Gretchenfrage: Verleugnet sich dies BSW selbst, um koalitionstauglich zu werden?


Trotz Ablehnung muss auch Sahra Wagenknecht und dem BSW zugestanden werden, sich branchenüblich zu verhalten

Foto: Tamir Kalifa/Getty Images


Sahra Wagenknecht wird zwar nicht, wie in ihrer alten Partei, mit Torten beworfen – doch es ergießen sich Kübel voller Schmähungen über ihr. In der Friedensfrage leitet sie aus einem Wählervotum einen politischen Auftrag ab. Darf sie das?

Was hat man sich abgestrampelt, den Ostdeutschen am 3. Oktober inständig zu versichern, sie würden jetzt mehr respektiert. Man gedenke, ihre Interessen, ja, selbst ihre Stimmungen wahr-, wenn nicht gar ernst zu nehmen. Der Beweis dafür ist schneller fällig als gedacht. Die Wahlergebnisse in Thüringen, Sachsen und Brandenburg erheben die Regierungssuche zum kreativen Akt.

Als Erneuerer gefragt ist auch das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), das mit seinen Friedensbotschaften viele Wähler überzeugt hat. Was kann demokratischer sein, als deren Willen zu genügen, statt ihn zu betrügen? So will das BSW die Ablehnung von US-Mittelstreckenraketen auf deutschem Boden und ein Diplomatie-Gebot in Sachen Ukraine in die Präambel eventueller Koalitionsverträge verhandeln.

Statt dafür gelobt zu werden, wird Wagenknecht zwar nicht mit Torten beworfen wie in ihrer alten Partei, doch ergießen sich kübelweise Schmähungen über ihr. Wie kann man sich erdreisten, aus der Kriegsfurcht seiner Wähler einen politischen Auftrag abzuleiten? Das BSW möge gefälligst dem Mantra folgen, das die repräsentative Demokratie wie ein Vaterunser verinnerlicht hat: Der Wähler darf dem Politiker nicht vorschreiben, was er tun soll. Wo käme man da hin? Vielleicht nicht dorthin, wo die AfD sich immer mehr ausbreitet?

Wagenknecht und dem BSW wird zugemutet, sich Selbstbeschränkung aufzuerlegen und mit der Friedensfrage ein Thema zu vernachlässigen, das ihr Selbstverständnis ausmacht. Was soll der Vorwurf, Wagenknecht plustere sich damit nur auf, weil sie schon auf die Bundestagswahl schiele? Welch tiefe Verbeugung vor dem Gleichheitsgrundsatz. Dann bitte auch von CDU/CSU verlangen, sich bis September 2025 das Thema Migration zu verkneifen.

Man muss dem BSW schon zugestehen, sich branchenüblich zu verhalten. Das heißt, für seine Wähler und für sich als Partei herauszuholen, was möglich ist, bevor Koalitionen eingegangen werden. Das sollte Kompromisse nicht ausschließen, aber stets die Frage einschließen, ob man sie verkraftet. Wie war das? Mehr Respekt gegenüber Ostdeutschen?

Dann auch gegenüber einer ostdeutschen Politikerin, die ihr taktisches Geschick nicht deshalb verleugnen kann, weil politische Gegner damit weniger gesegnet sind.

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