Frankreich: Der konservative Michel Barnier will Einstieg in die Reichensteuer

Das französische Haushaltsdefizit strebt einem Wert von 6,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts entgegen. Abhilfe soll nach dem rechtskonservativen Premier Michel Barnier eine Reichensteuer schaffen – diese ist bei den Macronisten umstritten


Grund für das extrem hohe Haushaltsdefizit sind Emmanuel Macrons Steuerentlastung: Michel Barnier will das ändern

Foto: Julie Sebadelha/Pool/AFP/Getty Images


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Michel Barnier hat soeben das Misstrauensvotum der linken Parteien in der Nationalversammlung überstanden. Doch war das reine Formsache, schließlich wird seine Regierung vom Rassemblement National (RN) toleriert. In der Migrations- und Sicherheitspolitik gibt es große Schnittmengen. Wie zu erwarten. Mit seiner Ankündigung, die Reichen und die größten Unternehmen des Landes vorübergehend stärker zu besteuern, setzt der Ex-Gaullist Barnier jedoch einen neuen Akzent. Frankreich hat ein extrem hohes Haushaltsdefizit, das bald bei 6,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen wird. Ein Grund dafür sind bisherige Steuerentlastungen, die auf Emmanuel Macron zurückgehen.

Das Vermögen von Frankreichs 500 reichsten Familien hat sich so in den vergangenen sieben Jahren verdoppelt. Barnier muss nun einen besonders von der EU angemahnten Sparkurs einschlagen, der den Sozialstaat weiter aushöhlen dürfte. Schon jetzt darben Bildungs- und Gesundheitssystem. Von Defiziten in der Infrastruktur ganz zu schweigen, wenn fortan klamme Kommunen fünf Milliarden weniger zugeteilt bekommen. Dass höhere Renten erst in einem halben Jahr anstehen, soll weitere vier Milliarden sparen helfen.

Die Steuererhöhung soll für Einkommen ab 500.000 Euro und die 300 größten Unternehmen gelten

Doch anders als Macron gibt sich der frühere EU-Kommissar verbindlich und will mehr sozialen Ausgleich. Auch die Reichen seien in der Pflicht. Bis zu 20 Milliarden soll es erbringen, wenn Haushalte mit einem Einkommen ab 500.000 Euro und die 300 größten Unternehmen mit Umsätzen über eine Milliarde stärker zur Kasse gebeten sind. Freilich nur „maximal zwei Jahre lang“.

Die bis Ende Oktober anberaumte Haushaltsdebatte wird zeigen, wie realistisch das ist. Am heftigsten verwahren sich die Macronisten gegen die Reichensteuer. Als Koalitionäre Barniers sehen sie das Wachstum in Gefahr, das bisher von einer gesenkten Unternehmenssteuer profitiert habe. Barnier nähere sich „sozialistischen Praktiken“.

Die Parteien der linken Volksfront pendeln zwischen Misstrauen und verhaltenem Lob. Das in ihrem Programm vorgesehene Steuerplus war radikaler, nur können sie das im Parlament schwerlich durchsetzen. Es sieht ganz so aus, als sollte ausgerechnet ein französischer Konservativer den Einstieg in eine Reichensteuer für sein Portfolio reklamieren.

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