Text:Diese Nacht war eine der dramatischsten in der jüngeren Geschichte des FC Bayern. Das verlorene Finale der Champions League 1999 in Barcelona gegen Manchester United, das verloren „Finale dahoam“ in München 2012 gegen den FC Chelsea – und nun Madrid. Was für ein Schock für den Weltklub.
Wenngleich es kein Endspiel, sondern Semifinale war – die Dimension ist ob der Umstände enorm. Der Traum vom deutschen Finale in Wembley ist mit dem 1:2 geplatzt. Für den deutschen Fußball und seinen Stellenwert in Europa wäre die Paarung FCB-BVB ein wichtiges Signal gewesen, eine historische Paarung. Der Finaleinzug Reals ist nicht unverdient, doch die Bayern waren nah dran.
Ihnen fehlten nur Minuten, um ihren Traum wahrzumachen. Borussia Dortmund darf auf den Titel im wichtigsten Klubwettbewerb der Welt hoffen, die Bayern sind nach großem Kampf im Rückspiel raus. Was für eine Tragik für den Klub, für Manuel Neuer, für Thomas Tuchel. An diesem besonderen Abend in Bernabéu-Stadion patzten die zwei, die lange in dem Spiel die besten waren: Manuel Neuer und der Schiedsrichter.
Der Trainer wird den Verein nun nach einer titellosen Saison in wenigen Wochen verlassen. In einem Fernseh-Interview nach dem Spiel hatte er Tränen der Enttäuschung in den Augen. So emotional hat man Tuchel in seiner Zeit bei den Münchnern noch nicht gesehen. In der Champions League war es trotz der Niederlage eine gute Saison der Münchner.
Gegen Real war Torwart Neuer lange der beste Spieler. Dann unterlief ihm in der Endphase der entscheidende Fehler. Erinnerungen an das Finale der WM 2002 kommen hoch, als Oliver Kahn im Finale erst überragend hielt und dann patzte.
Ebenfalls ganz bitter für die Bayern: Die Fehlentscheidung des Schiedsrichters am Ende der Nachspielzeit. Der Ärger der Mannschaft über den Abseitspfiff ist verständlich. Dass der Schiedsrichter sich bei den Bayern entschuldigte, spricht für ihn. Doch das Verhalten des Schiedsrichter-Gespanns in der Szene bleibt ein Rätsel. Der Referee hätte mit seinem Pfiff warten müssen, sein Assistent die Fahne nicht heben dürfen.
Erneut ein „Finale dahoam“
Sollte Dortmund das Finale gegen Real gewinnen, wäre es ein sehr brisanter Abschluss der Bayern-Saison. Es wäre sehr bitter für die Münchner – selbst ohne einen Pokal, und der Tabellenfünfte der Bundesliga mit diesem Triumph.
In der kommenden Saison findet das Finale der Königsklasse in München statt. Der FC Bayern hat insofern schon einen neuen Traum vor Augen: wieder dahoam. Vorstandschef Jan-Christian Dreesen sprach noch in der Nacht im Teamhotel vom Münchner „Mia-san-mia-Reflex“. Doch zunächst gilt es, das Drama von Madrid zu verarbeiten. Und einen neuen Trainer zu finden.
Die Wut nach dem verlorenen Finale 1999 gegen Manchester trieb den Verein zum Triumph zwei Jahre später. Im kommenden Sommer wird sich einiges verändern bei den Bayern. Muss sich einiges ändern. Doch die historische Chance vom dramatischen Mittwochabend in Madrid kommt nicht wieder. Und Tuchels Zeit bei den Bayern endet mit nur einem Titel.
Source: welt.de