Feuerpause: Viele Gespräche, keine Störungsbehebung

Es ist ein Hoffnungsschimmer für die Menschen im Gazastreifen und die Angehörigen der Geiseln, die noch immer von der Hamas festgehalten werden: Israel hat nach Angaben des US-Präsidenten Joe Biden einen Vorschlag für eine Waffenruhe im Gazastreifen unterbreitet. „Es ist an der Zeit, diesen Krieg zu beenden und den Tag danach zu beginnen“, sagte Biden bei einer Pressekonferenz – und rief die Hamas dazu auf, den Vorschlag anzunehmen.

Seit
Monaten laufen in Kairo Verhandlungen, die israelischen Geiseln die
Freiheit und den Menschen im Gazastreifen eine Waffenruhe bringen sollen. Katar, die USA und Ägypten vermitteln in indirekten Gesprächen zwischen den beiden Kriegsparteien. Das Auf und Ab der vergangenen Wochen:

Freitag, 26. April

Die Gespräche laufen seit Monaten, doch zum ersten Mal scheint Bewegung in die Verhandlungen zu kommen: Ägyptische Medien melden erhebliche Fortschritte bei den
Gesprächen zwischen israelischen und ägyptischen Vertretern. Eine ägyptische Delegation
ist in Tel Aviv eingetroffen, es werden Eckpunkte eines umfassenden Abkommens besprochen. Von israelischer Seite heißt es danach, die Gespräche verliefen sehr gut.

Verhandelt wird seit Monaten. Nun macht die israelische Regierung deutlich: Es ist der letzte Zeitpunkt für ein Abkommen, bevor die geplante Bodenoffensive in Rafah beginnt. „Dies ist die letzte Chance, bevor wir nach Rafah
gehen“, zitiert die Times of Israel einen
Regierungsbeamten. „Entweder ein Abkommen in naher Zukunft oder
Rafah.“

Die Hamas meldet wenige Stunden später, eine Antwort Israels
auf Positionen der Terrororganisation erhalten zu haben. Diese Antwort soll nun geprüft werden.

Samstag, 27. April

Die Hamas veröffentlicht das zweite Geiselvideo innerhalb
weniger Tage. Zwei von der Terrororganisation entführte Männer sind auf der
Aufnahme zu sehen. Sie ist nicht datiert. Die Männer sprechen sich für ein Abkommen zwischen der Hamas und Israel aus, das die Freilassung der Geiseln
vorsieht.

Erst wenige Tage zuvor hatte die Hamas bereits ein ähnliches
Video veröffentlicht. Zu sehen war ein 24 Jahre alter Mann. Verschleppt wurde
er offenbar bei dem Nova-Musikfestival am 7. Oktober, ihm fehlt der Unterarm.
Terroristen sollen an jenem Tag, an dem die Hamas Israel angriff, eine Granate
in ein Versteck geworfen haben, in dem der 24-Jährige und andere Menschen
Schutz gesucht hatten.

Der israelische Außenminister Israel Katz sagt in einem
Fernsehinterview an dem Abend, dass Israel die Offensive in Rafah im Falle
einer Freilassung der Geiseln aufschieben würde. „Wenn es ein Abkommen gibt,
werden wir die Operationen aussetzen“, sagt Katz dem Sender Channel 12. In der Koalition
sorgt das für Unmut: Sollte ein Einsatz in Rafah nicht stattfinden, drohe ein
Ende der Regierung, sagt Finanzminister Bezalel Smotrich.

Montag, 29. April

Der Hamas liegt ein israelischer Vorschlag für ein Abkommen
vor. Die Zahl der Geiseln, die freigelassen werden sollen, wurde auf 33
reduziert. Zuvor hat Israel noch die
Freilassung von 40 oder mehr von der Hamas festgehaltenen Israelis gefordert, darunter vor
allem Frauen, Ältere und Kranke.

Israel habe große Zugeständnisse gemacht,
sagt US-Außenminister Antony Blinken. Dem britischen Außenminister David
Cameron zufolge sieht der Vorschlag eine 40 Tage lange Feuerpause vor. Im Gegenzug
zu den 33 Geiseln sollen offenbar Tausende Palästinenser aus israelischen Gefängnissen
freigelassen werden.

Auf der Flucht: Palästinenser erreichen die Stadt Chan Junis im südlichen Gazastreifen. Ein Abkommen könnte zu einer befristeten Feuerpause und zur Freilassung von Geiseln führen.

