Glaubwürdigkeit | Schöner lügen: Mythen, Mumpitz, Mogelpackungen

Glaubwürdigkeit | Schöner lügen: Mythen, Mumpitz, Mogelpackungen

Migration als Mutter aller Probleme?

Welcher dieser Sätze ist wahr: a) „Friedrich Merz musste seine migrationspolitische Wende mit den Stimmen der AfD beschließen“, b) „Im Wahlkampf spielte Migration eine große Rolle, weil das Thema Menschen Sorgen macht“ oder c) „Im Wahlkampf kam das Thema Migration fast überhaupt nicht vor“? Die Antwort ist natürlich: c).

Denn die größte Lüge, die wir uns in den vergangenen Monaten erzählten, ist die, dass gegen Anschläge von Einzeltätern eine Verschärfung der Asylpolitik helfen könnte. Und dass zweitens eine massive Begrenzung der Möglichkeit, in Deutschland Asyl zu beantragen, etwas mit Migrationspolitik zu tun habe.

Tatsächlich bräuchte dieses Land, will es auch weiterhin seine Kranken und Alten pflegen, will es das Rentensystem stützen und keine Republik der Methusalems werden, die Einwanderung von mindestens 400.000 Menschen – pro Jahr. Wir sollten uns ehrlich machen. Und das Thema Migration nicht die ganze Zeit mit anderen Themen wie Asylpolitik oder Sicherheitspolitik vermischen, bis ein ungenießbarer Politbrei entsteht. Pepe Egger

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Die Bundeswehr ist kaputtgespart?

Im Januar gab der grüne Spitzenkandidat Robert Habeck dem Spiegel ein vielzitiertes Interview. Dort wiederholte er ein unter deutschen Politikern beliebtes Märchen: Die Bundeswehr sei in den letzten Jahren „runtergewirtschaftet“ worden. Er forderte, 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für die Verteidigung auszugeben.

Die Wahrheit ist: Kein Bereich ist in den letzten zehn Jahren stärker gewachsen als der Verteidigungshaushalt. 2023 lag Deutschland bei den Rüstungsausgaben weltweit auf Platz sieben. Mit umgerechnet 56 Milliarden US-Dollar gibt Deutschland für seine Truppe mehr aus als jedes andere Land in Europa (abgesehen von Großbritannien). Wo wurde da was „kaputtgespart“?

Wenn die GroKo jetzt Militärausgaben, die über einem Prozent des BIP liegen, von der Schuldenbremse ausnimmt, ist das verrückt. Man will ihnen zurufen: Steckt das Geld nicht in Aufrüstung, sondern in die Bekämpfung der globalen Hungerkrise! Mit 14 Milliarden Dollar könnte man dort die größte Not lindern, sagen Experten. Das entspricht den weltweiten Rüstungsausgaben von zwei Tagen. Dorian Baganz

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Der demokratische Konsens bleibt?

„Mit der AfD arbeiten wir nicht zusammen. Nicht in den Parlamenten, nicht in den Kommunalvertretungen“, so sprach CDU-Chef Merz noch 2023 über die Beschlusslage der CDU. Im November 2024 schlug er nach dem Bruch der Ampel sogar vor: „Wir sollten vereinbaren, dass wir nur die Entscheidungen auf die Tagesordnung des Plenums setzen, über die wir uns zuvor mit Ihnen von der SPD und den Grünen in der Sache geeinigt haben.“

Die Begründung: „Das hätten diese Damen und Herren von rechts außen doch gern, dass sie plötzlich die Mehrheiten besorgen.“ So weit der demokratische Grundkonsens. Am 24. Januar war von diesem absoluten Minimum nichts mehr übrig: Merz versprach nach der Messerattacke von Aschaffenburg, Anträge einzubringen, und zwar „unabhängig davon, wer ihnen zustimmt“.

Wer sich am 29. Januar schließlich freuen durfte, die Mehrheit besorgt zu haben: ebenjene Damen und Herren von rechts außen. Wer angesichts dieser Aussagen dastand wie einer, den wie Adenauer sein Geschwätz von gestern nicht interessiert: Friedrich Merz. Carlos Hanke Barajas

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Bauen, bauen, bauen oder blockieren?

Augenwischerei ist die Politik der SPD (und der Union) in Bezug auf die Wohnungsnot. Das Credo der SPD: „Bauen, bauen, bauen“, wird als Hauptlösung gegen explodierende Mieten verkauft. Doch das Ziel von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr wurde unter Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) jährlich um über 100.000 verfehlt. Dazu ist der angebliche Zusammenhang zwischen Neubau und sinkenden Mieten falsch.

Selbst intensiver Wohnungsbau stoppt den starken Mietanstieg in den Großstädten nicht. Warum? Weil vor allem gebaut wird, was Profit bringt: geräumige Wohnungen für Besserverdienende, während dringend benötigte bezahlbare Apartments fehlen. Selbst neue Sozialwohnungen ändern da nichts – ihre Zahl hat sich seit 2006 ungefähr halbiert.

Doch anstatt konsequent gegenzusteuern, werden SPD und Union in einer Koalition wohl eher blockieren, statt Lösungen wie Mietendeckel, Investitionen in gemeinwohlorientierte Wohnungsunternehmen oder, wie in Berlin, den Volksentscheid zur Vergesellschaftung großer Wohnkonzerne umzusetzen. Mathis Sieblist

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Lohnt sich Vollzeit für die Rente?

Es ist ein linker, feministischer Trugschluss, darauf zu beharren, dass die zunehmende Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt die Rente für Frauen sichert. Also auf der Idee zu beharren, dass frau ihr Leben lang in Vollzeit ohne nennenswerte Pause als Arbeitskraft zur Verfügung stehen sollte und sich, selbst wenn sie Mutter wird, keinen Schlendrian erlauben muss, also weiter im Workflow ackern darf, weil eine flächendeckende, ganztägige Kinderbetreuung gewährleistet ist.

Die Emanzipation auf dem Arbeitsmarkt, das hat Oliver Nachtwey in Die Abstiegsgesellschaft schon 2016 brillant analysiert, funktioniert zwar vertikal, weil immer mehr Frauen oben mitspielen und dort vielleicht eine Rente erwirtschaften, aber eine Frau mit Durchschnittsgehalt kann noch so lange an der Kasse sitzen.

Denn in unteren Gehaltsklassen, bei verlässlich sinkender Rentenquote, rentiert sich der Struggle bekanntlich nicht, weil trotzdem Altersarmut garantiert ist. Es braucht eine „Rentenrevolution“ meinte Heidi Reichinnek neulich in einem Reel. So wahr, sie wird nicht kommen. Katharina Schmitz

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