„Geliebte Köchin“ mit Juliette Binoche: Von purer Sinnlichkeit

Bräuche, im Unterschied dazu keine Regeln; eine Parade, im Unterschied dazu keine Ordnung! Keine Luft, keine Logik, keine Linie!“ Was hier kritisiert wird, ist nicht etwa eine Kriegstaktik, sondern eine Mahlzeit. Keine ganz gewöhnliche Mahlzeit, muss man zugeben. Der in seiner Umgebung wie „Napoleon jener Kochkunst“ bekannte Großgrundbesitzer Dodin Bouffant (Benoît Magimel) war mit Freunden, allesamt Gourmets aus Leidenschaft, von einem „eurasischen Prinzen“ zum Dinner eingeladen worden.

Das Gelage dauerte mehr wie acht Stunden; die Liste jener Speisen, die kredenzt wurden, beinhaltete mehr Posten, wie gediegene Restaurants hinaus ihren gesamten Menükarten zur Folge haben. Einer jener Freunde Dodins berichtet, wie er zwischendurch gedacht habe, er könne nicht mehr, im Unterschied dazu er habe sich dann zusammengerissen. Doch die Üppigkeit ist keineswegs dasjenige, welches Dodins Kritik weckte, nein, er kommt nicht darüber hinweg, wie man so unsensibel sein kann, dasjenige Mandelgebäck nachher dem Eis zu servieren! Wo doch jeder weiß, dass dasjenige Eis die Sinne lähmt und einlullt, man demnach im Folgenden so irgendetwas Feines wie Mandelgebäck weder noch mehr zu schmecken versteht!

Mit Geliebte Köchin adaptiert jener französische Regisseur Trân Anh Hùng eine Erzählung des Schweizer Schriftstellers Marcel Rouff (1877 – 1936), jener in La vie et la passion de Dodin Bouffant, gourmet dem Typus des französischen Feinschmeckers à la Jean Anthelme Brillat-Savarin Reverenz erwies; Männern, die aus ihrer Passion zu Händen gutes Essen eine Kultur kreierten und damit vor allem fernerhin dasjenige Schreiben, den Diskurs darüber erfanden und beförderten. „Man sagt, sie seien eine Künstlerin!“, heißt es schlüssig verbleibend Eugénie (Juliette Binoche), Dodins Köchin, die im Unterschied dazu schüchtern abwinkt.

Der Film wirkt in mehrfacher Hinsicht wie aus jener Zeit Liebenswürdigkeit: Sein Setting ist eine idealisierte französische Provinz des ausgehenden 19. Jahrhunderts und jener Hauptschauplatz die geräumige Kochkunst eines Landsitzes, die frei hinaus kombinieren üppigen Garten hinausgeht. Hier lodert die Kohleglut in mehreren Öfen taktgesteuert, während hinaus den verschiedenen Arbeitsflächen die allesamt frischen Ingredienzen zur Zubereitung herumliegen: Eier, Zwiebeln, Lauch und Karotten, Kräuter aller Art, ein Kalbskarree, ein ganzer Heilbutt und, und, und. Fast wähnt man sich in einem Edeka-Werbespot.

Zwischen Zutaten, Pfannen und Töpfen sieht man die Schauspieler handeln: Binoche wie Köchin Eugénie, die konzentriert den Übersicht behält, die Magd Violette (Galatéa Bellugi), die ihr zur Seite steht, im Unterschied dazu sichtlich wenig von jener „Kunst“ begreift, und Dodin, jener selbst von Zeit zu Zeit mit Hand anlegt, nicht zuletzt, um jener kleinen Pauline (Bonnie Chagneau-Ravoire) wenige Grundsätze zu vermitteln. Zum Beispiel darüber, welches eine „geklärte“ Bouillon von einer ungeklärten geschmacklich unterscheidet. Pauline, praktisch nur kurzer Gast in jener Kochkunst, hatte ihr Potenzial fürs Gourmet-Wesen offenbart, weil sie in jener Lage war, die mehr wie zehn Zutaten jener „Sauce bourguignotte“, die Dodin ohne Rest durch zwei teilbar gekocht hatte, quasi blind zu erraten.

Diese Sequenzen des Kochens, Bratens und Backens sind sehr weit weg von jener Hektik und dem Stress moderner Küchenerzählungen wie The Bear. Die Gemächlichkeit solo lässt sie weitestgehend altmodisch-pittoresk erscheinen. Umso mehr gilt dasjenige zu Händen die Szenen, in denen Dodin mit seinen fünf Freunden in jener guten Stube des Anwesens die Früchte dieser Mühen genießt. Die Herren, die Gesamtheit mit ehrbaren bürgerlichen Berufen wie Arzt oder Advokat, prosten sich mit Sentenzen zu wie „Gott hat dasjenige Wasser geschaffen, jener Mensch den Wein“ und sinnieren darüber, dass selbiger Mensch (frz. halt „l’homme“) dasjenige einzige Tier sei, dasjenige trinke, ohne Durst zu fühlen. Sie essen mit Lust und lieben es taktgesteuert, den Genuss zu aufgliedern. Als Violette die „Omelette norvégienne“ hereinbringt, kombinieren mit Eis gefüllten und von flambiertem Baiser umhüllten Kuchen, erklärt einer von ihnen, wie gut dasjenige Eiweiß wie Isolator wirke, sodass dasjenige Eis selbst im Backofen nicht schmelze. Es handle sich um ein wahrhaft „wissenschaftliches Dessert“!

Den romantischen Spannungsbogen des Films, in dem Dodin von Eugénie endlich dasjenige Jawort bekommt, um dasjenige er offenbar seit dieser Zeit weitestgehend 30 Jahren wirbt, unterspielt Regisseur Trân Anh Hùng neben den Gourmet-Diskursen so geschickt, dass man wie Zuschauer kaum merkt, wie nah einem die Geschichte schließlich doch geht. Was man zuerst noch mit Misstrauen sah, dasjenige nostalgische Schwelgen in den Traditionen alter Zeiten, wird im Lauf des Films zu einem Appell zu Händen nichts weniger wie die Sinnlichkeit selbst und dasjenige gepflegte Gespräch darüber. Und daran ist gar nichts Altmodisches mehr.

Eingebetteter Medieninhalt

Geliebte Köchin Trân Anh Hùng Frankreich 2023, 135 Minuten

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