Noch am späten Abend reist eine Delegation der Hamas aus Kairo ab, um mit der Führung der Terrororganisation über den jüngsten
überarbeiteten Vorschlag zu sprechen. Der ägyptische Außenminister zeigt sich
zuversichtlich. Er sagt, der Vorschlag berücksichtige Positionen beider Seiten.
„Es liegt jetzt allein in den Händen der Hamas-Führer in Gaza, dass die
Geiseln endlich freikommen“, sagt Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne).

Mittwoch, 1. Mai

Der Anführer der Hamas, Jahia Sinwar, steht einem Medienbericht
zufolge dem Vorschlag skeptisch gegenüber. Es handele sich nicht um ein
Angebot der ägyptischen Vermittler, sondern um ein israelisches „in
amerikanischem Gewand“, zitiert der Fernsehsender Channel 12 eine dem Hamas-Anführer nahestehende Quelle. Demnach enthalte der Vorschlag eine Reihe von Fallstricken.

Donnerstag, 2. Mai

Die Hamas schickt erneut eine Delegation nach Kairo, um die
indirekten Verhandlungen fortzusetzen. Ismail Hanija, der Auslandschef
der Hamas, spricht von einem „positiven Geist“ der Hamas bei der Prüfung des
jüngsten Vorschlags und sagt: Die Hamas wolle ein Abkommen, das den Forderungen des
palästinensischen Volkes entspreche.

Freitag, 3. Mai

Israel soll der Hamas ein Ultimatum gestellt haben. Das
berichtet das Wall Street Journal unter Berufung auf ägyptische Beamte. Demnach
habe die Hamas eine Woche Zeit, um einem Abkommen zuzustimmen. Andernfalls
werde das israelische Militär die angekündigte Bodenoffensive in Rafah
beginnen. Es ist nicht das erste und auch nicht das letzte Mal, dass der Vorwurf im Raum steht, die Hamas zögere eine Einigung heraus.

Samstag, 4. Mai

Die Delegation der Hamas trifft erneut in Kairo ein. Die USA, Ägypten und Katar drängen Israel Medienberichten
zufolge dazu, ebenfalls eine Delegation zu schicken. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu lehnt das ab. Vertreter würden erst dann wieder entsandt, wenn
die Hamas auf den jüngsten Vorschlag Israels antworte und eine Freilassung der
Geiseln in Aussicht stelle.

Sonntag, 5. Mai

Die Hamas und Israel werfen einander vor, die
Gespräche zu blockieren. Ein israelischer Regierungsvertreter spricht von einer
Krise. Hauptstreitpunkt ist die Forderung der Hamas nach einem dauerhaften Waffenstillstand.
Ein Vertreter der Hamas bekräftigt, man werde „unter keinen Umständen
einem Abkommen zustimmen, das nicht ausdrücklich eine Beendigung des Krieges
vorsieht“. Israel lehnt das ab. Es sei „nicht bereit, eine
Situation zu akzeptieren, in welcher die Hamas-Bataillone aus ihren Bunkern
kommen und wieder die Kontrolle über den Gazastreifen übernehmen“, sagt Ministerpräsident
Benjamin Netanjahu.

Noch am selben Tag greift die Hamas den israelischen
Grenzübergang Kerem Schalom mit Raketen an. Der Übergang wird genutzt, um humanitäre
Hilfsgüter in den Gazastreifen zu bringen.

Die Verhandlungen drohen zu scheitern. Die Delegation der Hamas hat Kairo verlassen, Israel den Grenzübergang nach dem Raketenschuss
geschlossen. Israels Verteidigungsminister Joaw Galant droht erneut mit einer
Bodenoffensive in Rafah.

Montag, 6. Mai

Israel beginnt mit der Evakuierung von Rafah. Zivilisten
sollen die Stadt verlassen – die Rafah-Offensive steht wohl kurz bevor.

Stunden später dann die überraschende Nachricht: Die Hamas
akzeptiert einen Vorschlag Ägyptens und Katars für eine Waffenruhe im
Gazastreifen
. Es handelt sich dabei jedoch nicht um den Vorschlag Israels. Über den
konkreten Inhalt des Angebots ist wenig bekannt.

