Grant Thornton und Cinven: „Das Interesse von Private Equity war immens“

Mit dem Einsteig des Finanzinvestors Cinven sollen perspektivisch alle Partnerinnen und Partner des Prüfungs- und Beratungsunternehmens Grant Thornton Ei­genkapital erhalten und an Wertsteigerungen partizipieren. „Die Gesamtzahl der beteiligten Partner wird sich dadurch auf rund 170 in etwa ver­doppeln“, sagt Heike Wieland-Blöse, Sprecherin des Vorstands von Grant Thornton in Deutschland. Auch sei geplant, künftige weitere Mitarbeitergruppen zu beteiligen.

Beteiligungen von Finanzinvestoren sorgen gerade für Aufregung in der Prüfungs- und Beratungsbranche. Der Einstieg von Cinven bei Grant Thornton ist dafür nur ein Beispiel, etwa neben der Finanzierung der Steuerberatung WTS durch den Investor EQT . Manche Beobachter fürchten um die Unabhängigkeit und Selbst­bestimmtheit von Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern, da Finanzinves­toren Gewinn erzielen wollen. Andere sehen solche Beteiligungen als Notwendigkeit und Chance, um die kapitalintensive technologische Trans­formation der Branche zu bewältigen. Darüber sprach die F.A.Z. mit der Wirtschaftsprüferin und Steuerberaterin Heike Wieland-Blöse.

Investiert Private Equity nachhaltig?

Wie schnell will Cinven bei Grant Thornton Rendite sehen? Der typische Zeithorizont für Private Equity beträgt laut Wieland-Böse fünf bis sieben Jahre. Das sei deutlich länger und nachhaltiger als der Fokus auf jähr­liche Ausschüttungen in den klassischen Partnerschaftsmodellen der Prü­fer- und Beraterbranche. Die Rendite des Investors sei umso höher, je erfolgreicher sich das Unternehmen während der Anlagezeit entwickle. Der Unternehmenswert von Grant Thornton könne durch Investitionen in neue Technologien, Wachstum und Qualität signifikant steigen.

Für den Investor sei Grant Thornton nicht nur wegen des Beratungs­geschäfts attraktiv. Die Wirtschaftsprüfung mache derzeit rund 40 Prozent des gesamten Umsatzes von Grant Thornton in Deutschland aus. „Sie hat also eine hohe Bedeutung und ist auch ökonomisch interessant, weil die Einnahmen stabiler sind als im zyklischen Beratungsgeschäft“, sagte Wieland-Blöse. Grundsätzlich verfügten alle vier Geschäftsbereiche über signifikantes Wachstumspotential, also auch die Unternehmens-, Steuer- und Rechtsberatung.

Die Wirtschaftsprüferin und Steu­erberaterin Wieland-Blöse arbeitet seit 30 Jahren beim Unternehmen und ist seit Oktober 2023 Sprecherin des Vorstands. Die deutsche Mitglieds­gesellschaft des internationalen Prüfungs- und Beratungsnetzwerks Grant Thornton ging aus dem Familienunternehmen Warth & Klein hervor. Seither hat sich die Welt der Prüfer und Berater verändert. „Unsere Branche durchläuft eine tiefgreifende Transformation“, sagte Wieland-Blöse. Die wesentlichen Schlagworte für die Branche heißen nun Digitalisierung und Künstliche Intelligenz. Wer bei diesen Themen führend sein wolle, brauche Know-how, Finanzkraft und eine gewisse Unternehmensgröße. „Insgesamt zählt Größe in unserer Branche viel stärker als früher“, sagte Wieland Blöse.

Welche Optionen bestehen als Alternative zu Private Equity?

In einem Strategieprozess habe das Unternehmen alle Optionen geprüft, um sich im Marktumfeld bestmöglich für die Zukunft aufstellen zu können. Diskutiert wurden verschiedene Ansätze, von organischem Wachstum, über mögliche Zusammenschlüsse bis hin zum Einstieg eines Investors. „Das Interesse von Private Equity war enorm“, sagte Wieland-Blöse. Am Ende habe Grant Thornton sich für Cinven entschieden, weil der Investor nicht nur ökonomisch, sondern auch kulturell gut zum Unternehmen passe. Cinven sei als europäisches Private-Equity-Haus ein unternehmerisch geprägter Partner des Mittelstands und teile die Werte von Grant Thornton hinsichtlich Qualität, Unabhängigkeit und Integrität.

An der Eigenständigkeit und Un­abhängigkeit soll sich durch den Einstieg von Cinven nichts ändern. „Die Entscheidungshoheit, welche Aufträge wir annehmen oder nicht, haben wir auch künftig selbst“, sagte Wieland-Böse. Selbstverständlich bestehe mit Cinven absolute Einigkeit da­rüber, dass höchste Qualität, fachliche Ex­zellenz und die konsequente Einhaltung aller regulatorischen An­for­derungen und Berufsgrundsätze Voraussetzung für den gemeinsamen Erfolg seien.

Ohnehin seien Unab­hängigkeit und Qualität durch das strenge Berufsrecht für Wirtschaftsprüfer und die geltenden nationalen und inter­nationalen Qualitätsmanagementstandards gesichert. Dies gelte für alle Prüfer und Prüfungs­gesellschaften. „Das ist Kern unseres Geschäftsmodells und wird auch so bleiben“, sagte Wieland-Blöse.

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