Eigentlich ist es ein kleines Wunder, dass dieser Text überhaupt erscheint. Denn tatsächlich hätte die Welt bereits am 23. September untergehen sollen. Tiktok war in den vergangenen Wochen überzeugt davon, dass an diesem Tag die „Rapture“ stattfinden würde, benannt nach dem englischen Begriff für die ersehnte Entrückung der Gläubigen in den Himmel.
Doch wie so oft verstrich auch diese angekündigte Apokalypse ereignislos. Weltuntergangsprophezeiungen gehören zur Geschichte der Menschheit dazu. Selbst das Internet hat bereits einige dieser Stichtage überlebt. Schon die Y2K-Panik zur Jahrtausendwende oder der angeblich durch den Maya-Kalender vorhergesagte Weltuntergang 2012 lösten weltweite Aufmerksamkeit aus und verpufften dann folgenlos.
Neu war dieses Mal jedoch, dass die „Rapture 2025“ zu einem viralen Social-Media-Trend wurde. Erstmals verwandelte sich die Apokalypse in ein Meme, begleitet von etlichen Videos, Posts und Kommentaren. Ausgangspunkt soll angeblich die apokalyptische Vision eines Mannes aus Südafrika gewesen sein. Wie bei jedem supererfolgreichen Meme beruhte die Viralität auch dieses Mal darauf, dass viele unterschiedliche Menschen das Thema mit eigenen Inhalten verbinden konnten und auf diese Weise motiviert wurden, es weiterzuverbreiten.
Styleguides, Verhaltenstipps und Begeisterung für Zerstörung
Tatsächlich glaubte vermutlich nur eine Minderheit ernsthaft an die angekündigte Apokalypse. Das hielt die Mehrheit jedoch nicht davon ab, sich mit eigenen Ideen an der bevorstehenden Apokalypse zu beteiligen, etwa mit ironischen Styleguides und albernen Verhaltenstipps für die letzten Tage der Menschheit.
Das anstehende Ende der Welt war im Jahr 2025 kein panischer, religiöser Moment für Kontemplation und Reue, sondern vor allem ein global durchgespieltes Meme. Dazwischen gab es aber selbstverständlich auch eine gehörige Menge an Posts von Menschen, die tatsächlich von der Apokalypse fasziniert waren und heimlich oder ganz offen auf das ultimative Chaos hofften.
Auch das passt zu den Timelines unserer Gegenwart, die gekennzeichnet sind von Panik, raunendem Pessimismus und einer teilweise enthemmten Lust an der Katastrophe. Diese Begeisterung für Zerstörung prägt mittlerweile nicht mehr nur die Internetkultur, sondern auch unseren politischen Diskurs. Und was passt besser dazu als eine in den sozialen Medien mit Angstlust erwartete Apokalypse, die sich als Thema rasant verbreitet – und dann nicht einmal eintritt.
Source: faz.net