Gleichwertigkeitsbericht: So unterschiedlich sind die Lebensverhältnisse in Deutschland

Viele Bürgerinnen und Bürger sehen Verbesserungsbedarf bei ihren Lebensverhältnissen. Das geht aus dem ersten Gleichwertigkeitsbericht der Bundesregierung (PDF) hervor. Die Befragten beklagten demnach etwa
Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche, Mängel im Gesundheitssystem und schlechte Verkehrsanbindungen. 

Dem Bericht zufolge zeigten sich Unterschiede zwischen
Ost- und Westdeutschland, aber auch zwischen Städten und ländlichem
Raum. Etwa jeder Fünfte habe den Eindruck, „dass es sich in der eigenen
Region

schlechter lebt als in anderen Teilen Deutschlands“. Dieser Eindruck sei
in ostdeutschen Regionen am stärksten, aber auch im Westen gebe es
Kritik an der Lebensqualität. Umgekehrt sagten aber auch 28 Prozent der
Befragten laut Bericht, in ihrer Heimat lebe es sich besser als
anderswo. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sagte bei der Vorstellung des Berichts, dass sich die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse insgesamt verbessere. Außerdem zeige der Bericht, dass die Entwicklung nicht auseinanderklaffe: „Die Schere schließt sich.“

Die Herstellung gleicher Lebensverhältnisse ist im Grundgesetz
verankert. Der Bericht
soll Unterschiede zwischen den Regionen sichtbar machen und aufzeigen,
wie wirksam die Fördermaßnahmen zu ihrem Abbau sind. Für den Bericht
wurden Daten zur Einschätzung der Lebensqualität gesammelt, von der
Luftqualität über die Zahl der Kitaplätze bis zur
wirtschaftlichen Stärke einer Region. Zudem wurden Menschen in allen
400 Landkreisen und kreisfreien Städten Deutschlands befragt. Der Vergleich von subjektiver Einschätzung und den vorliegenden Daten sollen ein genaues Bild von der
Lebensqualität in allen Regionen ermöglichen.

Besonders wichtig bewerteten die Befragten laut Bericht eine gute Gesundheits- und
Pflegeversorgung vor Ort, bezahlbares Wohnen, Sicherheit und einen guten
Zustand von Natur und Umwelt.

Wohnen

Mehr als acht von zehn Befragten finden es dem Bericht zufolge schwer,
bezahlbaren Wohnraum zu finden. In Großstädten gaben 60 Prozent der Befragten an, dass sie es Schwierigkeiten hätten, eine Wohnung zu finden, die sie sich leisten können. In weniger dicht besiedelten Regionen wird die Lage etwas entspannter bewertet als in den Metropolen.

Die Baulandpreise sind demnach zwischen 2013 und 2022 in vielen Regionen gestiegen. Dabei haben sich regionale Unterschiede noch weiter verschärft. Am stärksten seien die Preise bei den zehn Prozent der Kreise und kreisfreien Städte gestiegen, die
bereits 2013 die höchsten Preise verzeichnet hatten. Dem Bericht zufolge gab es hier einen Anstieg von 165 Prozent. In
den Kreisen mit den geringsten Baulandpreisen sei der Anstieg mit einem Plus von 59
Prozent zwar ebenfalls hoch, falle aber deutlich geringer aus.

Gesundheitsversorgung

Auch mit dem Gesundheitssystem sind viele
Befragte nicht zufrieden. 41 Prozent sehen dem Bericht zufolge eine
Verschlechterung der gesundheitlichen und pflegerischen Versorgung in
den vergangenen fünf Jahren.

Auf dem Land sind die Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen demnach deutlich schlechter zu erreichen als in der Stadt. Außerdem gebe es in städtischen Kreisen
deutlich mehr Hausärzte.

Bei der Lebenserwartung zeigen sich deutliche regionale Unterschiede. Laut Bericht ist die
Lebenserwartung im Westen höher als im Osten sowie – wenn auch weniger stark
ausgeprägt – im Süden höher als im Norden.

