Extremwetter: Hitze am Nordpol, 30-Grad-Sprünge in Deutschland, negativ 40 Grad in den USA


Das neue Normal: Zwei Elmos am Times Square nehme die extreme Kälte in New York an diesem Dienstag gelassen

Foto: Craig T Fruchtmann/Getty Images


Aktuell lässt sich studieren, wie der voranschreitende Klimawandel wirkt: Wettersysteme wie der Jetstream geraten durcheinander. Obwohl dies mit einfachen Physik-Kenntnissen zu erklären wäre, ignoriert die Politik das Thema


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Wie stark die Erderwärmung unser Wetter bereits heute durcheinander gebracht hat, lässt in diesen Tagen beobachten: Die Arktis wurde von einer beispiellosen Hitzewelle heimgesucht, mit bis zu 30 Grad über den „normalen“ Durchschnittswerten. Die USA dagegen leiden bis weit in den Süden unter extremer Kälte mit Werten von örtlich minus 45 Grad. Sogar in der Region um Kansas City fiel das Thermometer 25 Grad ins Minus. Die Stadt liegt etwa auf demselben Breitengrad wie Lissabon.

Da gerät etwas immer stärker durcheinander: Die Arktis ist die Wetterküche für Europa, hier entsteht etwa der „Jetstream“, ein Höhenwind, der Hochs und Tiefs vor sich herschiebt. Angetrieben wird dieser Jetstream durch die Temperaturdifferenz, die zwischen Tropen und der Arktis herrscht. Wenn es am Nordpol immer wärmer wird, sinkt diese Antriebskraft, was uns Wetterextreme beschert. Wissenschaftler schreiben diesem Phänomen die Ahrtal-Flut 2021 genauso zu wie den Trockensommer 2018, die Hitzewelle 2019 – in Deutschland mit Temperaturen erstmals über 40 Grad – oder die Walbrände 2022: Mit rund 3.000 Hektar stand hierzulande mehr als dreimal so viel Wald in Flammen als in „normalen“ Jahren.

Klimawandel ist nichts Fernes mehr, er verändert bereits unser Leben. Trotzdem schert sich die Politik keinen Deut um das Problem. Im Wahlkampf spielte die Reduktion von Treibhausgasen keine Rolle. 2021 hatte sich Scholz noch als „Klimakanzler“ plakatieren lassen, in diesem Wahlkampf sagt er nichts dazu. Die Union will die Atomkraftwerke wieder anschmeißen, Windräder zurückbauen und das Heizungsgesetz kippen. Die FDP will „technologieoffen“ sein – und das von Brüssel beschlossene Verbrenner-Aus wieder kippen. Die Linke hat irgendwas mit Jachten und untergegangenen Dörfern im Angebot, AfD und Sahra Wagenknechts Wahlverein ignorieren die Klimaerhitzung einfach.

Das deutsche Restbudget ist aufgebraucht

Nicht einmal bei den Bündnisgrünen steht der Klimaschutz auf der Agenda oben. Sie machen das „Klimageld“ zum Thema: Alle Bürger sollen von jenen Einnahmen partizipieren, die der Staat durch steigende CO₂-Preise einnimmt. Damit wollen sie wohl suggerieren, dass der Klimaschutz alle reich macht. Wo und wie Treibhausgase aber reduziert werden sollen, das bleibt vage.

Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz erklärte: „Wenn wir in den nächsten zehn Jahren die Weichen richtig stellen, sind wir auf einem guten Weg.“ Dabei hatte der Umweltrat der Bundesregierung ermittelt, dass jenes Restbudget an Treibhausgasen, das wir Deutschen zum Erreichen des 1,5-Grad-Ziels noch zur Verfügung hatten, seit letztem Frühjahr aufgebraucht ist.

Merz ignoriert also den wissenschaftlichen Sachstand nicht nur, er negiert ihn auch. Der Vielflieger nimmt damit bewusst Todesopfer in Kauf – 160 Mal hob er mit seinem Privatjet seit 2022 ab. Denn natürlich werden die Fluten heftiger und damit tödlicher, bereits heute sterben in Deutschland mehr Menschen an Hitze als im Straßenverkehr.

In Großbritannien: Sieben Meter hohe Schneeverwehungen

Der durcheinander geratene Jetstream ist übrigens nur ein Symptom der grassierenden Klimaerhitzung. Dänische Forscher messen die Wassertemperatur der Arktis, in der nördlichen Barentssee sind die Temperaturen seit 1982 um 10 Grad gestiegen. Deshalb ist das Gebiet neuerdings auch im Winter eisfrei, weshalb Wasser verdunstet und das „Beast from the East“ kreieren kann: Das Biest aus dem Osten schickte im März 2018 historische Schneemassen nach Europa mit Schneeverwehungen von sieben Metern in Großbritinnen und Temperaturen bis zu minus 36 Grad. 45 Menschen zahlten das mit ihrem Leben.

„Wir haben aktuell eine sogenannte ‚gestörte Zirkulation‘“, sagt Jens Hoffmann, Meteorologe beim Deutschen Wetterdienst DWD. Ungewöhnlich hohe Temperaturen von der Barentssee bis zur russischen Halbinsel Kola, Minusgrade bis runter zum Golf von Mexiko – „der Jetstream ist vollkommen zerfleddert“, so Hoffmann. Und das extreme Wetter wird zum Wochenende auch Deutschland erreichen: „Vergangene Nacht hatten wir stellenweise minus zwanzig Grad, am Freitag erwarten wir Temperaturen von plus 20 Grad“, sagt der Meteorologe.

Ein Temperatursprung von möglicherweise örtlich 30 Grad binnen weniger Stunden: Im Osten soll es nicht ganz so warm werden wie am Oberrhein oder in der Kölner Bucht. Aber dort war es zuletzt auch nicht so kalt.

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