Frankreich: Die Neue Volksfront ist noch kein Scherbenhaufen, nichtsdestotrotz ramponiert

Frankreich: Die Neue Volksfront ist noch kein Scherbenhaufen, nichtsdestotrotz ramponiert

Die Sozialisten haben in der Nationalversammlung Premierminister Bayrous Haushaltsdekret geschluckt. Dem eingebrachten Misstrauensantrag von La France Insoumise folgten sie hingegen nicht. Die Linksallianz droht auseinander zu brechen


François Bayrou kurz vor dem Misstrauensantrag gegen ihn

Foto: Jumeau Alexis/ ABACA/ picture alliance


François Bayrou hat es geschafft: Mitte der Woche übersteht der französische Premierminister zwei Misstrauensvoten gegen seine Koalitionsregierung aus Macronisten und rechten Republikanern. Anders als sein im Dezember gescheiterter Vorgänger Michel Barnier hat der 73-jährige Bayrou seinen Sparhaushalt nach wochenlangem geschicktem Taktieren durchgesetzt. Angesichts fehlender Mehrheiten griff auch er zum Dekret mit dem berüchtigten Verfassungsartikel 49.3.

Allerdings unterstützten diesmal weder die Abgeordneten des ultrarechten Rassemblement National (RN) noch das Gros der Sozialisten den Misstrauensantrag, den die linke Partei La France Insoumise (LFI) eingebracht hatte. Grüne und Kommunisten sprachen dem Zentristen ebenfalls das Misstrauen aus – doch mit 128 Stimmen, darunter sechs sozialistische Dissidenten, blieb man weit unter dem erforderlichen Quorum von 289 Stimmen.

Die Rechtsextremen hatte Bayrou besänftigt, indem er ihre Terminologie von einer „Migrationsschwemme“ übernahm. Das fiel nicht weiter schwer, denn die Ressorts Inneres und Justiz sind mit rechten Hardlinern besetzt. Den Sozialisten kam der Regierungschef mit Abstrichen bei seinen Sparplänen entgegen. So werden die Rentenerhöhungen an die Inflation gekoppelt, die vorgesehenen Kürzungen bei Krankenhäusern und Altersheimen begrenzt, die Kosten für Arztbesuche erstattet, schließlich 4.000 Lehramtsstellen doch nicht gestrichen.

Die Sozialisten wurden mit einer Korrektur von Macrons Rentenreform geködert

Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mehr als einer Milliarde Euro und Superreiche sollen für ein Jahr stärker besteuert werden. Dennoch sprach PS-Chef Olivier Faure von einem „schlechten Haushalt“ und hatte dabei wohl die um 25 Milliarden Euro sinkenden Staatsausgaben im Blick. Es wird nicht zuletzt an Mitteln für den sozialökologischen Umbau fehlen. Wäre Frankreich jedoch weiterhin ohne Etat geblieben, argumentierten die Sozialisten, hätte die Stabilität des Landes auf dem Spiel gestanden. In der Tat: Kommunen, Universitäten, gemeinnützige Vereine und Unternehmen haben jetzt Planungssicherheit. Und ein von Jean-Luc Mélenchon von La France Insoumise (LFI) immer wieder heraufbeschworener Rücktritt von Emmanuel Macron, der von einer Mehrheit der Bevölkerung durchaus begrüßt würde, bleibt bislang Wunschdenken.

Mit ihrer neuen Strategie setzen sich die Sozialisten, die sich weiterhin als Oppositionspartei definieren, deutlich von LFI ab – auch im Hinblick auf die Präsidentschaftswahl, die 2027 stattfinden soll. Für Mélenchon hat der Parti Socialiste damit das Programm der Neuen Volksfront „verraten“ und sich selbst aus dem Linksbündnis verabschiedet. Mit dieser Deutung der Ereignisse ihren teils wüsten Beschimpfungen der Sozialisten stehen die „Unbeugsamen“ allerdings allein da. Vor allem an der Basis, wo man sich auf die Kommunalwahlen 2026 vorbereitet, ist der Wunsch nach weiterer Zusammenarbeit groß, letztlich eine Notwendigkeit.

Bayrous Mitte-Rechts-Regierung hat Zeit gewonnen, mindestens bis zum Sommer. Nun sollen Gewerkschaften und Unternehmerverbände eine Korrektur von Macrons Rentenreform aushandeln, durch die das Rentenalter von 62 auf 64 Jahre erhöht worden war. Auch mit dieser Idee konnte der Premierminister die Sozialisten ködern. Sollte er jedoch spürbare Verbesserungen blockieren – und das ist nicht auszuschließen, um dem Willen Macrons Genüge zu tun – wäre das womöglich der Anlass für das nächste Misstrauensvotum.

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