Erst
wenige Stunden ist die Nachricht alt, dass Ricarda Lang und Omid Nouripour
mitsamt des restlichen Vorstands der Grünen zurücktreten werden, und bereits jetzt
überschlagen sich die Deutungsansätze, was dieses Manöver bedeuten könnte. Kündigt
sich da etwa der Austritt der Grünen aus der Ampelkoalition an? Sind die beiden
Vorsitzenden über parteiinterne Konflikte gestürzt? Oder soll mit dem
Führungswechsel die Position von Robert Habeck gestärkt werden?
Es
ist bezeichnend, dass die Rezeptionsreflexe mittlerweile derart darauf ausgerichtet
sind, das hintersinnig taktierende Kalkül solch eines Rücktritts zu erspüren – statt ihn als das zu betrachten, was er eigentlich sein sollte: das
Übernehmen politischer Verantwortung. Die Grünen sind bei den letzten drei
ostdeutschen Landtagswahlen abgestraft worden, bundesweit liegen ihre Umfragewerte
das erste Mal seit sieben Jahren unter zehn Prozent. Sollte es angesichts
solcher Debakel nicht selbstverständlich sein, dass die Verantwortungsträger, nun
ja, Verantwortung übernehmen?