Gorillas steht wohl vor Verkauf an Konkurrenten Getir

Der Berliner Lebensmittellieferdienst Gorillas steht nach F.A.Z.-Informationen unmittelbar vor einem Verkauf an den direkten Konkurrenten Getir. Zuerst hatte die Nachrichtenagentur Bloomberg darüber berichtet. Ein Eckdatenpapier über den Verkauf ist Brancheninsidern zufolge bereits vergangene Woche unterschrieben worden. Dennoch ist der Verkauf noch nicht vollständig abgeschlossen und könnte noch scheitern. Gorillas und Getir wollten sich zu einem möglichen Deal nicht äußern.

Insidern zufolge dürfte die Bewertung von Gorillas dabei unter einer Milliarde Euro liegen – und damit deutlich unter dem Wert des Start-ups Ende vergangenen Jahres. Dort schrieben Investoren dem Unternehmen einen Wert von mehr als 2 Milliarden Euro zu. Die Eigentümer von Gorillas würden bei dem im Raum stehenden Deal teilweise in Getir-Aktien und zum Teil in bar bezahlt werden.

Für Getir wäre eine Übernahme von Gorillas die Chance, in Europa Fuß zu fassen. Der türkische Branchenpionier existiert seit 2015, stieg aber erst deutlich später in den europäischen Markt ein. Seit 2021 fahren die Lieferanten des Unternehmens auch auf deutschen Straßen Lebensmittel aus. Im März sammelte Getir knapp 700 Millionen Euro ein, kam dabei auf eine Bewertung von mehr als 10 Milliarden Dollar. Doch bislang tat sich Getir eher schwer, den etablierten Start-ups Gorillas und Flink Marktanteile abzujagen.

Rabattschlachten mit Millionenkosten

Gorillas wurde 2020 mitten in der Pandemie mit dem Versprechen gegründet, Supermarktartikel innerhalb von zehn Minuten vor die Haustür zu liefern. Zunächst war die Euphorie groß, Gorillas expandierte aggressiv in neue Märkte. Doch der Wettbewerb auf dem Markt ist hart. Um Kunden zu gewinnen, tragen die Lieferdienste Rabattschlachten aus. Das kostet sie viel Geld. Die gesamte Branche ist bislang nicht profitabel und kämpft mit steigenden Zinsen, die es den Unternehmen erschweren, an frisches Geld zu kommen. Die hohe Inflation macht die Kunden zudem sparsamer. Marktkenner halten eine Konsolidierung deshalb für unausweichlich.

Gorillas hatte schon im Mai 300 Beschäftigte in der Verwaltung entlassen, die Hälfte der Mitarbeiter dort. Zudem gab das Unternehmen bekannt, sich aus vier Märkten zurückzuziehen und sich auf die Kernmärkte in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, den Niederlanden und den USA zu konzentrieren.

Gorillas kündigte zudem im Februar an, noch einmal 630 Millionen Euro einsammeln zu wollen. Dabei hatte das Unternehmen erst wenige Monate zuvor eine Finanzierungsrunde über 860 Millionen Euro abgeschlossen. Die Suche nach Investoren gestaltete sich allerdings schwierig. Über den Sommer soll Gorillas mit verschiedenen Interessenten über eine Finanzspritze oder einen Verkauf verhandelt haben.

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