
Neukunden im Blick
Gerade vor dem Hintergrund der hohen Inflation in den vergangenen Jahren und der damit verbundenen Kaufkraftverluste sind viele neue Kunden dazugekommen. „Durch unsere saisonalen Angebote zum Schulstart oder Festen wie Weihnachten, Ostern oder inzwischen auch Ramadan haben wir schon immer einen großen Teil der Bevölkerung angesprochen, mittlerweile überindexieren wir auch bei Haushalten mit einem Netto-Einkommen von bis zu 3000 Euro“, sagt Heini.
Als er bei Woolworth angefangen habe, habe diese Grenze noch bei 2500 Euro netto gelegen. Die Verschiebung führt er auch auf die wirtschaftliche Entwicklung zurück. Eine Mischung aus „Neugier und Notwendigkeit“ hätte neue Käufergruppen zu Woolworth geführt. „Zwar sind die Einkommen in dieser Zeit auch gestiegen, doch es zeigt, dass es uns gelungen ist, noch mehr Personen aus dem Bereich der Mittelschicht anzusprechen.“
Eine Zielsetzung, die er durch die Sortimentsgestaltung, aber etwa auch durch die Sanierung bestehender Filialen weiterverfolgen möchte. Allein im zurückliegenden Geschäftsjahr wurden 25 Filialen aufgefrischt. „Es ist wichtig für uns, weiter in den Bereich der Mittelschicht vorzustoßen, weil es uns dann auch gelingt, 1500 Filialen erfolgreich zu bewirtschaften.“ Dies sei für ihn auch eine entscheidende Begründung für die gesellschaftspolitische Bedeutung des Discounts: Der Discount ermögliche auch finanziell schwächeren Kunden, am Einkaufserlaubnis teilzuhaben.
Vor dem Hintergrund weiter bestehender Preissteigerungen – gerade meldete das Statistische Bundesamt für den Februar 2025 eine Inflationsrate von 2,3% – ist es naheliegend, dass das Thema Preis für die privaten Haushalte weiter ein dominierendes bei der Einkaufsstättenwahl sein wird. Zumal vor allem die Lebensmittelpreise mit plus 2,4% wieder stärker zulegen, was gerade Haushalte mit eher niedrigen Einkommen zu einer Anpassung des eigenen Konsumverhaltens zwingt. Wovon nicht nur Woolworth, sondern auch Anbieter wie Action profitieren. Das Unternehmen ist ähnlich expansiv. An mehr als 70 Standorten befinden sich beide mittlerweile Tür an Tür. Für Heini eine befruchtende Nachbarschaft. „Unsere Sortimentsbereiche überschneiden sich nur partiell.“
Positive Aussichten
Das weiter hohe Expansionstempo und das veränderte Kaufverhalten lassen Heini auf ein gutes Geschäftsjahr hoffen. Im laufenden Jahr erwartet er einen Anstieg der Einzeltransaktionen auf 90 Millionen. Rein rechnerisch bedeutet das, dass jeder Einwohner, jede Einwohnerin in Deutschland mindestens einmal in diesem Jahr bei Woolworth einkauft. Auch wenn die Konsumstimmung momentan eher verhalten sei, ist Heini für 2025 positiv gestimmt.
Nicht nur für Deutschland sieht Heini Wachstumspotenzial. Nach den Markteintritten in Österreich und Polen 2023 stehe dieses Jahr die Expansion in zwei weitere Nachbarländer an. Nach der Gründung der Ländergesellschaften startet im Juni Woolworth Tschechien und im Herbst Woolworth Slowakei. 30 bis 40 Läden sind jeweils geplant. In Österreich sollen dieses Jahr 40 Läden dazukommen, in Polen mehr als 30. Kein Wunder, dass im Zuge der Erweiterung auch das Logistikzentrum am Unternehmenssitz im nordrhein-westfälischen Unna erweitert wird. Von dort aus werden alle Stores des Unternehmens – im Inland und Ausland – beliefert. Im Sommer soll die Vergrößerung um 30.000m² auf 80.000m² Lagerfläche abgeschlossen sein. Zwei neue Hallen wurden gebaut. Ein weiteres Etappenziel in Richtung internationaler Retailer.
Für die weitere Expansion hat Heini das Woolworth-Führungsteam neu aufgestellt. Nach den Weggängen von Dirk Landwehr und Lennard Wehrmeier kamen Nina Sichtermann und Mike Adams dazu. Sichtermann, zuletzt bei Lidl USA tätig, verantwortet Personal und Internationales, Adams ist als CPO für die Expansion zuständig.
Komplettiert wird die Geschäftsführung mit CFO Oliver Penner, CMO Maik Wilcke, CSO Patrick Theus und CLO Burkhard Schültken, der die hundertprozentige Logistiktochter ERL Euro Retail Logistics GmbH führt. Perspektivisch wird es bei der Besetzung des Gremiums Änderungen geben müssen. Im aktuellen Geschäftsbericht hat das Unternehmen bis zum Ablauf des Geschäftsjahres 2027/2028 Zielgrößen für den Frauenanteil innerhalb der Geschäftsführung sowie in den beiden Führungsebenen darunter festgelegt. In Geschäftsführung und Bereichsleitung soll dieser in spätestens drei Jahren bei 20% und auf der zweiten Führungsebene (Abteilungsleiter / Bezirksleitung / Zentraleinkäufer) bei 50% liegen.
Europa im Blick
Dieses Ziel wird Heini so oder so nur bedingt erreichen, was vor allem an den Markenrechten für Woolworth liegt. Den Namen des von Frank Winfield Woolworth 1879 in den USA gegründeten Unternehmens darf die deutsche Woolworth GmbH nur in Europa inklusive England verwenden.
Wo in Europa demnächst Läden mit dem Logo mit den neun roten Blockbuchstaben eröffnen werden, dazu äußert sich Heini nicht. Genauso wenig wie zu Verkaufsgerüchten, die es im vergangenen Jahr gab. Nach Informationen des TW-Schwestertitels Lebensmittel-Zeitung soll Woolworth-Mehrheitseigner Stefan Heinig, der das Unternehmen 2010 aus der Insolvenz mit etwas über 150 Filialen übernommen hatte, den Verkauf abgeblasen haben.
Heini, der 2% am Unternehmen hält, plant sowieso langfristig, was sich nicht zuletzt am Ziel der 1500 Stores in Deutschland zeigt. Auf die Frage, wann er sich für die feierliche Eröffnung der 5000. Filiale einen Blocker in den Kalender setzt, rechnet er vor: „Behalten wir das aktuelle Tempo bei, könnte es in sechs, spätestens sieben Jahren so weit sein.“