Für diese Lebensmittel sinken jetzt die Preise

Für viele in Deutschland ist es ein großes Ärgernis: Die Preise im Supermarkt sind in den vergangenen anderthalb Jahren zum Teil drastisch gestiegen – nachdem auch in der Pandemie schon mal vieles sehr teurer geworden war. Jetzt gibt es erste Hoffnungszeichen. Doch viele haben Zweifel, wie belastbar das ist.

Deutschlands Discounter und Supermärkte jedenfalls haben nach eigenen Angaben erste Preise gesenkt. Bei Aldi beispielsweise kostet die Butter 58 Prozent weniger als Mitte vergangenen Jahres. Nudeln wurden bis zu 38 Prozent billiger, wie das Unternehmen mitteilte. Lidl wirbt damit, seit Jahresbeginn inzwischen die Preise für mehr als 700 Warengruppen gesenkt zu haben – zuletzt für Nudeln um 20 Prozent.

Ist das nur Werbung – oder spürt man das auch schon in der amtlichen Statistik? Die jüngsten Inflationszahlen immerhin zeigen im Durchschnitt weiterhin hohe Preissteigerungen für Lebensmittel im April gegenüber dem Vorjahresmonat, also dem April 2022 – aber erstmals seit längerem einen Rückgang der durchschnittlichen Lebensmittelpreise im Vergleich zum Vormonat, dem März 2023: Im Schnitt gingen die Preise für Nahrungsmittel nun um 0,8 Prozent zurück.

Sonnenblumenöl wieder deutlich günstiger

Viele sind noch misstrauisch. EZB-Präsidentin Christine Lagarde sagte auf die Frage der F.A.Z., ob das Schlimmste bei den Lebensmitteln jetzt überstanden sei, sie würde das gern verkünden – schließlich habe es zuletzt einen Rückgang der Teuerung auf diesem Gebiet gegeben –, aber sicher sei die weitere Entwicklung leider noch nicht.

Einen gewisser Hoffnungsschimmer zeigen die Preise auf Großhandelsebene. Die sind im Schnitt im April erstmals seit langem auch gegenüber dem Vorjahresmonat zurückgegangen. Unter anderem gab es einen deutlichen Preisrückgang für Getreide, Rohtabak, Saatgut und Futtermitteln, um stolze 25,2 Prozent.

EZB-Chefvolkswirt Philip Lane hatte unlängst in einem Interview angedeutet, dass er die Beruhigung der Preise auf den vorgelagerten Stufen der Produzenten als ein gutes Zeichen dafür werte, dass sich auch die Lebensmittelpreise auf Verbraucherebene bald etwas erfreulicher entwickeln könnten.

Und Bundesbankpräsident Joachim Nagel sagte im Interview, er selbst verfolge die Preise beim Wochenendeinkauf immer sehr aufmerksam. Vor allem bei der Butter sei ihm aufgefallen, dass diese nach dem Preisanstieg im vergangenen Jahr schon wieder etwas billiger geworden sei. Er meint: „Insgesamt liegt der Höhepunkt der Teuerung hinter uns.“

Wenn man sich die Statistik zu den Lebensmittelpreisen genauer anschaut, überlagern sich verschiedene Effekte. Manche Waren im Supermarkt waren nach Beginn des Ukrainekriegs plötzlich sehr teuer geworden, weil es in der Lieferung tatsächlich einen Zusammenhang zu dem Land gab. Das betraf zum Beispiel Sonnenblumenöl. Zeitweise waren die Regale leergeräumt, weil der Nachschub nicht kam, und weil die Nachricht vom ausbleibenden Nachschub die Leute zum Horten verführte. In dieser Zeit war der Preis extrem gestiegen. Damit verteuerten sich auch Dinge, die gleichsam als Ersatz für Sonnenblumenöl galten, wie andere Speisefette. Das hat sich mittlerweile wieder etwas umgekehrt. So gingen die Preise für Sonnenblumen- und Rapsöl gegenüber März um 8,2 Prozent zurück. Auf Jahressicht war das aber immer noch ein Preisanstieg um 28,3 Prozent.

