Geplanter Stellenabbau: Bosch-Betriebsrat schließt zum Besten von 2025 Streiks nicht aus

Erpressung, Salamitaktik, Kulturbruch – die Vorwürfe, die die Arbeitnehmervertreter des Technologiekonzerns Bosch ihrer Geschäftsführung machen, sind heftig. Im Kern geht es darum, dass das Unternehmen vor gut zwei Wochen den Plan vorstellte, das im Frühjahr vorgestellte Arbeitsplatzabbauprogramm erheblich zu verschärfen. „Wir sind schockiert über die zusätzlichen Stellenstreichungen, die uns kurz vor Weihnachten überrollt haben“, sagte der Vor­sitzende des Gesamtbetriebsrats, Frank Sell, in einer Pressekonferenz am Mittwoch in Stuttgart. „Die Situation für die Bosch-Mitarbeiter ist absolut unerträglich.“ In der Rechnung der Arbeitnehmervertreter summieren sich die Arbeitsplatzverluste bei Bosch in Deutschland in den kommenden Jahren auf eine Zahl zwischen 8000 und 10.000 Stellen.

Vor allem die Tatsache, dass nun einseitig weitere Maßnahmen verkündet werden, nachdem Unternehmensführung und Arbeitnehmervertreter vor der Sommerpause über einen Personalabbau verhandelt haben, kritisiert der Gesamtbetriebsrat. „Was soll diese Salamitaktik? Müssen wir damit rechnen, dass in sechs Monaten die nächsten 3000 Stellen gestrichen werden“, fragt Sell. „Wir sind sprachlos, sauer und wütend über diesen Aktionismus, der jetzt noch vor Weihnachten stattfindet. Ist seit der ersten Ankündigung wirklich so viel passiert?“

Im Frühjahr hatte Bosch angekündigt, in der Antriebssparte rund 1500 Stellen an den baden-württembergischen Standorten Feuerbach und Schwieberdingen abzubauen. Im Softwarebereich geht es um etwa 1200 Arbeitsplätze, davon 750 in Deutschland. In der Automobilelektronik plant der Konzern eine Stellenreduzierung von 500 Stellen und bei den Elek­trowerkzeugen von 560 Stellen – jeweils vor allem an deutschen Standorten. Im November kamen dann 3500 Arbeitsplätze in der Softwareentwicklung für Mobilitätslösungen – davon die Hälfte in Deutschland – hinzu, neben 750 Stellen in der Hildesheimer Produktion von elektrischen Antriebskomponenten und 1300 Arbeitsplätzen im Werk für Lenkungen in Schwäbisch Gmünd. Anfang des Jahres hatte auch die Tochtergesellschaft BSH Sparpläne verkündet: Der Hausgerätehersteller plant bis 2027 global den Abbau von 3500 Stellen.

Gewerkschaft und Betriebsrat „bereit, über alles zu reden“

Der Gesamtbetriebsrat sprach von einem Kulturbruch. Eigentlich sei es bei Bosch die Regel, dass sich beide Seiten zusammensetzen, um eine Lösung zu suchen. „Nun wird uns die Pistole auf die Brust gesetzt und gedroht, dass die Geschäftsführung zur Einigungsstelle geht, wenn die Verhandlungen über den Stellenabbau nicht bis Ende des Jahres beziehungsweise Ende April zu einem Ergebnis gekommen sind“, erläuterte Sell. Der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats forderte zentrale Gespräche auf Augenhöhe mit der Geschäftsführung von Bosch. „Es ist ein Unterschied, ob der Standortbetriebsrat vor Ort mit der Werkleitung vor Ort über Maßnahmen zum Stellenabbau verhandelt oder ob über ein Zukunftsbild gesprochen wird. Ich kenne keinen Plan für die Zukunft, ich kenne nur einen Plan zum Stellenabbau.“ Gewerkschaft und Betriebsrat seien bereit, „über alles zu reden“, und schlugen eine Vier- und Drei­tagewoche als Brückenlösung vor.

Bosch wies die Vorwürfe der einseitigen Verkündung zurück. „Es gibt unterschiedliche Meinungen zum Grad des Ein­beziehens, aber wir haben die Zusammenarbeit mit den Arbeitnehmervertretern deutlich verbessert“, sagte Arbeitsdirektor Stefan Grosch nach der Pressekonferenz der Arbeitnehmer. Grosch verwies auf die schwierige konjunkturelle Situation, stagnierende Automärkte und erhebliche Überkapazitäten in den eigenen Fabriken. „Zudem haben sich die Märkte in der zweiten Jahreshälfte deutlich verschlechtert“, erklärte Grosch. Trotzdem gelte die 2023 geschlossene Vereinbarung, die betriebsbedingte Kündigungen für die deutschen Mobility-Standorte bis Ende 2027, in Teilen sogar bis Ende 2029, ausschließt. Klar sei aber, dass allein die demographische Fluktuation nicht ausreiche. Das Schließen von Standorten wie Hildesheim oder Schwäbisch Gmünd nannte Grosch eine „Ultima Ratio“.

Gesamtbetriebsrat und IG Metall wollen für 2025 einen Aktionsplan ausarbeiten. „Wir werden in den Widerstand gehen, wenn es darum geht, Stellen abzubauen, obwohl ein Unternehmen immer noch Gewinne macht“, sagte Liane Papaioannou, Geschäftsführerin der IG Me­­tall Stuttgart. Auf die Frage, ob der Ak­tionsplan auch Streiks umfasse, antwortete Gesamtbetriebsratschef Sell: „Das werde ich nicht ausschließen.“

Arbeitnehmerbaden-württembergischenBoschDeutschlandEndeFabrikenFrankGewerkschaftGewinneStefanStellenabbauStreiksStuttgartUnternehmenWeihnachten