Fehmarnbelttunnel: „Wir planen damit, dass die deutsche Schienenanbindung im Dezember 2029 steht“ – WELT

An der Ostsee kommen die Arbeiten am Fehmarnbelttunnel zwischen Deutschland und Dänemark voran. Auch die deutsche Inlandsanbindung an das Schienennetz soll zeitgleich mit dem Tunnel 2029 fertig sein, sagt die Deutsche Bahn. Komplex ist vor allem die Querung des Fehmarnsunds.

Auf der Insel Fehmarn sieht man besonders gut, wie die neue Verbindung von Skandinavien und Kontinentaleuropa Gestalt annimmt, Nordeuropas derzeit größtes Verkehrsprojekt. Am Hafen von Puttgarden treibt das staatliche dänische Unternehmen Femern A/S den Bau des südlichen Portals für den Fehmarnbelttunnel voran. Nicht weit davon arbeitet die Deutsche Bahn an der neuen Schnellbahntrasse für die Bahnanbindung des Tunnels an das deutsche Schienennetz. Pflanzen werden gerodet und Erdwälle aufgeschüttet, Leitungen verlegt und Brücken gebaut.

Immer wieder werden Zweifel daran laut, ob der Tunnel – den Dänemark baut und wesentlich vorfinanziert – und die deutsche Schienenanbindung zeitgleich Ende 2029 fertiggestellt sein werden. Die dänische Zeitung „Extra Bladet“ berichtete zu Beginn der Woche, Dänemarks Transportminister Thomas Danielsen (Partei Venstre) habe die verkehrspolitischen Sprecher der Parteien im dänischen Parlament, dem Folketing, darüber informiert, dass sich die deutsche Inlandsanbindung um vier bis sechs Jahre verzögern könne. Die Inlandsanbindung in Deutschland besteht aus der 88 Kilometer langen Schnellbahnanbindung von Puttgarden nach Lübeck – davon sind 55 Kilometer Neubau – und aus der besseren Anbindung der Autobahn A1 durch den vierspurigen Ausbau der Bundesstraße B 207 auf Fehmarn.

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In Deutschland dementieren die Beteiligten, dass es aktuelle Erkenntnisse über Verzögerungen gebe. Die Deutsche Bahn habe ihm gegenüber erst in der vergangenen Woche ihren Zeitplan bestätigt, sagte Schleswig-Holsteins Wirtschafts- und Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen (CDU) WELT: „Ich habe keinen Grund daran zu zweifeln, dass das größte deutsche Infrastrukturunternehmen seine Zusagen einhält.“ Der gebürtige Däne Madsen ist über die Fortschritte des Fehmarnbelttunnels und der Inlandsanbindung üblicherweise bestens informiert – und er selbst baut im Zweifelsfall politischen Druck auf, um Aufmerksamkeit für die Einhaltung der Zeitpläne zu erzeugen.

Auch die Deutsche Bahn selbst betont, dass sie die Inlandsanbindung zeitgleich mit dem Fehmarnbelttunnel fertigstellen wird: „Wir planen damit, dass der Fehmarnbelttunnel Mitte 2029 in Betrieb gehen wird und die deutsche Schienenanbindung inklusive der Fehmarnsundquerung zum Fahrplanwechsel im Dezember 2029 steht“, sagte Jutta Heine-Seela WELT, die Projektleiterin für die Schienenanbindung der Festen Fehmarnbeltquerung. Allerdings gibt es einen Alternativplan für den Notfall – und eine solchen muss die Deutsche Bahn für ein Projekt dieser Größenordnung auch haben: „Sollte der herausfordernde Zeitplan für den Absenktunnel am Fehmarnsund – aus welchen Gründen auch immer – nicht einzuhalten sein, würden wir die Fehmarnsundbrücke elektrifizieren und den Verkehr vom und zum Fehmarnbelttunnel zunächst über die Brücke führen“, sagt Heine-Seela. „Davon gehen wir aber derzeit nicht aus.“

Der Fehmarnbelttunnel soll Fehmarn und die dänische Insel Lolland auf einer Länge von 18 Kilometern auf der Straße und auf der Schiene verbinden. Femern A/S bereitet in Rødbyhavn derzeit die Absenkung der Tunnelelemente in die bereits fertig ausgehobene Tunnelrinne auf der Ostsee vor. Der Fehmarnbelttunnel hat auch für die Europäische Union eine hohe strategische Bedeutung. Er zählt zum europäischen Fernwegenetz, des sogenannten Trans European Transport-Network (TEN-T). Entscheidend ist dabei vor allem die Bahnverbindung: für einen künftigen Betrieb von Schnellzügen zwischen den Metropolen Hamburg und Kopenhagen innerhalb von nur noch zweieinhalb Stunden, aber auch für einen klimaschonenden Betrieb möglichst großer Gütermengen per Bahn.

