Großbritannien: Rechte Ausschreitungen einlesen dasjenige Land

Die Randalierer würden „den Preis“ für die Welle gewaltsamer Auseinandersetzungen zahlen, sagt Premierminister Keir Starmer. Die Ausschreitungen haben inzwischen ein Ausmaß erreicht, dass die Polizei im gesamten Land in Straßenkämpfe verwickelt ist. Sie scheint damit überfordert zu sein, rivalisierende Demonstrantengruppen auseinander zu halten. Beobachter sprechen von den schlimmsten Unruhen, die Großbritannien seit mehr als einem Jahrzehnt erfasst hätten.

Inzwischen gibt es hunderte von Festnahmen, und die Polizei warnt, dass die Konfrontationen ihren Höhepunkt noch nicht erreicht hätten, in den kommenden Tagen sei mit weiterer Gewalt zu rechnen. Nicht allein in England, auch in Nordirland kommt es zu Zusammenstößen zwischen einwanderungsfeindlichen Demonstranten und Gegendemonstranten, bei denen Polizisten angegriffen und verletzt werden. Innenministerin Yvette Cooper sichert den Beamten in dieser Situation die volle Unterstützung der Regierung zu. Man werde so energisch wie möglich vorgehen. „Kriminelle Gewalt und Unruhen haben auf den Straßen Großbritanniens keinen Platz“, findet sie. „Jeder, der sich an gewalttätigen Übergriffen beteiligt, muss den Preis dafür zahlen und mit Festnahme und der vollen Härte des Gesetzes – einschließlich Haftstrafen und Reiseverboten – rechnen. Jeder Gesetzesverstoß hat Konsequenzen.“

Am Wochenende wurden in Stoke-on-Trent Ziegelsteine auf Polizisten geschleudert. Feuerwerkskörper flogen während des Aufeinandertreffens von antiislamischen Gruppen und einer Anti-Rassismus-Manifestation in Belfast. Die Fenster eines Hotels in Hull, das zur Aufnahme von Migranten genutzt wird, gingen zu Bruch. Zugleich wurden drei Polizisten dabei verletzt, die Randalierer vom Eindringen in das Gebäude abzuhalten. Videoaufnahmen in sozialen Medien zeigten brennende Geschäfte in dieser Stadt.

Mehrere Beamte wurden bei vergleichbaren Unruhen im Stadtzentrum von Liverpool verletzt, bei denen Ziegelsteine, Flaschen und Fackeln geworfen wurden. Gleichzeitig teilte die Polizeiführung im Großraum Manchester mit, dass für das gesamte Stadtzentrum ein Räumungsbescheid erlassen worden sei. Es kam zu Schlägereien, als sich gegnerische Gruppen auf dem Old Market Square in Nottingham gegenüberstanden und Flaschen und andere Gegenstände von beiden Seiten flogen.

Zahlreiche Gegendemonstrationen

Ungefähr 150 Menschen skandierten in Leeds, an die Polizeistaffeln gerichtet: „Ihr seid keine Engländer mehr“, hinzu kam der Slogan: „Pädo-Muslime weg von unserer Straße“. In der gleichen Stadt verschafften sich aber auch Hunderten von Gegendemonstranten mit ihrem Ruf Gehör: „Nazi-Abschaum weg von unseren Straßen!“ In Blackpool wiederum kam es anlässlich eines Festivals zu Scharmützeln zwischen Demonstranten und Punks, wobei Flaschen und Stühle geworfen wurden.

Bei dem, was geschieht und offenbar nur schwer einzudämmen, ist, handelt es sich um die erste große Herausforderung für die neue Labour-Regierung von Keir Starmer. Er sieht sich mit der Forderung konfrontiert, Notstandsbefugnisse einzuführen, um weitere Gewalt zu stoppen. Offenkundig wurde sie davon überrascht, dass sich Hass und Gewalt als Ergebnis sozialer Spannungen in dieser Explosivität und mit einer solchen Rasanz entladen. Binnen 48 Stunden sind Kleinstädte, aber auch Metropolen von den Unruhen erfasst.

Lord Walney, unabhängiger Berater der Regierung, ist der Auffassung, dass möglicherweise neue Notstandsbefugnisse erforderlich seien, um der Lage Herr zu werden. „Das System ist nicht darauf eingestellt, mit dieser anhaltenden Volksverhetzung umzugehen, die von rechtsextremen Akteuren angeheizt wird. Ich denke, die Regierung sollte sich dringend mit einem neuen Notfallrahmen befassen – womöglich vorübergehender Natur –, der die Polizei autorisiert, durch ihre Maßnahmen zu verhindern, dass sich Menschen an Orten versammeln, an denen eindeutig die Absicht besteht, gewalttätige Unruhen zu schüren.“

Auslöser sind Desinformationen zum Tod dreier Mädchen in Southport

Keir Starmer beeilte sich, bei alldem deutlich zu machen, dass „das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Gewaltszenen der vergangenen Tage zwei sehr unterschiedliche Dinge“ seien.

Anlass der Unruhen war der Mord an drei jungen Mädchen bei einem Tanzkurs in Southport. Der 17-jährige Axel Rudakubana aus Lancashire, wird der Tat beschuldigt, zugleich wurde über soziale Kanäle die falsche Behauptung verbreitet, dass es sich bei diesem Verdächtigen um einen Asylbewerber handele, der mit dem Boot nach Großbritannien gekommen sei. Daraufhin strömten rechtsextreme Demonstranten nahezu im gesamten Land zusammen.

Ein Grund dafür, dass eine solche Desinformation im Netz so wirkungsvoll lanciert werden können, sei die Entscheidung von Elon Musk gewesen, rechten Aktivisten wie Tommy Robinson die Rückkehr auf seine Social-Media-Plattform X zu ermöglichen, ist Joe Mulhall überzeugt, Forschungsdirektor bei Hope not Hate, der Antifaschismus-Organisation. „Die anfängliche Desinformation und der Zorn gingen beispielsweise von Personen auf Twitter aus, denen zuvor die Plattform entzogen worden war“, sagte er. „Und jetzt konnten sie sich neu aufstellen.“

AktivistenAntifaschismusAsylbewerberAxelBeamteDesinformationElonEnglandFestivalsFestnahmeGehörGesetzesGewaltGroßbritannienHotelsJoeKeirMANManchesterMedienMetropolenMigrantenMordMuskMuslimeNaturNotPersonenPolizeiRassismusRechtRegierungStarmerTodTwitterVolksverhetzungZorn