Auf dem Mars in der Nähe des Äquators haben Astronomen feine Schichten aus Wassereis entdeckt. Ähnlich wie Raureif bedeckt das Eis den Boden in Vulkankratern in den kälteren Jahreszeiten kurz nach Sonnenaufgang – am Nachmittag ist die Schicht wieder verschwunden. Die Wissenschaftler vermuten, dass das gefrorene Wasser aus der dünnen Marsatmosphäre stammt. Ein vulkanischer Ursprung könne aber nicht ganz ausgeschlossen werden, schreibt das internationale Forschungsteam um Adomas Valantinas von der Universität Bern in der Fachzeitschrift „Nature Geoscience“.
„Wir dachten, es sei unmöglich, dass sich am Äquator des Mars Frost bildet, da die Mischung aus Sonnenschein und dünner Atmosphäre die Temperaturen sowohl in der Fläche als auch auf den Berggipfeln relativ hoch hält“, wird Valantinas in einer Mitteilung der Europäischen Weltraumagentur (Esa) zitiert. Dies sei anders als auf der Erde, wo die Temperaturen zu den Berggipfeln hin deutlich sinken und hohe Berge über längere Zeiträume schneebedeckt sind.
Valantinas entdeckte den Frost auf Aufnahmen des Esa-Forschungssatelliten „Trace Gas Orbiter“ (TGO). Später bestätigten Aufnahmen der Sonde „Mars Express“ die Eisbildung in den Gipfelkratern von vier Vulkanen.
Zu den Vulkanen gehört der größte bekannte Vulkan des Sonnensystems, der 21 Kilometer hohe Olympus Mons. Er liegt in der Tharsis-Region, wo sich auch die anderen Vulkane befinden: Arsia Mons, Ascraeus Mons und Ceraunius Tholus. Arsia Mons liegt etwas südlich des Äquators, die anderen Vulkane etwas nördlich. Wie auf der Erde sind die Regionen um den Äquator die durchschnittlich wärmsten des Planeten. Weil der Mars aber deutlich weiter von der Sonne entfernt ist als die Erde, liegt die Höchsttemperatur des Roten Planeten um 20 Grad Celsius.
Besondere Topographie der Vulkane
Die Eisschicht bedeckt große Flächen der Vulkankrater. Ihre Entstehung erklären die Studienautoren mit der besonderen Topographie der Vulkane: „Winde ziehen die Berghänge hinauf und bringen relativ feuchte Luft von der Fläche in höhere Lagen, wo sie kondensiert und sich als Frost absetzt“, erklärt Ko-Autor Nicolas Thomas von der Universität Bern.
Die Astronomen prüften auch, ob es sich bei dem Eis um gefrorenes Kohlendioxid (CO₂) handeln könnte. Zum einen gibt es größere Mengen CO₂-Eis (Trockeneis) auf dem Mars, vor allem an den Polen. Zum anderen besteht die Atmosphäre des Mars zu mehr als 95 Prozent aus CO₂. Doch die gemessenen Oberflächentemperaturen während den Eissichtungen lagen jeweils über dem Gefrierpunkt von CO₂. Auch Computersimulationen ergaben, dass es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um Wassereis handelt.
Allerdings ist die Eisschicht äußerst dünn: Aus verschiedenen Schätzmethoden ergab sich ein mittlerer Wert von 0,01 Millimetern. Aber wegen der Größe der bedeckten Fläche könnten frühmorgens etwa 150.000 Tonnen Wasser die vier Vulkankrater bedecken. Die Forscher vermuten, dass das Wasser aus der Atmosphäre stammt. Zudem könnten ruhende Vulkane neben CO₂ und Schwefeldioxid auch Wasserdampf ausgasen – dafür sehen die Wissenschaftler jedoch keine Anhaltspunkte.
„Wasser auf der Oberfläche des Mars zu finden, ist immer spannend, sowohl aus wissenschaftlichem Interesse als auch wegen seiner Auswirkungen auf die menschliche und robotische Erkundung“, sagt der Esa-Projektwissenschaftler für die genutzten Marssonden, Colin Wilson.
Source: welt.de