Namibias Gründerpräsident Sam Nujoma ist tot. Er starb am Samstag im Alter von 95 Jahren, wie der namibische Präsident Nangolo Mbumba im nationalen Rundfunk sowie auf Facebook mitteilte. Nujoma hatte das südwestafrikanische Land nach jahrzehntelangem Guerillakrieg gegen die Mandatsmacht Südafrika in die Unabhängigkeit geführt. Er war allerdings kein unumstrittener Freiheitskämpfer.
Nujoma wurde 1929 in der Nordprovinz Ovamboland als Sohn einer Bauernfamilie geboren. Nach kurzer Schulausbildung hatte er bei der Eisenbahn gearbeitet, bevor er wegen gewerkschaftlicher Tätigkeiten entlassen wurde. Nujoma trat daraufhin der damals noch marxistisch ausgerichteten South West Africa People’s Organisation (Swapo) bei, als deren Präsident er 1960 in Tansania ein Exil-Hauptquartier aufbaute. Früh trennte er sich allerdings von marxistischen Ideologien. In den Folgejahren reiste er um die Welt, um für die Unabhängigkeit
seines Heimatlandes zu werben.
Foltervorwürfe gegen Swapo-Führung
Anders als etwa Südafrikas Nelson Mandela saß er nicht knapp drei Jahrzehnte im Gefängnis, sondern verantwortete aus dem Exil den teils brutalen Befreiungskampf. Interne Kritiker soll die Swapo-Führung verfolgt, gefoltert oder inhaftiert haben. Hunderte Kinder sollen in Trainingslager im benachbarten Angola verschleppt und als Kindersoldaten missbraucht worden sein.
1966 stellte die Vollversammlung der
Vereinten Nationen Namibia unter UN-Verwaltung. Die südafrikanischen
Besatzer wichen jedoch nicht von der Stelle, woraufhin die Swapo den
bewaffneten Kampf ausrief. Erst 1989, als die Macht des Apartheid-Regimes in Südafrika bröckelte, zogen die südafrikanischen
Besatzer ab. Im September kehrte Nujoma
nach Namibia zurück. Nach der Unabhängigkeit im Jahr 1990 wurde er der erste demokratisch gewählte Präsident Namibias. Dieses Amt hatte er bis 2005 inne.
„Uns wurden die einfachsten und grundlegendsten Menschenrechte der
Selbstbestimmung und Unabhängigkeit verwehrt“, sagte Nujoma Ende 2017
auf dem Parteitag der von ihm mitbegründeten Regierungspartei Swapo.
„Daher erinnern wir uns mit Stolz daran, dass wir Namibier mit Kraft und
Entschlossenheit dafür gekämpft haben, uns von den Ketten der
kolonialen Unterdrückung und des Apartheid-Kolonialismus befreit (zu)
haben.“
Gute Beziehungen zu Nordkorea, Kuba – und Deutschland
Als Präsident vermied Nujoma radikale Reformen und begann damit, das Land wieder auf Kurs zu bringen. Gegen Ende der Neunzigerjahre mehrten sich jedoch Korruptionsvorwürfe gegen seine mit Zweidrittelmehrheit regierende Swapo. Das Parlament änderte 1999 die Verfassung, um Nujoma eine dritte Amtszeit zu ermöglichen.
Seine freundlichen Beziehungen zu Nordkorea und Kuba irritierten manche westliche Geberländer. Die Beziehungen zur vormaligen Kolonialmacht Deutschland waren ebenfalls gut, Nujoma nannte die Deutschen „entfernte Vettern“. Die Regierung in Berlin wurde einer der wichtigsten Geber für Entwicklungsprojekte im Land.
Forderungen nach einer finanziellen Wiedergutmachung der kleineren Stämme der Herero und Nama, die unter der brutalen deutschen Kolonialherrschaft enorm gelitten hatten, unterstützte seine vom Ovambo-Stamm dominierte Regierung nicht. Für Konflikt sorgte auch immer wieder das Thema Enteignungen, denn das meiste Land war in der Hand weißer Farmer.
Namibia war drei Jahrzehnte lang eine deutsche Kolonie (1884 bis 1915),
damals noch Deutsch-Südwestafrika genannt. Dann übernahm der große
Nachbarstaat Südafrika die Macht.