Gigawattmaßstab geplant: Terra One sichert sich Finanzierung pro Batteriegroßspeicher

Das Berliner Start-up Terra One will im großen Stil beim Aufbau von Batteriespeicherkapazitäten zur Flexibilisierung des Stromnetzes in Deutschland mitmischen. Im Juni erfolgte der Spatenstich für das erste Projekt des 2022 gegründeten Unternehmens im niedersächsischen Ahlerstedt. Knapp 50 Kilometer westlich von Hamburg entsteht für gut zehn Millionen Euro ein Batteriespeicher mit einer Kapazität von 30 Megawattstunden. Jetzt hat sich das Unternehmen eine Finanzierung für Projekte im Gigawattmaßstab gesichert: Aviva Investors, die Assetmanagement-Einheit des britischen Versicherungskonzerns Aviva, die Ende vergangenen Jahres weltweit 238 Milliarden Pfund verwaltete, stellt dem Unternehmen 150 Millionen Euro Mezzanin-Kapital zur Verfügung.

„Diese Finanzierung ist ein Meilenstein für Terra One“, sagt Gründer und Geschäftsführer Tony Schumacher. Zusammen mit Eigenmitteln und Projektfinanzierungen will das Unternehmen bis zu 750 Millionen Euro in Batteriespeicher mit einer Gesamtkapazität von rund drei Gigawattstunden in Deutschland investieren. Das entspricht nach Angaben des Lehrstuhls für Elektrochemische Energiewandlung und Speichersystemtechnik der RWTH Aachen auf der Online-Plattform „Battery Charts“ der gesamten derzeit installierten und in Betrieb befindlichen Kapazität von Batteriegroßspeichern in Deutschland.

Speicher dieser Größenordnung würden heute ausreichen, um den Strombedarf von einem Fünftel aller deutschen Haushalte für eine Stunde vorzuhalten, rechnet Terra One vor. Das Unternehmen hat sich deutschlandweit mehr als dreihundert Grundstücke gesichert, die für Batteriespeicherprojekte geeignet sind. „Wenn wir das alles bauen, sind wir in Europa einer der größten Speicherbetreiber“, sagt Schumacher.

Wichtige Rolle für die Energiewende

Die Netzanschlussanfragen für Großspeicher bei den Übertragungsnetzbetreibern in Deutschland summieren sich derzeit auf eine Leistung von mehr als 500 Gigawatt, wie das Branchenportal „Regelleistung Online“ erhoben hat. Im Anfang September vom Bundeswirtschaftsministerium veröffentlichten Versorgungssicherheitsbericht der Bundesnetzagentur spielt der Hochlauf von Großspeichern allerdings keine große Rolle und Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) setzt bei der Flexibilisierung des Energiesystems auch nach dem gerade veröffentlichten Monitoringbericht zur Energiewende auf den Ausbau von Gaskraftwerken. Antonioli ist trotzdem überzeugt, dass Großbatterien in Zukunft eine wichtige Rolle spielen. „Die Speicher sind wichtig, um die Netzstabilität zu gewährleisten und die Kosten für den weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien sowie für den Netzausbau möglichst gering zu halten“, sagt er.

Aviva Investors hat Antonioli offenbar überzeugt. Die vereinbarte Finanzierungsstruktur sei für ein drei Jahre altes Unternehmen wie Terra One außergewöhnlich, sagt der Finanzchef. Vor seinem Wechsel zu Terra One im Sommer 2023 zurrte Antonioli in knapp sechs Jahren beim Start-up Grover Finanzierungen mit einem Volumen von mehr als einer Milliarde Euro fest. Bei dem Berliner Anbieter von Elektronik im Miet-Modell setzte er im großen Stil auf forderungsbesicherte Finanzierungsinstrumente, die Grover das Wachstum zu einem Unternehmen mit einer Bewertung von mehr als einer Milliarde Dollar ermöglichten. Inzwischen ist Grover allerdings ein Sanierungsfall. Die jüngste Finanzierung bei Terra One kommt ebenfalls ohne Verwässerung des Eigenkapitals aus. „Das ist charmant, auch weil die Renditeanforderungen unter denen eines Risikokapitalgebers liegen“, sagt Antonioli.

Werthaltiges Projektportfolio

„Wir investieren in Terra One, weil das Unternehmen bewiesen hat, dass es Projekte schnell, zuverlässig und in höchster Qualität umsetzen kann“, sagt Adam Irwin, der bei Aviva Investors für Infrastrukturprojekte wie Batteriespeicher verantwortlich ist. Die Werthaltigkeit seiner Projektpipeline hat Terra One zuletzt mit dem Verkauf von zehn Batterieprojekten mit einer projektierten Leistung von mehr als 300 Megawatt für rund 40 Millionen Euro an den niederländischen Entwickler und Betreiber S4 Energy und den amerikanischen Investor Castleton Commodities International unter Beweis gestellt. „Damit sind wir gut aufgestellt, um unsere Wachstumsziele für die nächsten Jahre realisieren zu können“, sagt Antonioli über die finanzielle Ausstattung des Unternehmens.

Zu den Investoren, die sich im vergangenen Jahr an einer Seed-Runde mit einem Volumen von sieben Millionen Euro beteiligten, zählen die beiden Berliner Wagniskapitalgeber PropTech 1 Ventures und 468 Capital. Neosfer, der Frühphaseninvestor der Commerzbank-Gruppe, zog ebenfalls mit. Zu den weiteren Investoren zählen unter anderem Jan Beckers, der Gründer von BIT Capital, und N26-Gründer Maximilian Tayenthal.

„Mit Aviva Investors an unserer Seite können wir den Ausbau großskaliger Batteriespeicher massiv beschleunigen“, sagt Schumacher über die weiteren Pläne. Im Wettlauf mit der schnell wachsenden Konkurrenz im Batteriespeichermarkt setzt Terra One auch auf eine proprietäre Handelsplattform, mit der die eigenen Batteriespeicher gestützt auf Künstliche Intelligenz vermarktet werden sollen. „Wir handeln schon seit dem vergangenen Jahr an der Strombörse und haben Bilanzkreise mit allen Netzbetreibern“, sagt Antonioli.

Die eigene Handelsplattform baut auf die Expertise von Schumacher, der mit der ebenfalls von ihm gegründeten Teclead Ventures komplexe Software unter anderem für Energieunternehmen entwickelt. Zu den mittlerweile 55 Köpfen hinter Terra One am Firmensitz in Kreuzberg zählen ehemalige Mitarbeiter des KI-Spezialisten Open AI ebenso wie Experten für Batterieanlagenbau, Netzanschlüsse und Stromhandel von Energiekonzernen wie RWE und Statkraft. Bei der Finanzierung mit Aviva Investors wurde Terra One von Elgar Middleton und rechtlich von Hogan Lovells beraten.

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