„Friedensangst“ greift um sich! Endet kurzfristig die Champagnerlaune unter Rheinmetall & Co.?

Trumps Friedensplan versetzt die Rüstungsindustrie in Panik – die Rheinmetall-Aktie stürzte um über vier Prozent ab. Die Börse bibbert vor einem Ende des Sterbens in der Ukraine? Wir sollten uns merken, wie verkommen dieses System ist


Endet bald der Geldregen bei Rheinmetall?

Foto: Leon Neal/ Getty Images


Sprache kann aufhellen, aufklären, Erkenntnisse bringen. Sprache kann aber auch verdunkeln, verrätseln und Wahrheit verschütten. Besonders verrätselnd wird die Sprache unweigerlich in Kriegszeiten, also wenn es darum geht, andere Menschen zu töten, zu verstümmeln und zu traumatisieren. „Pazifismus heißt jetzt aufrüsten“, sagt der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Die Regierung bewirbt derweil die Bundeswehr als „stärkste Friedensbewegung Deutschlands“ und die Werbespots, die sich an Jugendliche richten, lassen den Krieg als „Call of Duty“-Videogame erscheinen.

Doch auch in Kriegszeiten muss Sprache nicht nur verdunkeln, sie kann auch erhellend sein. Sie ist es oft, gerade weil Kriegszeiten die grundlegenden Widersprüche in einer Gesellschaft zuspitzen: Aufrüstung führt schließlich zu Inflation, Deindustrialisierung und Verarmung. Schnell wird klar, wer kämpfen soll: das einfache Volk. Die Söhne von Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko leben hingegen in Europa, während ihr Vater für die ukrainische Armee die nochmalige Absenkung des Alters für kriegsverwendungsfähige Männer fordert.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sagte kürzlich, er habe „in einem längeren Telefonat den ukrainischen Präsidenten gebeten“, dafür zu sorgen, „dass insbesondere die jungen Männer nicht in großer Zahl“ nach Deutschland kämen, „sondern dass sie den Dienst in ihrem Land versehen“. Da würden „sie gebraucht“. Die Angst vor dem Krieg ist in der Elite deshalb nicht so groß, weil sie nicht selber betroffen ist. Sie fürchtet sich vor etwas ganz anderem: fallenden Kursen von Rheinmetall & Co.

Armin Papperger: „Es fühlt sich an wie eine Wunderwelt“

Bislang kannte der Börsenkurs der hiesigen Waffenschmieden wie Rheinmetall, RENK und Hensoldt nur eine Richtung: steil nach oben. So stieg von der „Zeitenwende“-Erklärung des damaligen Bundeskanzlers Olaf Scholz (SPD) bis Anfang Oktober 2025 der Aktienwert von Rheinmetall um 2.037 Prozent und der von Hensoldt um 936 Prozent. Rheinmetall hat laut Geschäftsbericht 2024 eine 50-prozentige Umsatzsteigerung auf 9,751 Milliarden Euro erwirtschaftet. Die Profitrate im Rüstungsgeschäft lag bei 19 Prozent. Die Erwartung für 2025: weiter wachsend.

Rheinmetall-Chef Armin Papperger schwärmte darum im Sommer von „Wachstumsperspektiven, wie wir sie noch nie erlebt haben“. Manchmal sehe er, ließ er sich kürzlich zitieren, „diese Zahlen, und es fühlt sich an wie eine Wunderwelt“. Auch die deutsche Presse kam aus dem Jubeln nicht heraus: „Das ist wirklich Zeitenwende!“, trompetete Holger Zschäpitz in der Welt. „Megatrend Rüstung“ titelte Anfang April 2025 Der Aktionär und empfahl unter den Aktien, die „jetzt Vollgas geben“, Rheinmetall als seinen „Top Pick“ – und da betrug die Steigerung bloß 700 Prozent.

Das Anlageberater-Magazin stützte sich damals auf die Analysten der US-Investmentbank JPMorgan, die das Kursziel für den deutschen Waffenbauer noch einmal auf 2.250 Euro angehoben hatten, also „noch rund 33 Prozent Aufwärtspotenzial“ sahen. Die Dividendenerwartung pro Rheinmetall-Aktie stieg 2024 darum auch von 5,70 auf 8,10 Euro. Kurz: Die Börsianer waren in Champagnerlaune. Die Endorphinausschüttung aber erlebte dieser Tage plötzlich einen Einbruch.

Die Dividenden steigen, die Proletarier fallen

Der Grund: die Ankündigung eines „Friedensplans“ für die Ukraine seitens US-Präsident Donald Trump. Er ließ die Herzen gefrieren. Folgerichtig führte die Ankündigung zu einer Talfahrt des Rheinmetall-Aktienkurses. Und mit ihr zu einer Wortneuschöpfung, die Bertolt Brecht und George Orwell nicht besser hätten erfinden können: „Friedensangst schockt Anleger!“, titelte der Börsen-Express. Diese Leute haben Angst vor Frieden – das sollte man sich merken.

„Ein Friedensplan für die Ukraine – und plötzlich bricht Panik aus. Was für die Welt eine gute Nachricht wäre, versetzt Rüstungsaktionäre in Angst. Die Rheinmetall-Aktie stürzt um über 4 Prozent ab. Hensoldt und RENK ziehen nach.“ Rheinmetall verzeichne diese „deutlichen Kursverluste trotz robuster operativer Fundamentaldaten“, sprich: gigantischer Rüstungsausgaben und Blankoschecks seitens des deutschen Staates.

Manchmal muss man den politisch und ökonomisch Herrschenden bloß genau zuhören. Zu Rosa Luxemburgs Wahrheiten gehört ihr Satz: „Die Dividenden steigen, die Proletarier fallen.“ Zu den Wahrheiten, die die Besitzenden vermitteln, gehört die Erkenntnis: Die Proletarier fallen nicht, die Bourgeoisie befällt die Panik.

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