vertreter des Volkswagen-Konzerns und der IG Metall in einem Kongresshotel im Nordosten Hannovers über den umstrittenen Sparplan für Europas größten Autohersteller. Rund fünfzig Stunden haben sie schon zusammengesessen, allein in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag sei bis vier Uhr am Morgen gerungen worden, heißt es von Beteiligten. Arne Meiswinkel, den Verhandlungsführer des Konzerns, wollen Teilnehmer sogar noch um fünf oder halb sechs Uhr vor Ort gesehen haben.
Schon in der Nacht gab es Meldungen, laut denen sich beide Seiten aufeinander zubewegen und eine Einigung wahrscheinlich ist, die ohne Werksschließungen auskommt. Am Donnerstagmorgen hieß es dann: Es wird weiter verhandelt, und noch ist alles offen.
Wie aus Verhandlungskreisen verlautet, wird ganz aktuell noch um die Belegung einzelner Standorte gerungen. Jede Einigung, sofern sie denn erzielt wird, soll am Nachmittag noch dem Konzernvorstand und dem Aufsichtsrat vorgelegt werden. Wenn überhaupt, werde ein Ergebnis erst nach Börsenschluss veröffentlicht, heißt es in Unternehmenskreisen.
Produktion des Verbrennermodells Golf im Fokus
Nach Informationen der F.A.Z. steht vor allem die künftige Arbeit in Wolfsburg und Zwickau im Fokus, mit Einschnitten, die vor allem den Standort im Osten treffen. Ausgangspunkt ist die Produktion des Verbrennermodells Golf am Stammsitz Wolfsburg, die laut einem Szenario vom Jahr 2027 an nach Puebla in Mexiko verlagert würde. Produziert würde im Werk am Mittellandkanal dann zumindest vorübergehend nicht mehr auf vier, sondern nur noch auf zwei Linien und in sechs statt derzeit acht Schichten.
Ein Teil der Unterauslastung würde durch Modelle wie die kompakten Elektroautos ID.3 und Cupra Born aufgefangen, die derzeit in Zwickau vom Band laufen. Außerdem dürften in Wolfsburg der elektrische Golf eingerüstet werden, der für die Zeit um 2028 oder 2029 angekündigt ist, und ein weiteres Modell auf derselben technischen Plattform.
Eine Schließung des ganzen Standorts Zwickau wäre in dem Szenario abgewendet, aber die Kapazität stark verkleinert. Derzeit läuft neben den Kompaktwagen in dem sächsischen Werk auch ein Modell von Audi vom Band, außerdem der elektrische Stadtgeländewagen ID.4 und dessen Ableger ID.5. Die Verlagerung des ID.4 nach Emden soll schon länger beschlossen sein.
Wie die F.A.Z. berichtet hatte, fürchten die Standorte in Sachsen schon länger, dass sie im Ringen um die künftige Auslastung überdurchschnittlich belastet werden. In der Belegschaft ist von „Demontage“ die Rede. VW wollte sich zu den Szenarien am Donnerstag nicht äußern.
Es gebe eine „hohe Motivation“, den Konflikt noch vor Weihnachten zu lösen, sagte ein ranghoher Manager der F.A.Z. Aber genauso wichtig sei, „dass da ein vernünftiger Abschluss rauskommt“. VW hatte schon in früheren Jahren größere Sparprogramme beschlossen, etwa nach dem Dieselskandal. Der Personalabbau und die entsprechenden Einsparungen, so die Einschätzung des Vorstands, wurden dann nur zum Teil umgesetzt.
Von der IG Metall heißt es, man habe in Teilbereichen der Verhandlungen viele Fortschritte erzielt, bei anderen Aspekten lägen die Verhandlungspartner aber auch immer noch auseinander. Entsprechend gehörten auch eine längere Unterbrechung oder ein Abbruch der fünften Verhandlungsrunde immer noch zu den möglichen Szenarien. Ein Betriebsratssprecher sagte, Meldungen über vermeintlich erzielte Lösungen seien so lange Spekulation, bis tatsächlich ein Gesamtergebnis feststehe.