Nandor Gaus und Marina Zimmermann haben sich vor diesem Abend noch nie gesehen. Trotzdem stehen sie jetzt Schulter an Schulter und reden gemeinsam auf einen Herrn vom Mannheimer Energieversorger MVV ein. Beide sind sauer, das schweißt zusammen. „Sie müssen doch erst mal schauen, ob alle versorgt sind, bevor Sie irgendwas abstellen“, sagt Zimmermann verzweifelt. Und Gaus stellt die Frage, die an diesem Abend in Mannheim viele umtreibt: „Warum muss die Stadt so dermaßen vorpreschen?“
Es ist erst wenige Wochen her, da erreichte die Mannheimer eine überraschende Nachricht: Ab 2035 soll in Mannheim kein Gas mehr aus den Rohren kommen, das Gasnetz soll stillgelegt werden. Die Stadt in Baden-Württemberg ist deutschlandweit die erste, die diesen radikalen Schritt ankündigt. Der Netzbetreiber MVV begründet ihn mit dem Klimaschutz und den steigenden Gaspreisen. Weil die Zahl der Gaskunden abnehme, könne das Gasnetz nicht mehr rentabel betrieben werden. Gut 25.000 Haushalte sind von dem Aus betroffen, der Unmut ist groß. Deutschlandweit müssen Kommunen die Wärmewende vorantreiben, denn die Heizungskeller sind noch immer für gut 30 Prozent der klimaschädlichen Emissionen verantwortlich. Und spätestens 2045 will Deutschland klimaneutral sein. Könnte es also sein, dass Mannheim bloß die erste Stadt ist, die ausspricht und umsetzt, was auch anderen bald droht?