Israel lehnt den Vorschlag ab. Er sei weit von den grundlegenden
Forderungen Israels entfernt, teilt Ministerpräsident Benjamin Netanjahu mit. Eine israelische Delegation will er trotzdem nach Kairo schicken, um die Möglichkeiten für eine Übereinkunft zu erhöhen, die für Israel akzeptabel sei. 

Auch Katar will erneut eine Delegation entsenden. Die
Verhandlungen gehen weiter.

Dienstag, 7. Mai

Die israelische Delegation ist in Kairo eingetroffen. Verteidigungsminister
Joaw Galant warnt die Hamas: Sollte es keine Fortschritte bei der Freilassung
der Geiseln geben, werde Israel seinen Militäreinsatz im Gazastreifen „intensivieren“.

Freitag, 10. Mai

Delegationen der Hamas und Israels haben Kairo nach zweitägigen
Verhandlungen wieder verlassen. Die Hamas behauptet, Israel sei am Zug, nachdem
es den Vorschlag der Terrororganisation abgelehnt habe. Der ägyptische
Außenminister Samih Schukri sagt in einem Gespräch mit seinem US-Kollegen
Antony Blinken, Israel und die Hamas müssten ermahnt werden, „Flexibilität zu zeigen“.

Samstag, 11. Mai

Die Gespräche seien vorerst beendet – sie steckten in einer
Sackgasse, sagt der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates der
USA, John Kirby. Die USA glaubten aber immer noch, dass eine Einigung möglich
sei.

Dienstag, 14. Mai

Der Premierminister des Vermittlerlandes Katar, Mohammed bin
Abdulrahman Al Thani, spricht von einer Pattsituation. „Natürlich hat uns das,
was in Rafah passiert ist, zurückgeworfen“, sagt er einem Medienbericht der
Times of Israel zufolge. Zwischen der Hamas und Israel bestehe eine
„fundamentale Meinungsverschiedenheit“ über ihre Herangehensweise an
die Gespräche und die Fortsetzung des Krieges.

Montag, 27. Mai

Infolge eines israelischen Luftangriffs auf Rafah brennt es
in einem Flüchtlingslager. Mindestens 49 Menschen werden getötet, mehr als 250 verletzt.
Internationale Politikerinnen und Politiker kritisieren Israel und fordern, die
Angriffe auf Rafah zu stoppen. Vermittler Katar warnt, dass die israelischen Angriffe
die Verhandlungsbemühungen behindern könnten.

Wenige Stunden später meldet die Hamas: Sie wird vorerst
nicht wieder an den Verhandlungen teilnehmen.

Freitag, 31. Mai

Ein Hoffnungsschimmer: Die Regierung Israels hat einen
Vorschlag für eine Waffenruhe im Gazastreifen unterbreitet. Das teilt US-Präsident
Joe Biden mit. Der Plan sieht drei Phasen für die Umsetzung einer Feuerpause
vor: In der ersten, sechswöchigen Phase soll Israel seine Truppen aus allen
bewohnten Gebieten des Gazastreifens zurückziehen. In der zweiten Phase soll
die Hamas eine bestimmte Zahl an Geiseln freilassen – im Austausch für Hunderte
palästinensische Häftlinge. In der dritten Phase sollen alle verbliebenen
Geiseln freigelassen werden.

Biden ruft die Hamas dazu auf, den Vorschlag anzunehmen: „Es
ist an der Zeit, diesen Krieg zu beenden und den Tag danach zu beginnen.“

Die Hamas zeigte sich zunächst zurückhaltend. Eine Antwort steht aus.

Es ist ein Hoffnungsschimmer für die Menschen im Gazastreifen und die Angehörigen der Geiseln, die noch immer von der Hamas festgehalten werden: Israel hat nach Angaben des US-Präsidenten Joe Biden einen Vorschlag für eine Waffenruhe im Gazastreifen unterbreitet. „Es ist an der Zeit, diesen Krieg zu beenden und den Tag danach zu beginnen“, sagte Biden bei einer Pressekonferenz – und rief die Hamas dazu auf, den Vorschlag anzunehmen.

Seit
Monaten laufen in Kairo Verhandlungen, die israelischen Geiseln die
Freiheit und den Menschen im Gazastreifen eine Waffenruhe bringen sollen. Katar, die USA und Ägypten vermitteln in indirekten Gesprächen zwischen den beiden Kriegsparteien. Das Auf und Ab der vergangenen Wochen:

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