Europas Wirtschaft reagiert am stärksten hinaus die geopolitischen Spannungen

Europas Wirtschaft reagiert am stärksten hinaus die geopolitischen Spannungen

Europa reagiert auf die Veränderungen der geopolitischen Lage mit einer Verstärkung seines Außenhandels mit politisch nahestehenden Nationen. Das ist ein zentrales Ergebnis einer Studie der Beratungsgesellschaft Deloitte, das im Rahmen des Geoeconomic Dynamics Index des Unternehmens auf der Münchner Sicherheitskonferenz vorgestellt wird. So habe Europa seine Handelsbeziehungen zu Russland und einer Reihe von Schwellenländern reduziert, aber die Verbindungen zu den Vereinigten Staaten aus geopolitischen Gründen gestärkt.

„Diese engere Anbindung spiegelt sich in einem bemerkenswerten Anstieg der Handelsintensität mit den Vereinigten Staaten und ihren Verbündeten von einem bereits hohen Niveau“, heißt es in der Studie. „Zum Beispiel ist der Güterhandel zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten zwischen 2020 und 2024 um fast 40 Prozent von rund 650 Milliarden auf 900 Milliarden Dollar gestiegen. Die Direktinvestitionen aus der Europäischen Union in die Vereinigten Staaten sind in diesem Zeitraum um 16 Prozent gestiegen; in der Gegenrichtung betrug der Zuwachs fast 10 Prozent.“ Die engen Handelsbeziehungen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten hatte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos erwähnt und auf den erheblichen Schaden verwiesen, den ein Handelskonflikt zwischen den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union bewirken könnte.

Die Autoren der Studie warnen jedoch davor, die Veränderung von Handelsströmen in den vergangenen Jahren ausschließlich mit geopolitischen Erwägungen erklären zu wollen. Das belegt der Blick auf Schwellenländer, die sich zum „Globalen Süden“ zählen. So lässt zwar die Intensität des Handels zwischen der Europäischen Union und der Volksrepublik China nach, jedoch ist die Europäische Union der wichtigste Handelspartner Indiens und der zweitwichtigste Handelspartner Brasiliens geworden. „Europa hat gezeigt, dass es Handel mit politisch nicht eng verbundenen Ländern ausbauen kann, vor allem, wenn diese Länder ein starkes Wirtschaftswachstum aufweisen oder Zugang zu kritischen Rohstoffen bieten“, schreiben die Autoren, die darin eine „bedeutende Chance“ für Europa erkennen.

Asien als wichtigste Wachstumsregion der Welt

In einem Ausblick auf Handelspfade bis zum Jahr 2035 sagt Deloitte für Europa zum einen eine bedeutende Zunahme des Außenhandels mit politisch nahestehenden Ländern wie Australien, Kanada, Japan, Mexiko, Südkorea und den Vereinigten Staaten voraus. Das Szenario enthält damit keine nachhaltige Schädigung des transatlantischen Handels als Folge der Zollpolitik Donald Trumps. „Ähnlich sind bedeutende Zuwächse im Handel mit aufstrebenden asiatischen Märkten, darunter Indien, Indonesien, Vietnam und den Philippinen zu erwarten“, heißt es. Asien gilt nach wie vor als die wichtigste Wachstumsregion in der Welt. In Südamerika werden deutliche Handelszuwächse mit Argentinien und Brasilien vorausgesagt, in Afrika vor allem mit Ägypten und Kenia. Im Gegenzug dürfte der Handel mit Ländern wie China, Russland, Weißrussland und dem Iran zurückgehen.

Die Analyse der Perspektiven Europas sind eingebettet in die Vorstellung einer durch Cluster gekennzeichneten multipolaren Weltordnung. Deloitte unterscheidet mit Europa, Nordamerika/Pazifik, Russland/Mittlerer Osten und den Schwellenländern vier Cluster, die anschließend zu zwei übergreifenden „Metablöcken“ zusammengefasst werden: einem westlichen Block und einem Block rund um die Brics-Staaten. Aktuell zeigen sich in der Weltwirtschaft gegenläufige Trends. Der grenzüberschreitende Güterhandel nahm zuletzt trotz einer großen Zahl zusätzlicher Handelsbarrieren leicht zu, während die finanzielle Integration der Weltwirtschaft einen leichten Rückschlag erlebte.

Der Geoökonomie-Index von Deloitte stützt sich auf 59 Millionen Datenpunkte, die in fünf verschiedenen Dimensionen erfasst und verarbeitet werden: Verflechtung des Handels mit Gütern und Dienstleistungen (Gewichtung im Index: 35 Prozent), Integration der Finanzmärkte (25 Prozent), geopolitische Ausrichtung (20 Prozent), kulturelle Verbindungen (15 Prozent) und geographische Nähe (5 Prozent). Der Index belegt einen deutlichen Rückgang der weltwirtschaftlichen Integration seit dem Jahr 2021. Das Ausmaß dieser Integration liegt heute etwas niedriger als zu Beginn des Jahrhunderts. Der Höhepunkt der Integration wurde kurz vor dem Ausbruch der großen Finanzkrise erreicht; vorausgegangen war eine Handelsliberalisierung in zahlreichen Ländern, die den Aufbau globaler Wertschöpfungs- und Lieferketten erleichterte.

Im Anschluss an die Krise litt nicht nur die finanzielle Verflechtung in der Welt; es nahmen auch die Zweifel an einem immer intensiveren Güteraustausch zu. Gegen Ende des vergangenen Jahrzehnts war noch einmal eine Intensivierung der weltwirtschaftlichen Vernetzung zu beobachten, ehe die Pandemie und die wachsenden geopolitischen Spannungen eine stärkere wirtschaftliche Fragmentierung begünstigten.

AfrikaÄgyptenArgentinienAsienAußenhandelAustralienBetrugBlockBrasilienBRICS-StaatenChinaDollarDonaldEndeEUEuropaEuropäischen UnionFinanzkriseHandelIndienIndonesienIntegrationIranJapanKanadaKurzLeyenLieferkettenMexikoPazifikPhilippinenRusslandSchwellenländerTrendsUnionUrsulaUrsula von derVietnamWELTWirtschaftWirtschaftswachstum