Unter Eindruck des Vorgehens der US-Regierung gegen Gleichstellungspolitik haben die Schweizer Pharmakonzerne Novartis und Roche ihre Vorgaben zur Diversität bei der Einstellung neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den USA gestrichen. „Angesichts dieser Veränderungen in Bezug auf die Rahmenbedingungen im Bereich Vielfalt, Chancengleichheit und Inklusion in den USA (…) werden wir die Verwendung diverser Kandidatenlisten und Auswahlgremien im Einstellungsprozess für alle Positionen in den USA einstellen“, teilte der Arzneimittelhersteller mit Sitz in Basel auf Anfrage der Nachrichtenagentur Reuters mit.
Novartis begründete den Wechsel in der Einstellungspolitik daneben mit der „Verfügbarkeit fortschrittlicher Technologien“, erklärte aber nicht, was damit konkret gemeint ist. „Dabei bleiben wir unserem grundlegenden Ziel treu und konsequent: die besten Talente einzustellen und mögliche Benachteiligungen im Auswahlprozess zu reduzieren“, teilte der Konzern weiter mit.
„Höchstleistungen“ statt „Entfaltung“ als Ziel
Roche bezog sich noch direkter als Novartis auf die Politik der US-Regierung. „Seit der Veröffentlichung dieser Exekutivanordnungen haben wir unsere Richtlinien und Praktiken eingehend überprüft, um sicherzustellen, dass wir die neuen US-Anforderungen weiterhin erfüllen“, zitiert Reuters aus einer der Agentur vorliegenden internen Mitteilung des Unternehmens.
Die Änderungen beträfen nicht nur die US-Tochter Genentech, sondern würden weltweit Auswirkungen haben. Roche begründete das in dem internen Schreiben damit, dass „unsere globalen Programme und Ziele Auswirkungen auf unsere US-Organisationen haben können, wenn wir die neuen Gesetze nicht einhalten“. Das personalbezogene Zehnjahresziel würde in „Förderung eines integrativen Umfelds, das Menschen zu Höchstleistungen anspornt“ geändert. Bislang hatte der Konzern angestrebt, in seiner Belegschaft „die Vielfalt der Weltbevölkerung“ zu spiegeln und eine „Arbeitsumgebung (zu) schaffen, in der sich alle entfalten können“.
Mit den von Roche zitierten Exekutivanordnungen sind Dekrete von US-Präsident Donald Trump gemeint, die der Gleichstellungspolitik in US-Behörden ein Ende setzen sollen. Eine wachsende Zahl von Unternehmen, nicht nur in den USA, hat ebenfalls auf dieses Vorgehen reagiert. So beendete auch die Schweizer Großbank UBS entsprechende Programme. Im Februar kündigte der britische Arzneimittelhersteller GSK an, sich keine Diversitätsziele setzen zu wollen.
Digitalkonzerne reagierten als Erste auf neue US-Politik
Zu den ersten Großkonzernen, die Trumps Politik in diesem Bereich folgten, waren die großen Digitalkonzerne Meta, Alphabet sowie der Autohersteller Ford und die Kaffeehauskette Starbucks. Meta-Chef Mark Zuckerberg hatte kurz vor Trumps Amtsantritt darüber hinaus sein Vorgehen gegen die Verbreitung von Desinformation und Hassrede auf seinen Plattformen Facebook und Instagram drastisch gelockert. Dabei folgte Meta dem Beispiel der Plattform X von US-Milliardär und Trump-Berater Elon Musk, der diesen Trend lange vor Trumps Wahlsieg und kurz nach seinem Kauf der ehemals als Twitter bekannten Plattform initiierte.
Dass auch Konzerne mit Sitz außerhalb der USA sich dem Trend anpassen, dürfte an der Bedeutung des US-Markts liegen. Im Gesundheitsbereich ist die Rolle der USA besonders groß: So erzielte Roche dort im vergangenen Jahr mehr als die Hälfte seines Umsatzes. Zudem beschäftigte der Konzern in Nordamerika rund ein Viertel seiner weltweit 101.000 Angestellten. Auch für Novartis ist der US-Markt hinsichtlich Umsatz und Anteil der Beschäftigten ähnlich bedeutend.
Transparenzhinweis: Eine frühere Fassung dieser Meldung konnte so verstanden werden, dass die Änderungen bei Novatis weltweit gelten. Tatsächlich beziehen sie sich auf die Aktivitäten des Unternehmens in den USA.