Schulen und Kitas

Nur 43 Prozent der Befragten bewerteten die Qualität der
Schulen demnach als gut. Bei Kitas und Ganztagsangeboten waren nur 39
Prozent zufrieden. Die Schulen sind dem Bericht zufolge gut zu erreichen. In Großstädten betrug die Entfernung zur Schule im Schnitt 3,1 Autominuten, in dünn besiedelten Regionen 7,2 Minuten.

Dreiviertel der Befragten bemängelten fehlende Bildungs- und
Betreuungsmöglichkeiten für Kinder unter
drei Jahren. Die regionalen Unterschiede bei der Versorgung mit Kitaplätzen sind weiter groß. Insbesondere bei der
Betreuung der Kinder im Alter unter drei Jahren zeigen sich klare Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland. Aber auch bis zum Schuleintritt ist der Vorsprung des Ostens bei der Zahl der
betreuten Kinder immens.

Bevölkerungsentwicklung

Viele ostdeutsche Kreise – größere Städte
ausgenommen – verzeichnen dem Bericht zufolge sehr starke Rückgänge bei der
Bevölkerungsentwicklung. Die Herausforderungen „für eine
räumlich ausgewogene wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung“
würden auch in Zukunft groß bleiben, heißt es.

Im Osten Deutschlands leben, mit Ausnahme der Metropolregion Berlin, deutlich mehr alte Menschen. Auch der Stadt-Land-Unterschied
bei der Zahl der Einpersonenhaushalte hat sich demnach weiter verstärkt. 

Positive Effekte auf die Bevölkerungsentwicklung hat demnach die Zuwanderung. „Die Zuwanderung
wirkt auf alle Kreise Deutschlands als stabilisierender Faktor für die
Bevölkerungszahl“, heißt es in dem Bericht.

Wirtschaft

In
Wolfsburg als kreisfreier Stadt, in der VW ansässig ist, liegt das Bruttoinlandsprodukt je erwerbstätiger Person dem Bericht zufolge bei 153.538 Euro. Am anderen Ende der Skala, im Erzgebirgskreis, beträgt der Wert hingegen nur 56.698 Euro.

Beim
kommunalen Steueraufkommen je Einwohnerin oder Einwohner ist die
Diskrepanz zwischen wohlhabenden und armen Regionen noch einmal deutlich
größer. Mainz liegt mit 3.872 Euro deutlich vorn. Auf dem letzten Platz liegt Mansfeld-Südharz mit 656 Euro. Hinsichtlich der Lebensqualität spielen die Steuereinnahmen einer Stadt oder Gemeinde eine bedeutende Rolle. Davon hängen etwa die Möglichkeiten zur Verbesserung von Infrastruktur und Daseinsvorsorge ab.

In den meisten süddeutschen Kreisen war die Arbeitslosigkeit dem Bericht zufolge besonders niedrig. In vielen Gemeinden lag die Arbeitslosenquote bei unter zwei Prozent; damit wurde Vollbeschäftigung erreicht. Im Ruhrgebiet und in Bremen ist die Arbeitslosenquote hingegen überdurchschnittlich hoch. In den ostdeutschen Flächenkreisen liegt die Arbeitslosenquote demnach höher als im Westen. In den letzten zwanzig Jahren ist der Wert jedoch deutlich gesunken.    

Hinsichtlich der staatlichen Unterstützung haben sich die regionalen Unterschiede reduziert. Es
bleibt aber ein Nord-Süd-Gefälle mit niedrigen Werten im prosperierenden
Süden. In Großstädten war die Zahl der Menschen, die staatliche Unterstützung erhielten, fast doppelt so hoch wie in ländlichen Regionen und kleineren Städten.

