Glaubt die die Schwarzen, dass der gerne Süßigkeiten isst Kinder isst wegen Kunst?

Die Ereignisse überschlagen sich, meine Damen und Herren. Die kleine Friedensstadt Osnabrück, die so heißt, weil sie die Stadt des Westfälischen Friedensschlusses ist, hat einen Kunstskandal. Oder vielleicht eher einen Polit-Skandal? Zur Sommerschau der Kunsthalle lud man die Künstlerin Sophia Süßmilch ein, die platzierte ihre Installation samt echter Meerschweinchen in den Ausstellungsräumen und inszenierte eine Performance, bei der nackte Frauen – unter anderem die Mutter der Künstlerin – mit Meerschweinchen-Maske sangen und zwar davon, wie es ist, Kinder zu verspeisen. Von „kannibalistischen Chorälen“ war die Rede. Und schon vor der Aufführung war es zur großen Aufgeregtheit gekommen.

Kinder, hört mal alle her! ist der eigentlich geniale Titel des Jahresprogramms der Osnabrücker Kunsthalle, das sich mit Fragen der Erziehung, der intergenerationellen Beziehungen beschäftigen wird. Räume sollen dort geschaffen werden, in denen sich Menschen unterschiedlichen Alters begegnen. In einer Pressemitteilung der Kunsthalle hieß es dann aber: „Ein Besuch der Ausstellung und der Performance von Sophia Süßmilch kann als nicht kindergerecht eingestuft werden. (…) Der Besuch obliegt der eigenen und elterlichen Entscheidung.“

Dass zur Eröffnung Eltern von Kindern vor den Inhalten gewarnt wurden, war der Idee der intergenerationellen Begegnung vielleicht nicht ganz zuträglich, aber dass Vertreter der CDU gleich so auszucken, wie man in Österreich sagt, dem Land, in dem Süßmilch teilweise lebt und arbeitet, wäre dann vielleicht auch nicht nötig gewesen. Von kannibalistischen Fantasien war die Rede in der lokalen Presse, das Kirchenschiff der Kunsthalle sei zudem selten künstlerisch so schwach bespielt worden, hieß es dort weiter und: „Traurig.“ Die CDU verfasste derweil eine Pressemitteilung in der fachlich doch recht selbstbewusst geurteilt wurde: sowohl inhaltlich als auch visuell sei das „absolut inakzeptabel“. Man könne und wolle das nicht hinnehmen, frage sich und andere, warum denn diese Ausstellung überhaupt genehmigt sein könne. Wohl vergessend, dass Ausstellungen hierzulande gar nicht mehr genehmigt werden müssen.

Um Kunst geht es nicht

Süßmilch bekommt derweil Morddrohungen. Und lässt in Interviews wissen, dass sie sich auf das Gedicht Silvester bei den Kannibalen von Joachim Ringelnatz oder das Buch des Arztes Klaus M. Beier beziehe, der den Kannibalen-Fall von Rothenburg betrachtet hat und der den Wunsch nach Kannibalismus als Angst vor dem Verlassenwerden einordnet. Aber um ihre Kunst geht es hier ja gar nicht mehr, das Kind ist nun sozusagen in den Brunnen gefallen.

Und das ist alles deswegen so interessant, weil die CDU in den Kulturkampf gezogen ist. Der Frieden ist vorbei. Wir kennen es aus ostdeutschen Gegenden, in denen Kultureinrichtungen bedroht werden, die zu progressiv sind, aber wer die CDU hat, braucht die AfD gar nicht. Für Berlin hat die vormals parteilose und im Mai in die CDU eingetretene Justizsenatorin Felor Badenberg gerade im Interview mit der Süddeutschen Zeitung angekündigt, Förderungen in Zukunft nur noch nach Prüfung durch den Verfassungsschutz zu vergeben. Natürlich schränkt das die Kunstfreiheit ein, die in diesem Land aus gutem Grunde zu den Grundrechten zählt. Es ist aber auch Ausdruck der Angst, dass man sich auf gar nichts mehr einigen kann.

Und weil es so viel Angst vor Auseinandersetzung gibt, wird der Kunst plötzlich ganz schön viel Wirkmacht zugetraut. Das sind tragischerweise wohl auch die Geister, die die Politisierung von Kunst rief, die ein Statement sein will. Aber glaubt hier wirklich jemand ernsthaft, dass eine Performance dazu führt, dass Menschen Kinder essen?

AfDBerlinBeziehungenCDUElternErziehungEssenFrauenJoachimKindKinderKlausKunstMMANMaskeÖsterreichRechtSilvesterWeilWissen
Comments (0)
Add Comment