Gemüse ist jedenfalls billiger als im April

Bei anderen Dingen machen sich vor allem saisonale Effekte bemerkbar. Gemüse beispielsweise ist im April gegenüber März um 7,5 Prozent im Preis gefallen, frisches Gemüse sogar um 10 Prozent. Dabei dürfte eine Rolle gespielt haben, dass mit der wärmeren Jahreszeit weniger Gemüse aus Gewächshäusern kommt und deshalb die Energiepreise eine geringere Rolle spielen. Auf Jahressicht, also gegenüber April 2022, war das aber immer noch ein Preisanstieg um stolze 14 Prozent. Es gibt also aktuell gewisse Preissenkungen, aber sie gleichen frühere Preiserhöhungen für den Verbraucher noch längst nicht aus.

So muss man überall unterscheiden: Manche Dinge sind nur günstiger als im Vormonat, und zwar nach teils sehr kräftigen Preiserhöhungen im vergangenen Jahr – die ersten Dinge werden mittlerweile aber auch günstiger als im Vorjahresmonat. Die Teuerung bei Lebensmitteln insgesamt lag auf Jahressicht mit 17,2 Prozent im April noch immer deutlich höher als die Gesamtinflationsrate von 7,2 Prozent – auf Monatssicht aber war sie negativ mit minus 0,8 Prozent.

Während bei anderen Gütern wie Kraftstoffen die Preise auch schon auf Jahressicht gesunken sind, sind sie bei den meisten Nahrungsmitteln in diesem Zeitraum nur weniger gestiegen.

Einige Beispiele: Der Preis für Obst ist gegenüber März um 0,4 Prozent gesunken. Im Vergleich zu den Preisen von vor einem Jahr gab es aber immer noch einen Anstieg um 6,2 Prozent. Je nach Obstsorte war das aber unterschiedlich. So sind die Preise für Äpfel auch schon auf Jahressicht gesunken, um 4,4 Prozent, auch die für Birnen um 2 Prozent.

Butterpreis geht nach Anstieg wieder zurück

Bei der Butter gab es laut amtlicher Statistik gegenüber dem März tatsächlich im Bundesdurchschnitt eine Preissenkung um 3,6 Prozent. Auf Jahressicht ist Butter sogar um 14,6 Prozent billiger geworden. Damit gehört sie aber eher zu den Ausnahmen im deutschen Lebensmittelhandel.

Bei den Nudeln dagegen gab es laut Statistik gegenüber dem Vormonat im Schnitt noch einen leichten Preisanstieg um 1,1 Prozent, gegenüber dem Vorjahresmonat sogar einen starken um 17,5 Prozent. Was aber tatsächlich schon billiger geworden ist, sind Nudelfertiggerichte: Hier gab es gegenüber März einen kleinen Preisrückgang um 0,4 Prozent.

Deutlich teurer als vor einem Jahr sind dagegen beispielsweise alle Sorten von Brötchen, selbst die zum Aufbacken. Und Körnerbrot verteuerte sich im Schnitt sogar um 18,8 Prozent.

Noch also machen die steigenden Preise für viele Nahrungsmittel gerade den Menschen mit einem geringeren Einkommen das Leben schwer. Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung untersucht jeden Monat, wie stark gerade die Haushalte mit einem kleinen Geldbeutel durch die Teuerung belastet werden. Immer noch treffe die Inflation die Ärmeren stärker als die Reicheren, weil diese einen höheren Anteil ihres Einkommens für Nahrungsmittel und ähnliches ausgeben, heißt es dort. Dort wird allerdings auch registriert, dass die „Dynamik“ der Preisentwicklung bei „Gütern des Grundbedarfs“ nachgelassen habe: Das sei ein gutes Zeichen.

Vielen Menschen aber bleibt bis auf weiteres nicht viel anderes übrig, als die Preise zu vergleichen und, wo möglich, beispielsweise von teuren Markenprodukten auf günstigere Eigenmarken der Discounter auszuweichen. Einer aktuellen Umfrage des Vergleichsportals Capterra zufolge sagen 81 Prozent der Deutschen, sie hätten ihr Einkaufsverhalten entsprechend an die Inflation angepasst.

Das Beratungsunternehmen PwC berichtete, das merke man auch in den Zahlen des Handels: Der verstärkte Griff zu Sonderangeboten und Eigenmarken habe sich schon im vergangenen Jahr in den Umsätzen der deutschen Händler bemerkbar gemacht: „Gemäß unserer Prognose könnte der Marktanteil der Eigenmarken 2023 um rund ein Prozent wachsen, was einer Verschiebung von circa 1,8 Milliarden Euro Marktvolumen entspricht.“

ButterChristineDeutschlandEinkommenEnergiepreiseFInflationJoachimlebenLidlPhilipPreiseTeuerungUmfrageUnternehmenWerbung