Deutschlandweit wurden Männer besser entlohnt als Frauen. Im Osten ist der Abstand dem Bericht zufolge allerdings viel kleiner als im Westen. In ländlichen Regionen hat sich kaum etwas verändert. In
städtisch geprägten Regionen hingegen schrumpfte der Gender-Pay-Gap.

Sicherheit

Die Zahl der Straftaten ist im Untersuchungszeitraum Bundesdurchschnitt zurückgegangen. Tendenziell sind Städte häufiger von Kriminalität betroffen. Das schlägt sich auch bei der Lebensqualität nieder. „Finden an einem Ort gehäuft Straftaten statt, hat dies tendenziell ein eingeschränktes Sicherheitsgefühl und eine verminderte Lebensqualität zur Folge“, heißt es in dem Bericht.

Klima und Umwelt

Die
Belastung der Luft mit Stickstoffdioxid ist dem Bericht zufolge deutschlandweit zurückgegangen. Demnach haben sich aber „die
regionalen Unterschiede – ähnlich wie bei der Feinstaubbelastung –
zwischen 2013 und 2022 vergrößert“. In den Ballungsgebieten sei die Belastung besonders hoch. „Sind Menschen dauerhaft einer höheren Feinstaubkonzentration in der Luft ausgesetzt, birgt das gesundheitliche Risiken – beispielsweise für die Atemwege oder das Herz-Kreislauf-System“, heißt es in dem Bericht.

Der Anteil an bewaldeten Flächen ist in Städten und Ballungsräumen dem Bericht zufolge erwartungsgemäß besonders gering. Gleichzeitig ließ sich dem Bericht zufolge ein erkennbarer Unterschied zwischen Nord- und Süddeutschland feststellen. Im Norden sind mehr Moore und Heidelandschaften zu finden.

Mobilität

Verkehrsanbindungen und Mobilitätsangebote bewerten dem Bericht zufolge nur 44
Prozent als gut. 38 Prozent der Menschen sagten, sie
würden durch Staus in ihrem Alltag behindert.

Nichtsdestotrotz zeigten sich die Menschen grundsätzlich zufrieden mit ihren Lebensverhältnissen. „Die
Ergebnisse der Bevölkerungsumfrage belegen, dass die Menschen in
Deutschland weit überwiegend sowohl mit ihrem Leben insgesamt als auch
mit
ihrer Wohnsituation eher oder sogar sehr zufrieden sind“, heißt es in dem Bericht. In
Ostdeutschland ist die Zufriedenheit im Schnitt etwas geringer als im
Westen.

Der Bericht wurde vom Wirtschafts- und Innenministerium erarbeitet. Damit setzt die Ampelregierung ein Vorhaben aus
dem Koalitionsvertrag um.

Mit Material der Nachrichtenagentur AFP.

Viele Bürgerinnen und Bürger sehen Verbesserungsbedarf bei ihren Lebensverhältnissen. Das geht aus dem ersten Gleichwertigkeitsbericht der Bundesregierung (PDF) hervor. Die Befragten beklagten demnach etwa
Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche, Mängel im Gesundheitssystem und schlechte Verkehrsanbindungen. 

Dem Bericht zufolge zeigten sich Unterschiede zwischen
Ost- und Westdeutschland, aber auch zwischen Städten und ländlichem
Raum. Etwa jeder Fünfte habe den Eindruck, „dass es sich in der eigenen
Region

schlechter lebt als in anderen Teilen Deutschlands“. Dieser Eindruck sei
in ostdeutschen Regionen am stärksten, aber auch im Westen gebe es
Kritik an der Lebensqualität. Umgekehrt sagten aber auch 28 Prozent der
Befragten laut Bericht, in ihrer Heimat lebe es sich besser als
anderswo. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sagte bei der Vorstellung des Berichts, dass sich die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse insgesamt verbessere. Außerdem zeige der Bericht, dass die Entwicklung nicht auseinanderklaffe: „Die Schere schließt sich.“

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