Trotz der schwachen Konjunktur und der mauen Aussichten wollen hier ansässige chinesische Unternehmen weiter in Deutschland investieren. Allerdings gewinnen auch Nachbarländer wie Ungarn und Polen an Bedeutung. Das ist das Ergebnis einer Umfrage unter deutschen Tochtergesellschaften chinesischer Konzerne, durchgeführt von der Chinesischen Handelskammer in Deutschland (CHKD) und der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG. Teilgenommen haben 104 Unternehmen.
Blickt man nur auf Europa, liegen demnach Deutschland, Ungarn und Polen vorn in der Gunst der Investoren. Doch haben die befragten Unternehmen einen breiten Blick auf internationale Standorte. Auf die Frage, wo sie in den kommenden fünf Jahren in Produktionsanlagen investieren wollen, antworteten mit 21 Prozent die meisten mit Deutschland. Fast genau so viele Antworten entfielen aber auch auf sonstige asiatische Länder. Zudem wollen 18 Prozent in China investieren, also in der Heimat der Konzerne. Ebensoviele planen, Geld in Ungarn zu stecken. In Polen wollen zwölf Prozent der Unternehmen investieren. Dabei plant ein Viertel derzeit keine Investitionen in Produktionsanlagen, während weitere 23 Prozent unentschlossen sind.
Die Umfrage zu den Geschäftserwartungen chinesischer Unternehmen mit Deutschlandgeschäft fand zwischen dem 12. August und dem 7. September statt. Sie spiegelt also auch die durch Zölle verschärfte Entwicklung des Handelsstreits zwischen den Großmächten USA und China wider und die Folgen für Europa und Deutschland zumindest teilweise. Nach der Untersuchung verstärken geopolitische Spannungen und die US-Handelspolitik die Ausrichtung auf Europa.
Was empfehlen Fachleute für die Zusammenarbeit zwischen China und Deutschland?
Andreas Glunz, Bereichsvorstand für International Business bei KPMG und Ko-Autor der Umfrage, rät Deutschland, für die Zusammenarbeit mit chinesischen Investoren strategisch zu handeln. „Nicht Abschottung, sondern eine interessengeleitete Industriepolitik und gezielte Unternehmenskooperationen sichern die Wettbewerbsfähigkeit und stärken die Resilienz des Standorts und der deutschen Wirtschaft“, sagt der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater.
Mitautor Dong Li, Ko-Präsident der Chinesischen Handelskammer, sieht die hier tätigen chinesischen Unternehmen als festen Bestandteil der deutschen Wirtschaft. „China und Deutschland sollten ihre pragmatische Zusammenarbeit weiter vertiefen, um Innovation gemeinsam voranzutreiben und neue Wachstumspotenziale zu erschließen“, sagt Li. Der Manager ist Geschäftsführer der Industrial and Commercial Bank of China am Standort Frankfurt. Laut Li sichern chinesische Unternehmen als strategische Investoren Arbeitsplätze in Deutschland, übernehmen hier gesellschaftliche Verantwortung und setzen sich für nachhaltige Entwicklung ein.
Mit Blick auf ihre Rolle als Arbeitgeber rechnen 41 Prozent der befragten Unternehmen mit einer stabilen Zahl an Beschäftigten, 42 Prozent wollen sogar Personal aufbauen. Nur 18 Prozent der chinesischen Unternehmen rechnen mit einem Personalabbau in Deutschland. Für das kommende Jahr erwarten 43 Prozent steigende Umsätze, 22 Prozent sogar ein Wachstum von mehr als 20 Prozent.
Unternehmen aus China sind mit vielen Innovationen weit vorn
Chinas Wirtschaft hat die Welt mit Innovationen auf dem Feld der Elektromobilität und des autonomen Fahrens erstaunt. Aber auch auf klassischen Feldern wie der Herstellung von Computerchips und der Förderung Seltener Erden hat die Volksrepublik führende Positionen aufgebaut. Ähnliche Schwerpunkte setzen chinesische Unternehmen auch für die Zusammenarbeit mit deutschen Partnern.
Die Digitalisierung nennen 51 Prozent als aussichtsreiches Feld für Kooperationen, gefolgt vom Energiesektor inklusive Batterietechnologie (48 Prozent), der Automotive-Branche, insbesondere mit der Elektromobilität, und Smart Manufacturing (35 Prozent). Laut KPMG-Fachmann Glunz investieren chinesische Unternehmen stark in Künstliche Intelligenz und Elektromobilität. „Hier bestehen Kooperationschancen für die deutsche Wirtschaft“, sagt er.
Während führende Ökonomen der deutschen Wirtschaft trotz Konjunkturpaketen nur ein Miniwachstum zutrauen, sehen 40 Prozent der befragten chinesischen Unternehmen das sogenannte Sondervermögen der Bundesregierung für die Ertüchtigung der pflegebedürftigen Infrastruktur als Chance für Geschäfte. Laut Longjian Chen, dem geschäftsführenden Präsidenten der CHKD, verfügt China über breite Erfahrung mit komplexen Infrastrukturprojekten und möchte diese in Deutschland einbringen. Immerhin zehn Prozent der befragten Unternehmen wollen sich an entsprechenden öffentliche Ausschreibungen beteiligen.