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Die Genehmigungsverfahren für die insgesamt zehn Planungsabschnitte der Inlandsanbindung laufen schon seit einiger Zeit. „Der erste Planungsabschnitt – auf Fehmarn – ist bereits im Bau. Fünf weitere Planungsabschnitte sind beim Eisenbahnbundesamt zur Genehmigung eingereicht“, sagt Heine-Seela. „Ein weiterer folgt noch in diesem Jahr, und die letzten drei – inklusive der Fehmarnsundquerung – Anfang 2025. Wir rechnen mit der Genehmigung der einzelnen Planungsabschnitte innerhalb von zwölf bis 15 Monaten. Früher dauerte das bis zu 30 Monate.“

Die Ausschreibungen für die einzelnen Bauabschnitte erfolgen nach dem sogenannten „Partnerschaftsmodell Schiene“ jeweils integriert mit allen daran Beteiligten, sagt Heine-Seela: „Das bedeutet, alle Projektpartner – die Deutsche Bahn wie auch alle Planungs- und Bauunternehmen – tragen den Erfolg wie auch die Risiken gemeinsam. Keiner der Partner versucht, seine eigene Position auf Kosten der anderen zu verbessern, sei es bei der Beschaffung von Material oder der Kalkulation der Kosten.“

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Der technologisch schwierigste Abschnitt der Inlandsanbindung ist die künftige Querung des Fehmarnsunds. Dafür will die Deutsche Bahn einen 2,2 Kilometer langen Absenktunnel durch den Sund bauen. Die denkmalgeschützte Fehmarnsundbrücke, die derzeit für insgesamt 91 Millionen Euro saniert wird, dient künftig als kommunaler Verkehrsweg für Autos, Radfahrer, Fußgänger und für landwirtschaftlichen Verkehr.

Am Fehmarnsund muss die Deutsche Bahn eine eigene Infrastruktur für den Bau des Tunnels aufbauen. Eine Herstellung der Elemente in der Tunnelfabrik von Femern A/S in Rødbyhavn kommt nicht infrage: „Es gibt mehrere Gründe, warum wir die Elemente für den Fehmarnsundtunnel nicht in der Fabrik in Rødbyhavn fertigen lassen“, sagt Heine-Seela. „Der Hauptgrund ist die Wassertiefe im Sund: Wir bräuchten für die Verbringung der Elemente auf den Sund acht Meter Wassertiefe, das umgebende Gewässer ist aber nur 6,50 Meter tief und zudem ein streng geschütztes Natura-2000-Gebiet. Wenn wir die Elemente aus Dänemark zum Tunnelgraben am Sund schleppen wollten, müssten wir einen Graben in den Ostseeboden ziehen, der etwa so lang wäre wie der eigentliche Tunnelgraben.“

Für den Absenktunnel durch den Fehmarnsund braucht die Deutsche Bahn insgesamt zwölf Tunnelelemente, die jeweils 217 Meter lang und 42 Meter breit sind. Die Bauart ist anders als bei den Tunnelelementen für den Fehmarnbelt, die überwiegend aus einzelnen Segmenten bestehen. „Die Tunnelelemente für den Fehmarnsund stellen wir mit einer Bodenplatte, den Seitenwänden, der Deckenplatte, sowie im Eisenbahnbereich einer Mittelwand, in einem Stück her“, sagt Heine-Seela. „Wir werden auf der Festlandseite, wo der Absenktunnel den Fehmarnsund durchqueren soll, ein Trockendock für die Fertigung der Tunnelelemente errichten. Dafür brauchen wir nur den Baugrund, der später auch Teil der Einschnitte zum Tunnelbauwerk sein soll. Im Trockendock werden jeweils drei Tunnelelemente gleichzeitig gefertigt.“

Nötig wird der Bau dieses Trockendocks auch aus zeitlichen Gründen: „Die Tunnelelementfabrik in Rødbyhavn ist mit der Fertigung der Elemente für den Fehmarnbelt bis 2027 ausgelastet“, sagt Heine-Seela. „Wir müssen mit der Fertigung der Tunnelelemente für den Fehmarnsund aber 2026 beginnen, wenn der Absenktunnel durch den Fehmarnsund bis Ende 2029 betriebsbereit sein soll.“

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Die Finanzierung der Inlandsanbindung mit Gesamtkosten von 3,9 Milliarden Euro sei gesichert, sagt Heine-Seela. Die Deutsche Bahn habe für das Projekt eine Finanzierungsvereinbarung mit dem Bund. Eine jährliche Freigabe der Mittel sei deshalb nicht nötig.

Die Wirtschaft – regional und überregional, in Deutschland und in Dänemark – setzt große Erwartungen in den Fehmarnbelttunnel und in die Anbindung auf deutscher Seite. „Der Zeitplan ist herausfordernd, besonders für den Abschnitt durch Bad Schwartau und die Fehmarnsundquerung. Zurzeit gehen wir davon aus, dass die Bahn ihre Zusagen erfüllen wird“, sagt Manfred Braatz, Referent Regionalentwicklung und Wirtschaftspolitik bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Lübeck. „Viele Unternehmen setzen sich mittlerweile, spätestens seit dem Baubeginn auf beiden Seiten des Fehmarnbelts, mit den Chancen und Möglichkeiten ab dem Tag der Eröffnung des Tunnels auseinander. Eine verspätete Eröffnung der neuen Bahntrasse hätte Auswirkungen auf Pendlerverkehre – grenzüberschreitend und in der Region, sodass gewünschte Effekte zur Stärkung unserer Wirtschaftsregion verzögert eintreten würden.“

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Malte Heyne, Hauptgeschäftsführer der Handelskammer Hamburg, sagt: „Um den Erfolg des Fehmarnbelttunnels zu gewährleisten, ist eine leistungsfähige Schienen- und Straßenanbindung auf deutscher Seite dringend erforderlich – gerade für die Bahnverbindungen muss deutlich schneller gearbeitet werden. Eine Verzögerung der Fertigstellung würde einen Imageverlust für Deutschland bedeuten und die regionale Wirtschaft stark belasten.“

Olaf Preuß ist Wirtschaftsreporter der WELT und der WELT AM SONNTAG für Hamburg und Norddeutschland. Er berichtet seit vielen Jahren über das Projekt des Fehmarnbelttunnels und der deutschen Inlandsanbindung und über deren Realisierung.

Source: welt.de

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