Frankreich | Frankreich: Bisher ist die Regierung Barnier mit ihrem Haushalt gescheitert

Noch pendelt der Etat-Entwurf zwischen der Nationalversammlung und dem Senat. Sollte der Haushalt durch Verfassungsartikel 49.3 durchgesetzt werden, droht Frankreichs Minderheitsregierung das Vertrauen entzogen zu werden


Sein Kabinett schwächelt: Frankreichs Premierminister Michel Barnier

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Die Minderheitsregierung in Paris hat tatsächlich Ende Oktober einen Haushaltsplan für 2025 vorgelegt. Am ehrgeizigen Ziel dieses Entwurfs, das Defizit im Staatsetat von jetzt 6,1 auf fünf Prozent zu drücken, hatte niemand etwas auszusetzen. Auch die Verbindung von erheblichen Einsparungen mit erhöhten Steuern ist nicht strittig, nur das geplante Volumen der Sanierungsmaßnahmen – immerhin 60 Milliarden Euro – missfällt.

Die Nationalversammlung hat den Entwurf von Premier Michel Barnier prompt abgelehnt. Die Linke hält nichts von den massiven Sparoptionen der Regierung, das riecht zu sehr nach der verhassten Austeritätspolitik. Ebenso wenig billigt sie die geplante Wiedereinführung der 2022 ausgesetzten Abgabe auf den privaten Stromverbrauch. Diese wieder einzuführen, würde ärmere Haushalte hart treffen. Die Rechte wiederum will von Barniers Agenda, vier Jahre lang die Renten einzufrieren, nichts wissen.

Macronisten und Le Pen lehnen Reichensteuer ab

Mittlerweile ist der überarbeitete Haushaltsentwurf mit allen Änderungsvorschlägen der Opposition wie die erste Variante in der Nationalversammlung gescheitert. Die Macronisten und Marine Le Pens Rassemblement National (RN) haben alle Vorschläge zu angehobenen Steuern abgeschmettert. Barnier hatte in seinem ursprünglichen Entwurf neben Einsparungen darauf gesetzt und wollte mindestens 20 Milliarden Euro mehr einnehmen. Er nahm an, dass die Linke dem zugetan sein würde. Für große Unternehmen war ein spezieller Steuerzuschlag im Umfang von acht Milliarden Euro für zunächst drei Jahre vorgesehen. Privatleute mit einem Einkommen von mehr als einer Viertelmillion pro Jahr sollten einen Zuschlag auf die Einkommenssteuer zahlen – ebenfalls für die nächsten drei Jahre. Davon versprach man sich noch einmal zwei Milliarden.

Die Linksparteien wollten daraus, zusammen mit Abgeordneten des Zentrums, eine permanente Abgabe machen. Diese Vorstellung muss nun genauso begraben werden wie die skurrile Idee der Extremrechten, ab Januar kommenden Jahres alle Beiträge zur EU ersatzlos zu streichen. Den sonstigen Sparvorschlägen erging es nicht besser.

Michel Barnier setzt Frist bis 31. Dezember

Barnier hat nach dem zweimaligen Scheitern seines Haushalts in der Nationalversammlung weitgehend freie Hand. Er kann und wird sein Budget nochmals in Details verändern, um das Ganze in Kürze dem Senat zu präsentieren. Auch dort ist mit „Anpassungen“ zu rechnen, bevor der Entwurf wieder der Nationalversammlung zugeleitet wird, die dann erneut den Senat bedient und so weiter. Es kann noch etwas dauern, bis sich beide Kammern vielleicht auf einen gemeinsamen Kompromiss einigen. Wie der aussehen soll, ist einstweilen völlig unklar.

Ungeachtet dessen hat Premier Barnier eine harte Frist gesetzt: Bis zum 31. Dezember müsse es einen Konsens geben, sonst könne der Etat nicht mehr rechtzeitig in Kraft treten. Notfalls – wenn sein Zeitplan gefährdet sei – werde er das Budget ohne weitere Abstimmung im Parlament mit Hilfe des berühmt-berüchtigten Artikels 49.3 der Verfassung dekretieren. Der Regierungschef pocht darauf, seriös und verantwortungsbewusst zu handeln. Den Parteien im Parlament werde er nicht erlauben, Haushalts- mit Klientelpolitik zu verwechseln. Dazu sei die Finanzlage der Republik viel zu ernst.

Französische Vertrauensfrage

Unter Präsident Emmanuel Macron haben Regierungen Artikel 49.3 schon mehrfach benutzt, zum Beispiel, um dessen heftig umstrittene Rentenreform durchzudrücken. Für Barniers Minderheitsregierung sind solche Manöver freilich riskant. Unmittelbar nach einem Haushaltsdekret darf die Nationalversammlung der Regierung eine Vertrauensabstimmung aufzwingen. Macron hat das 2023 knapp überlebt. Barniers Lage ist weitaus prekärer als die der Vorgängerregierungen. Linke wie Rechte könnten – vereint im Frust über den Ausgang der Haushaltsdebatte und empört über das 49.3-Manöver, das Parlament bei der Ausübung seines wichtigsten Rechts zu übergehen – Barniers schwaches Kabinett schon im Januar stürzen. Es käme, was stets absehbar war.

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