Friedrich Merz hat eine Kanzlermehrheit für sein Rentenpaket bekommen. Gut so? Während die Koalition feiert, ahnen die Rentner*innen nichts Gutes
Friedrich Merz hat die Kanzlermehrheit bei der Abstimmung über das Rentenpaket hinter sich
Foto: Tobias Schwarz/AFP/Getty Images
Den Kosmos, in dem er als Vorsitzender der Unionsfraktion im Deutschen Bundestag lebt, hat Jens Spahn kürzlich unfreiwillig beschrieben: Bei der Entscheidung um das Rentenpaket der Bundesregierung gehe es um „mehr als diese Sachfrage“, hat er gesagt. Gemeint war: um Machterhalt der Koalition aus CDU/CSU und SPD. Das ist für ihn „mehr“ als mehr oder weniger sichere Renten.
In dem Kosmos, in dem mehr als zwei Drittel aller Rentnerinnen nicht mehr als 1.200 Euro pro Monat erhalten (und etwa ein Drittel der Männer), dürften die Prioritäten eher umgekehrt liegen. Für sie geht es um „mehr“ als den Erhalt einer Koalition, nämlich oft um die Frage, wie viel Monat am Ende des Geldes noch übrig ist.
Jetzt hat also der Bundestag beschlossen, dass das Rentenniveau in den kommenden Jahren nicht noch weiter absinken soll. Sogar für eine gewisse Absicherung über 2031 hinaus, die er entgegen der eigenen ideologischen Disposition der SPD zugestanden hatte, hat der Bundeskanzler und CDU-Vorsitzende Friedrich Merz am Ende eine eigene Mehrheit zustande gebracht.
Wer weiß, vielleicht hat ihm sogar die Linkspartei dabei geholfen: Sie hatte ja Enthaltung angekündigt, um – durchaus nachvollziehbar – nicht auch noch diese minimale Absicherung für Rentnerinnen und Rentner an Gegenstimmen aus CDU und CSU scheitern zu lassen (und natürlich, um ein symbolisches Zeichen eigener Konstruktivität zu setzen). Das hätte für Merz und die Union bedeutet, eine Mehrheit nur mit Hilfe der Linken zustande zu bringen. Und das wiederum wäre wahrscheinlich für die Berufsjugendlichen aus der Union noch schlimmer gewesen als das bisschen Rentensicherung, das einige von ihnen jetzt doch durchgewunken haben.
Eine zukunftsfeste Rente ist das nicht
Im Kosmos eines Jens Spahn ist damit etwas besonders Wichtiges erreicht: Die schwarz-rote Koalition, so werden wir es jetzt vielfach hören und lesen, sei noch fähig zum Machterhalt und sogar zur Entscheidung über eigene Gesetze. Leider, auch das werden wir hören und lesen, habe sie mal wieder schlecht kommuniziert, zu öffentlich gestritten, die „Abweichler“ zunächst nicht „im Griff gehabt“ und so weiter. Das habe Vertrauen in der Bevölkerung gekostet, wird es heißen, aber jetzt, jetzt wirklich, sei Ruhe die erste Regierungspflicht.
Im Kosmos der Rentnerinnen und Rentner und derjenigen, die es gern mal ohne Existenzangst werden würden, sieht die Sache anders aus. Wenn sie genau nachlesen, werden sie feststellen, was im Auftrag der Kommission, die sich mit der Zukunft der Altersversorgung befassen wird, unter vielem anderen enthalten ist: Sie soll sich mit der Forderung der jungen Rechten befassen, die „Haltelinie“ beim Rentenniveau nach 2032 durch einen „Nachholfaktor“ wieder zunichtezumachen.
Aber auch wer nicht ganz so genau hinschaut, kann sich ausrechnen, dass eine zukunftsfeste Altersvorsorge nicht herausspringt, wenn schon eine vergleichsweise lächerliche „Haltelinie“ gegen die Angriffe einer jungen Garde von rechts nur mit Mühe durchgesetzt werden kann. So viel zur Förderung des Vertrauens in Sozialstaat und Demokratie.
Umverteilung der Rente von Reich auf Arm? Kommt im Kosmos der CDU nicht vor
Wie zukunftslos das Ganze ist, zeigt sich vor allem an dem, worüber kaum diskutiert wird. Den Kreis der Beitragszahlenden zu erweitern (etwa um Selbstständige oder Abgeordnete), steht immerhin noch als Möglichkeit im Auftrag der kommenden Rentenkommission. Aber eine echte Reform, das steht jetzt schon fest, wird es am Ende wieder nicht geben – es sei denn, man versteht unter „Reform“ eine noch weitergehende Auslieferung der Altersvorsorge an die privaten Kapitalmärkte.
Die leidige Beitragsbemessungsgrenze, die die Beiträge von Hochverdienenden deckelt, wird nicht fallen. Und ein System, in dem auf der anderen Seite ein Renten-Höchstbetrag von vielleicht 3000 Euro steht, um einen Teil der Beiträge der Reichen auf die Ärmeren umzuverteilen, steht in den Sternen.
Mit anderen Worten: So etwas kommt im Kosmos von Jens Spahn und der Koalition, der er angehört, nicht vor. Wer in der Wirklichkeit lebt, sollte sich wenigstens dem Applaus für den Machterhalt dieser Kräfte verweigern.